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Integrationspraxis

30. März 2011

Viele klagen über mangelhafte Integration und deren Folgen. Dass es auch anders geht, beweist Teutonia Ottensen schon seit Jahren. Der Fußballverein aus Hamburg ist nämlich das, was gerne als Multikulti bezeichnet wird.

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Fanaktion von Teutonia Ottensen Fotograf: Torsten Ahles
Fanaktion von Teutonia OttensenBild: DW

"Wir sind nicht die besten Einzelspieler, sind nicht nach jedem Spiel der Sieger, ein Grieche und ein Türke stehen im Sturm, und hinten der albanische Abwehrturm – von Asien bis Afrika, das ist Teutonia.“ (Textauszug aus dem eigenen komponierten Vereinsrap. Die Red.)

Jugendliche aus 22 verschiedenen Nationen spielen beim FC Teutonia 05 Fußball. Kinder aus Hartz-IV-Familien und solche, die in den nobleren Elbvororten zuhause sind. Für den Präsidenten Diddo Ramm eine fruchtbare Mischung, denn "Kinder sind in der Lage, das zu machen, was man ihnen sagt – wenn man es ihnen vernünftig erklärt.“ Und der 45jährige erklärt offenbar vieles vernünftig.

Ein Rap als Eisbrecher

Diddo Ramm - Präsident von Teutonia Ottensen Fotograf: Torsten Ahles
Teutonia-Präsident Diddo RammBild: privat

Seit 2004 ist Ramm im Verein – zunächst als Trainer und Jugendleiter, dann als Präsident. Positionen, die er nicht nur innehat, sondern auch ausfüllt. Aufgrund eigener Erfahrungen stand Integration von Anfang an ganz oben auf seiner Agenda.

Vor seiner Zeit beim FC Teutonia 05 hatte Ramm mit seiner Familie acht Jahre in New York gelebt und dort gearbeitet. Als er nach Deutschland zurückkehrte, fiel im unter anderem auf, dass selbst der Umgang unter einheimischen Kindern nicht immer von gegenseitigem Respekt geprägt war. Und so fing er an, sich darüber Gedanken zu machen, wie er das zumindest im vereinsinternen Kreis ändern könnte.

Schnell war die Idee geboren, das Thema zunächst einmal musikalisch in Form eines Raps umzusetzen. "Interessanterweise war das auch so ein Eisbrecher“, erinnert er sich, "denn beim nächsten Training saßen sie da, reimten untereinander und schrieben auf, welche Texte sie machen könnten.“

Herausgekommen sind dabei letztlich Passagen wie diese hier: "Jeder kommt hier gerne her, neue Spieler haben's hier nicht schwer. Die Spieler kommen aus aller Welt, wir haben hier nicht das meiste Geld, doch Jari, Maksym, Özdem und Chang, die spielen hier gern und zwar zusammen.“

Wer sich hier nicht wohl fühlt, ist selber Schuld

Jugendtrainer Koray Gümüs von Teutonia Ottensen Fotograf: Torsten Ahles
Jugendtrainer Koray GümüsBild: DW

Dass Integration beim FC Teutonia wirklich funktioniert, zeigt auch das Beispiel von Koray Gümüs. Der 19jährige ist seit vielen Jahren im Verein als Jugendtrainer tätig. Geboren in Deutschland, die familiären Wurzeln in der Türkei. Dort ist er aber nur im Sommer, um Urlaub zu machen. Zuhause fühlt er sich hierzulande. Und das ist in seinen Augen für jeden mit einem Migrationshintergrund möglich: "Wenn man sich nicht wohl fühlt, hat man Pech. Ich glaube, es gibt alles hier, um sich wohl zu fühlen.“

Koray Gümüs fühlt sich pudelwohl. Er engagiert sich nicht nur auf, sondern auch neben dem Platz. So war er maßgeblich an der Erstellung eines Fußballwörterbuches beteiligt. In dem werden insgesamt 69 Begriffe in acht verschiedene Sprachen übersetzt. Was bedeutet "Ball“ beispielsweise auf spanisch, persisch oder französisch.“

Überhaupt spielt Sprache eine wesentliche Rolle beim FC Teutonia 05. So ist es beim Training und während des Spiels Pflicht deutsch zu sprechen, damit sich alle verstehen und niemand ausgegrenzt wird. Außerdem stehen Schimpfworte auf dem Index bzw. werden durch harmlosere Begriffe ersetzt. So heißt es statt "Scheiße“ zum Beispiel "Schweinfurt“.

Schulen, Kirchen und ein Fußballplatz

Es ist eine vorbildliche Arbeit, die beim FC Teutonia 05 nun schon seit einigen Jahren betrieben wird. Entsprechend gewürdigt wurde das auch durch die Verleihung des Integrationspreises des Hamburger Fußball-Verbandes. 10 000 Euro spülte das in die Vereinskasse. Geld, das für den Bau eines Kunstrasenplatzes verwendet werden soll. Nur der garantiert eine Verlässlichkeit für Trainingszeiten und Spieltermine, denn die Zahl der Jugendmannschaften ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen – sicherlich auch, weil sich viele in diesem Verein gut aufgehoben fühlen.

Die jüngere Vergangenheit des FC Teutonia 05 ist eine einzige Erfolgsgeschichte – nicht nur, was das Thema Integration betrifft. Einen kleinen Wermutstropfen gibt es dennoch. Große finanzielle Unterstützung von städtischer Seite ist bislang ausgeblieben, beklagt Diddo Ramm. Dabei gehört für ihn ein Fußballplatz genauso zur Infrastruktur eines Stadtteils wie Schulen und Kirchen, da ein Verein schließlich auch eine nicht unwichtige Rolle in der Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen spielt.

Großartig beschweren möchte Diddo Ramm sich aber auch nicht. Vielmehr denkt er schon über neue Projekte nach, mit denen er Integration fördern kann. Damit der FC Teutonia 05 auch weiterhin das bleibt, was er mittlerweile seit einigen Jahren ist: eine Einheit in Vielfalt.

Autor: Torsten Ahles
Redaktion: Wolfgang van Kann