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Internationale Pressestimmen der vergangenen Woche

Bernhard Kuemmerling11. Dezember 2004

Im Blickpunkt der europäischen Presse steht in dieser Woche die Lage in der Ukraine. Eine besondere Beachtung findet auch der Parteitag der CDU und der Kurs ihrer Vorsitzenden Angela Merkel.

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Zu dem im ukrainischen Parlament angenommenen Kompromiss zwischen den Konfliktparteien, der nun die Wiederholung der Stichwahl zur Präsidentschaft möglich macht, schreibt die NEUE ZÜRICHER ZEITUNG:

"Schon jetzt aber kann man konstatieren, dass die standfeste Nichtanerkennung des manipulierten Wahlresultats vom 21. November durch die USA und die EU sowie die Vermittlertätigkeit prominenter EU-Emissäre in Kiew in beträchtlichem Maße zum bisherigen Erfolg des ukrainischen Oppositionslagers beigetragen haben. In Brüssel sollte man sich nun ernsthafter als bisher mit der Frage beschäftigen, wie der Ukraine, zumindest auf lange Sicht, eine Perspektive zu einer Ankoppelung an die Gemeinschaft eröffnet werden kann. (...) Wie man von andern Beispielen aus dem Bannkreis des ehemaligen Ostblocks weiß, garantieren demokratische Aufbrüche nicht automatisch schon demokratische Kontinuität oder gar materiellen Wohlstand."

Die in Warschau erscheinende polnische Zeitung RZECZPOSPOLITIA schreibt zur möglichen Rolle der EU bei der Entwicklung in der Ukraine:

"Die Führer der EU, die sich eine Woche vor einer erneuten zweiten Runde der Präsidentenwahlen in der Ukraine treffen, können ernsthaft zur Änderung des Laufs der Geschichte bei unserem östlichen Nachbarn beitragen. Dazu kommt es, wenn Brüssel den Ukrainern einen Platz in der Gemeinschaft verspricht, unter der Bedingung, die demokratischen Reformen fortzusetzen. ... Diese Entschluss fällt jedoch nicht."

Und damit Themenwechsel und zum Parteikongress der CDU.

Zur politischen Ausrichtung der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel schreibt TAGES-ANZEIGER aus der Schweiz:

"Mit unerwarteter Heftigkeit bekämpft die CDU die angeblich verantwortungslose 68er-Generation. Doch die von den Konservativen geschmähten 68er haben ihre ideologischen Kämpfe längst hinter sich. Wer gegen Multikulti-Kitsch antritt, steigt zum Boxkampf in einen leeren Ring. Wenn links aber kein Gegner sichtbar ist, kann die Botschaft nur nach rechts gerichtet sein. Erzkonservative Wählerschichten sollen mobilisiert werden."

DIE PRESSE aus Österreich geht davon aus, dass die CDU-Vorsitzende Angela Merkel mit ihrer Wiederwahl praktisch auch zur Kanzlerkandidatin nominiert wurde:

"Weshalb die bayerische CSU Merkel auch jetzt nicht so schnell auf den Schild heben wird, hat taktische Gründe: Die Schwesterpartei will sich ihre Zustimmung so teuer wie möglich abkaufen lassen und, wie schon beim Kompromiss im Streit um die Pläne zur Gesundheitsreform, weitere inhaltliche Zugeständnisse herauszuholen. Seinen Traum aber, ein zweites Mal gegen SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder anzutreten, kann Bayerns ehrgeiziger Landesmanager Edmund Stoiber begraben."

Die flämische Tageszeitung DE MORGEN aus Brüssel schreibt:

"Die größte deutsche Oppositionspartei CDU hat auf ihrem Parteitag aus einem merkwürdigen Fässchen gezapft. Nach ihrer Wiederwahl als Vorsitzende hat Parteichefin Angela Merkel für einen verstärkten Patriotismus in den CDU-Rängen plädiert, obwohl dies für viele Deutsche noch immer ein anrüchiges Wort ist. ... Wer in Deutschland allzu nachdrücklich ins patriotische Horn bläst, kommt rasch ins Fahrwasser der Neonazis und rechtsextremer Skinheads. Da stellt sich die Frage, ob beim Wähler damit Eindruck zu machen ist. ... Das Gejubel bei dem Parteitag kann die tiefe Spaltung, der die CDU zum Opfer gefallen ist, nicht verbergen."

Abschließend ein Blick in die spanische Zeitung EL PAIS:

"In ihrer programmatischen Rede betonte Angela Merkel auch, dass Deutschland sich auf traditionelle Werte wie Familie, Eigenverantwortung und Patriotismus besinnen müsse. Es fiel auf, dass Frau Merkel viel von Deutschland und wenig von Europa sprach. Für manche europäische Verbündete mag es aber ein beunruhigendes Signal sein, wenn die großen deutschen Parteien CDU und SPD im nächsten Wahlkampf Patriotismus und nationale Interessen in den Mittelpunkt rücken."