1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

In Bretton Woods wurde die Welt neu geordnet

Danhong Zhang1. Juli 2014

Vor 70 Jahren trafen sich in dem kleinen Ski-Örtchen Bretton Woods im US-Bundesstaate New Hampshire die Finanzminister und Notenbankchefs aus 44 Staaten, um eine neue internationale Währungsordnung zu etablieren.

https://p.dw.com/p/1CPk6
USA Finanzmärkte Geschichte Bretton Woods Abkommen 1944 (Foto: AP)
Bild: AP

Als die Konferenz am 1. Juli 1944 in Bretton Woods beginnt, steht die Welt nach zwei Weltkriegen auch wirtschaftlich und finanzpolitisch vor einem Trümmerhaufen. Längst haben sich die Staaten vom so genannten Goldstandard verabschiedet. Das heißt, ihre Währung ist nicht mehr fest an den Wert des Goldes gekoppelt. Schließlich haben sie zwei Kriege mit der Druckerpresse finanziert und hohe Inflationsraten in Kauf genommen. "Und das hat letztlich zu einem Währungsabwertungswettlauf geführt, einer Art Währungskrieg", sagt Jürgen Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Jeder will seine Waren billig verkaufen und schottet sich vor anderen ab. Der Welthandel liegt brach.

Die Welt braucht eine neue Währungs- und Handelsordnung, darin sind sich die Teilnehmer der Bretton-Woods-Konferenz einig. Zwei Konzepte stehen zur Diskussion. Das eine stammt aus der Feder des bekannten britischen Ökonomen John Maynard Keynes. Seine Idee ist, durch ein zu schaffendes Buchgeld die Forderungen und Verpflichtungen der Handelspartner gegeneinander aufzurechnen. "Der Punkt von Keynes bestand darin, nicht den Amerikanern die alleinige Verantwortung und auch die alleinige Macht über diese Gestaltung des Weltwährungssystems zu überlassen", sagt Dominik Geppert, Historiker an der Universität Bonn.

Dominik Geppert Uni Bonn (Foto: Kathrin Erichs)
Prof. Dominik Geppert, Historiker an der Universität BonnBild: Kathrin Erichs

Dollar löst Pfund als Leitwährung ab

Keynes' Plan ist zum Scheitern verurteilt. Auf der einen Seite ist die damalige Welt für eine multilaterale Lösung nicht bereit; auf der anderen Seite ist Keynes von Anfang an in einer schwachen Verhandlungsposition. "Keynes hatte zusätzlich das Problem, dass er die britischen Kriegsschulden an die Amerikaner zu verhandeln hatte", so Geppert. Schließlich setzt sich der White-Plan durch, benannt nach dem Beamten des US-Finanzministeriums Harry Dexter White. Sein Plan sieht eine internationale Währungsordnung mit dem Dollar als Leit- oder Ankerwährung vor. Das heißt: Alle Länder verpflichten sich, den Wechselkurs ihrer Währungen nur in einer bestimmten Bandbreite vom Dollar abweichen zu lassen; im Gegenzug garantieren die USA, den Dollar jederzeit in Gold umzutauschen.    

John Maynard Keynes während der Tagung von Bretton Woods 1944 (Foto: dpa)
John Maynard Keynes mit den chinesischen Finanzminister während der Bretton-Woods-KonferenzBild: picture-alliance/dpa

Im Anschluss an die Konferenz werden der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank als flankierende Institutionen gegründet. 1947 kommt das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (General Agreement on Tariffs and Trade, kurz GATT) hinzu. Alles zusammen wird zum Bretton-Woods-System, das ohne Zweifel zur Belebung des Welthandels beigetragen hat.

Da aber der Welthandel zum größten Teil über die Leitwährung Dollar abgewickelt wird, bedeutet mehr Handel mehr Bedarf an Dollar. Das offenbart den Widerspruch des Bretton-Woods-Systems: Wie kann der Rücktausch in Gold gesichert werden, wenn immer mehr Dollars im Umlauf sind?

Schuldenmacherei auf Kosten anderer

Schnell haben die Amerikaner gemerkt, dass sie durch den Status der Leitwährung so viel Dollar drucken können, wie sie wollen. Von diesem Privileg machen sie reichlich Gebrauch und leisten sich ein Leistungsbilanzdefizit. Das bedeutet, dass sie mehr konsumieren als produzieren. Zudem reißt der Vietnamkrieg ein immer größeres Haushaltsloch.

Dass der Umtauschkurs von 35 Dollar pro Feinunze dennoch bis 1971 besteht, liegt daran, dass die Verbündeten der USA nicht aufmüpfig werden und mit ihren Dollarbeständen brav US-Staatsanleihen kaufen. Bis auf einen: Der französische Präsident Charles de Gaulle. Er will die Kriegskosten der USA nicht länger mittragen und fängt 1965 an, die französischen Dollarreserven in Gold umzutauschen. Mehr noch: Mit einem U-Boot lässt der General das Gold nach Frankreich bringen. In gewisser Hinsicht hat De Gaulle das Ende des Bretton-Woods-Systems eingeläutet.

Zusammenbruch mit Ansage

Am 15. August 1971 erklärt der US-Präsident Richard Nixon die Goldbindung des Dollar für beendet. Nach diesem so genannten "Nixon-Schock" haben die westlichen Zentralbanken mehrere Versuche unternommen, das Bretton-Woods-System durch künstliche Beatmung am Leben zu erhalten. Die Summe für die Deviseninterventionen wird vor allem für Deutschland astronomisch. Im März 1973 kündigt die Regierung von Willy Brandt an, den Dollar nicht länger zu stützen. Dem deutschen Beispiel folgen immer mehr Länder. Das Bretton-Woods-System bricht endgültig zusammen.

Jürgen Matthes Institut der deutschen Wirtschaft Köln (Foto: IW)
Jürgen Matthes vom Institut der deutschen WirtschaftBild: Institut der deutschen Wirtschaft Köln

"Das Bretton-Woods-System ist am Ende daran kaputt gegangen, dass sich alles um die USA zentriert hat und die USA auch im Zuge des Vietnamkrieges keine stabilitätsorientierte Geldpolitik getrieben hat, wie es zum Beispiel Deutschland getan hat", sagt Ökonom Matthes. Die Institutionen, der IWF und die Weltbank, haben das System überlebt. Aus dem GATT wurde später die Welthandelsorganisation WTO.