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Internationale Pressestimmen der vergangenen Woche

Christoph Schmidt2. Juni 2007

G8-Gipfel / Bushs Klima-Initiative

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Große Politshow mit kleiner Wirkung - so könnte man die allgemeinen Erwartungen vor dem anstehenden G8-Gipfel zusammenfassen. Die Themenliste reicht vom Klimaschutz über die Entwicklungshilfe bis zu den internationalen Krisenherden. Doch die Gräben zwischen den größten Industrienationen der Erde sind zum Teil recht tief. Das zeigt auch ein Blick in die Kommentare der Auslandspresse. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf den jüngsten Vorschlägen von US-Präsident Bush zum Klimaschutz.

In der italienischen Zeitung LA REPUBBLICA geht es mit Blick auf das G8-Außenministertreffen diese Woche in Potsdam um einen längst überwunden geglaubten Gegensatz:

'Hier, 1945, teilten USA und UdSSR Europa in zwei Teile auf, der Beginn von 50 Jahren Krieg zwischen den Blöcken. Aber die Geschichte scheint sich zu wiederholen. Als Condoleezza Rice und Sergej Lawrow in aller Öffenlichkeit aneinander geraten sind, wehte plötzlich wieder ein eisiger Wind. Zwischen den USA und Russland ist ein neuer Kalter Mini-Krieg ausgebrochen, ist klar, dass der G8-Gipfel zu Themen wie dem US-Raketenabwehrsystem und der Unabhängigkeit des Kosovo zum Scheitern verurteilt ist.'

Die Zeitung LE MONDE aus Frankreich sieht den Gipfel in Heiligendamm als Test für Bundeskanzlerin Merkel und den neuen französischen Staatspräsidenten Sarkozy:

'Merkel wird ihre Fähigkeit unter Beweis stellen müssen, die Positionen der Europäer und der USA im Kampf gegen den Klimawandel einander anzunähern und Russland gegenüber zu vermitteln. Was den französischen Staatspräsidenten angeht, so steht er vor seiner ersten Begegnung mit US-Präsident Bush seit der Wahl. Die USA hätten 'die Pflicht, den Kampf gegen den Treibhauseffekt nicht zu behindern', hatte Sarkozy erklärt. Er wird auch mit Blick auf den russischen Präsidenten Putin Position beziehen müssen, den er während des Wahlkampfs massiv kritis

iert hatte.'

Die SALZBURGER NACHRICHTEN aus Österreich befassen sich mit der Klima-Initiative des US-Präsidenten.

'Die Einladung der größten Klimaverschmutzer zu Konferenzen fällt in die Kategorie 'Ablenkungsmanöver' - vom Nein des Weißen Hauses gegen die Festlegung verbindlicher Klimaziele auf dem G8-Gipfel. Dort steht Bush unter dem Druck, den Worten endlich Taten folgen zu lassen. Dass mit denen nicht zu rechnen ist, machte bereits ein Verhandlungsdokument der USA deutlich: 'Fundamental', so heißt es, sei die Gegnerschaft zu den deutschen Positionen. Merkel sollte dennoch dem größten Pro-Kopf-Verschmutzer ins Gewissen reden.'

Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG sieht die Kanzlerin dabei nicht nur außenpolitisch unter Druck:

'Zu den Querelen gesellt sich ein innenpolitischer Grabenkampf. Mit ihrem Eintreten für den Klimaschutz hat sich die Bundeskanzlerin eines Themas von Umweltminister Gabriel bemächtigt. Der versucht, sich auf Kosten Merkels zu profilieren. Während die Bundeskanzlerin auf stille Diplomatie setzt, gießt der Minister Öl ins Feuer. In einer Einseitigkeit, die an Antiamerikanismus grenzt, prangerte er ausschließlich die Abneigung Washingtons gegen Vereinbarungen an.'

In der Zeitung CORRIERE DELLA SERA aus Italien heißt es mit Blick auf deutsche Gipfelerwartungen:

'Die deutsche Bundeskanzlerin hat ziemlich positiv auf Bushs Ankündigung reagiert. Doch nach Meinung von Kritikern ist dessen Rede weit davon entfernt, eine Öffnung zu sein. In Wirklichkeit handelt es sich um eine Ohrfeige für die Regierung in Berlin, die noch immer hofft, in der kommenden Woche einen Plan gegen den Klimawandel verabschieden zu können. Die direkte Folge der Bush-Initiative wäre, dass die dringendsten Maßnahmen gegen den Klimawandel um 18 Monate verschoben würden.'

DIE PRESSE aus Österreich sieht die Kritik aus Europa skeptisch, meint aber auch:

'Natürlich ist die Initiative vorerst ein PR-Gag: Der Befreiungsschlag eines Präsidenten, dem zuletzt international nicht viel gelungen ist. Die Initiative mit der typisch europäischen Attitüde abzutun, zeugt freilich nicht gerade von Durchblick. Denn in Wirklichkeit ist es längst nicht mehr klar, wo Klima-mäßig die Guten und die Bösen zu Hause sind. Während die Europäer ein unrealistisches Kyoto-Ziel nach dem anderen beschließen und gleichzeitig den CO2-Ausstoß weiter steigern, handeln die Amerikaner. Es würde dem Weltklima gut tun, wenn die Amerikaner die Sache in die Hand nähmen.'

Und die britische FINANCIAL TIMES urteilt:

'Der einzige konkrete Vorschlag von Bush ist, dass die Hauptakteure sich nun mit dem Ziel zusammensetzen, globale Ziele festzulegen. Für US-Verhältnisse ist das radikal. Der Rest der industrialisierten Welt hat so ein Ziel längst. Es wurde 1996 im Kyoto-Abkommen festgeschrieben, das Bush mit aller Macht zu zerstören versucht hat. Bush hat schließlich akzeptiert, dass der Kampf gegen den Klimawandel einen globalen Rahmen braucht. Doch sein Gesinnungswandel nach einer zehnjährigen Verzögerung demonstriert nicht gerade Führerschaft durch die USA.'