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In Deutschland wird das Wasser knapp

19. März 2022

Europa und auch Deutschland trocknen immer weiter aus. Vor allem der Grundwasserspiegel sinkt bedenklich. Regentage allein reichen nicht, um dem Problem entgegenzuwirken - geeignete Maßnahmen und ein Umdenken sind nötig.

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Deutschland | Ein Landwirt wirbelt mit seinem Traktor Staub auf
Obwohl Wasser immer knapper wird, steigt der Wasserverbrauch seit Jahren anBild: Daniel Bockwoldt/dpa/picture alliance

Zwei Drittel des blauen Planeten sind mit Wasser bedeckt, aber weniger als drei Prozent davon sind trinkbar. Zudem ist das vorhandene Trinkwasser sehr ungleich verteilt. Vor allem in Afrika, im Nahen Osten, in Lateinamerika und Asien herrscht in vielen Gebieten eine dramatische Wasserknappheit.

Eine ähnliche Entwicklung bekommt aber auch Europa immer stärker zu spüren. In vielen europäischen Ländern hat es in den letzten Jahren viel zu wenig geregnet, die Temperaturen sind messbar gestiegen und die Sommer werden immer heißer. 

In der Folge drohen bereits in weiten Teilen Europas Wasserknappheit und Dürren. Die Trockenperiode wird sich laut Copernicus Climate Change Service von Osteuropa aus weiter über den gesamten Kontinent ausbreiten. Nicht irgendwann in ferner Zukunft, sondern schon jetzt.

Erschreckender Wasserverlust auch in Deutschland

Auch das traditionell wasserreiche Deutschland trocknet immer weiter aus. Das zeigen aktuelle Daten der Grace Satelliten, die Jay Famiglietti, der Direktor des Global Institute for Water Security an der Universität im kanadischen Saskatoon, im Auftrag der NASA und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt ausgewertet hat.

"Der Wasserrückgang in Deutschland beträgt etwa 2,5 Gigatonnen oder Kubikkilometer im Jahr. Damit gehört es zu den Regionen mit dem höchsten Wasserverlust weltweit", so Famiglietti.

Da Wasser im Bewusstsein der Deutschen eigentlich immer ausreichend vorhanden war, veranschaulicht Famiglietti den gewaltigen Wasserverlust anhand des größten deutschen Sees (an den auch Österreich und die Schweiz grenzen): "Im Klartext: Deutschland hat in 20 Jahren Wasser im Umfang des Bodensees verloren. Das ist unvorstellbar viel Wasser." 

Infografik Dürremonitor Deutschland DE
Auch im letzten Frühling war es in Deutschland ungewöhnlich trocken

Regentage allein reichen nicht

Der drastische Wasserrückgang in Deutschland zeigt sich nicht nur durch sinkende Pegel an Bächen und Flüssen. Er macht sich zudem durch die abnehmende Bodenfeuchtigkeit bemerkbar, die vor allem für die Landwirtschaft und die Wälder wichtig ist. Natürlich schwankt die Bodenfeuchtigkeit stark, je nachdem, ob es anhaltend geregnet hat oder ob es eine lange Trockenperiode gibt. 

Wer aber glaubt, ein paar ergiebige Regentage dürften das schon wieder richten, der irrt: Selbst wenn es längere Zeit kräftig regnet, kommt immer weniger Wasser in unseren Grundwasserreservoiren an. Denn es dauert viele Monate, bis Regenwasser von der Erdoberfläche durch die verschiedenen Erd- und Gesteinsschichten durchgesickert ist und sich die unterirdischen Wasseradern nach einer längeren Trockenperiode wieder gefüllt haben.

Aufschluss gibt die Schwerkraft der Erde

Gemessen wird der Zustand der Grundwasserspeicher von den GRACE-FO-Satelliten (Gravity Recovery and Climate Experiment Follow On), die seit zwanzig Jahren die Schwankungen der Schwerkraft der Erde messen, die sich durch den unterschiedlichen Wassergehalt verändert.

Während sich Gebirge und der Meeresboden kaum verändern, erzeugt die Verlagerung von großen Wassermengen durch Verdunstung, Regenfälle oder Abfluss ins Meer brauchbare Daten, die die Forschenden dann mit früheren Messergebnissen der GRACE-Mission und mit Daten von Bodenstationen vergleichen können.

Und der Befund ist seit Jahren eindeutig: "Die Auswertung der Daten zeigt uns den negativen Trend", so Jay Famiglietti vom Global Institute for Water Security.

Klimawandel nicht alleinige Ursache

Der Klimawandel ist nicht allein für den zunehmenden Wassermangel verantwortlich. Die steigenden Temperaturen führen zwar zu einer stärkeren Verdunstung. Aber es ist vor allem auch der vielerorts sorglose Umgang mit unserem Lebenselixier, der die Wasserknappheit verschärfen wird.

Denn obwohl Wasser immer knapper wird, steigt der Verbrauch seit Jahren an. Zum einen in privaten Haushalten, vor allem aber in der Industrie und der intensiven Landwirtschaft. Besonders in den viel zu trockenen Sommern der vergangenen Jahren hat die Landwirtschaft immer häufiger bewässert, weil ihre Pflanzen auf den Feldern verdorrten. Regional hat dies bereits vereinzelt zu erheblichen Schwierigkeiten bei der öffentlichen Wasserversorgung geführt. 

Geeignete Schutzmaßnahmen

Wir können dem Wassermangel begegnen, etwa durch sparsamere Nutzpflanzen, durch einen bewussteren Verbrauch oder durch ein effektives Wassermanagement.

Es gibt viele Ideen und Lösungsansätze, wie wir mit dem kostbaren Nass besser umgehen können. Zum Beispiel dürfen die Böden nicht allerorten "versiegelt" werden wie in vielen Städten: Wasser muss versickern können, damit sich die Grundwasserspiegel erholen.

Die Landwirtschaft könnte gezielter bewässern und das Wasser weniger stark durch Schadstoffe wie Dünger belasten. Begradigte Bach- und Flussläufe könnten renaturiert werden, damit das Wasser nicht zu schnell abfließt, sondern versickern kann. Abwasser oder Salzwasser könnte als Brauchwasser aufbereitet werden. 

Über all diese Möglichkeiten im Kampf gegen die Wasserknappheit werden Expertinnen und Experten vom 21.-26 März 2022 beim 9. Weltwasserforum beraten. Es findet in Dakar, der Hauptstadt des Senegal statt - und damit zum ersten Mal in Westafrika, einem Gebiet, in dem die Menschen die dramatischen Folgen des Wassermangels schon längst deutlich spüren.

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund