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Inflation steigt weiter

31. Mai 2021

Die Teuerungsrate in Deutschland ist im Mai auf den höchsten Stand seit zehn Jahren gestiegen. Sie liegt jetzt bei 2,5 Prozent. Trotzdem wird die Europäische Zentralbank ihre Geldpolitik so bald nicht ändern.

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Deutschland Symbolbild Inflation - Preise Supermarkt
Bild: picture-alliance/dpa/J. Stratenschulte

Teure Energie hat die Verbraucherpreise in Deutschland im Mai so stark steigen lassen wie seit fast zehn Jahren nicht mehr. Waren und Dienstleistungen kosteten durchschnittlich 2,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Montag in seiner ersten Schätzung mitteilte.

Das ist der höchste Wert seit September 2011. Seit dem Auslaufen der vorübergehenden Mehrwertsteuersenkung Ende vergangenen Jahres sind die Verbraucherpreise damit den fünften Monat in Folge gestiegen.

Preistreiber Energie

Besonders tief in die Tasche greifen mussten Verbraucher im Mai 2021 für Energie, die sich binnen eines Jahres deutlich um zehn Prozent verteuerte. Zu Beginn der Corona-Krise im Frühjahr 2020 waren die Rohölpreise wegen geringer Nachfrage auf dem Weltmarkt zeitweise eingebrochen. Seitdem haben sie sich wieder erholt.

Zudem lässt die zu Jahresbeginn eingeführte CO2-Abgabe von 25 Euro je Tonne ausgestoßenem Kohlendioxid (CO2), das beim Verbrennen von Diesel, Benzin, Heizöl und Erdgas entsteht, die Preise fürs Heizen und Tanken klettern. Nahrungsmittel verteuerten sich im Mai gegenüber dem Vorjahresmonat um 1,5 Prozent, Dienstleistungen um 2,2 Prozent.

Bald vier Prozent?

Experten gehen davon aus, dass die Teuerungsrate in den kommenden Monaten weiter nach oben klettern wird. "Die Inflationsdynamik wird derzeit unterschätzt: Die deutsche Teuerung zündet jetzt den Turbo", sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. "Da im vergangenen Jahr der Lockdown das Preisgefüge mächtig durcheinandergewirbelt hat und viele Produkte günstiger wurden, fällt jetzt im Jahresvergleich die Inflationsrate entsprechend hoch aus."

Diese könnte in der zweiten Jahreshälfte "an die vier Prozent" heranreichen, erwartet der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding. Nicht zuletzt deshalb, weil die Preise in der zweiten Jahreshälfte 2020 von der zeitweise gesenkten Mehrwertsteuer gedrückt wurden und sich dieser Effekt dann umkehrt.

Ökonomen zufolge könnte die Inflation im Laufe des Jahres auf deutlich über drei Prozent steigen. "Allerdings sind hierfür größtenteils temporäre Effekte verantwortlich, so dass für das kommende Jahr wieder mit merklich niedrigeren Raten zu rechnen ist", argumentierte Commerzbank-Volkswirt Marco Wagner.

EZB bleibt unbeeindruckt

Die monatlichen Wasserstandsmeldungen sollten nicht überinterpretiert werden, mahnte Jörg Zeuner, Chefökonom des Fondsanbieters Union Investment. Nach Einschätzung von Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, ist der "Spuk" im kommenden Jahr vorbei. "Deutschland, aber auch die Eurozone als gesamtes, werden längerfristig eher mit zu niedrigen als mit zu hohen Teuerungsraten zu kämpfen haben. Das weiß auch die EZB."

Die deutsche Ökonomin Isabel Schnabel, Mitglied im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) hatte schon Mitte Mai betont, die Geldpolitik der Notenbank sei mittelfristig ausgerichtet, "das bedeutet, dass wir durch all diese kurzfristigen Schwankungen hindurchschauen."

Für das Gesamtjahr 2021 erwartet die EZB bisher noch eine Teuerungsrate von 1,5 Prozent in der Eurozone. Neue Prognosen werden im Juni erwartet.

Die Inflationsrate ist ein wichtiger Gradmesser für die Geldpolitik der EZB. Sie strebt für den gesamten Euroraum mit seinen 19 Ländern mittelfristig eine Jahresteuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent an - weit genug entfernt von der Nullmarke. Allerdings wird dieses Ziel seit Jahren verfehlt.

Preise in den USA steigen stärker

In den USA hat die Inflation in den letzten Zeit stärker angezogen als in der Eurozone. Im April legten die Verbraucherpreise dort unerwartet kräftig um 4,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zu. Es war der stärkste Sprung seit September 2008.

Die USA haben wegen der Krise riesige Konjunkturpakete aufgelegt. Allein das im März beschlossene Paket hatte eine Volumen von rund 1,9 Billionen US-Dollar, was fast einem Zehntel der jährlichen Wirtschaftsleistung entspricht. Zudem ist die größte Volkswirtschaft der Welt mit ihrer Impfkampagne weiter als die Europäer, weswegen sich das Wirtschaftsleben wieder normalisiert, auch im wichtigen Bereich der Dienstleistungen.

bea/iw (dpa, reuters, afp)