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Internationale Pressestimmen der vergangenen Woche

Christoph Schmidt15. September 2007

Irak-Berichte im US-Kongress

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Das Bild einer drohenden Niederlage der US-Armee im Irak hat einige Aufhellungen erhalten. Es wurde auch nichts anderes erwartet, als der Oberkommandierende der dortigen US-Truppen, General David Petraeus, und Washingtons Botschafter in Bagdad, Ryan Crocker, Anfang der Woche vor dem Kongress Bericht erstatteten. Beide sprachen von Fortschritten bei der Sicherheitslage und warnten vor einem verfrühten Abzug der USA. Präsident Bush zeigte sich einmal mehr zuversichtlich. Aus Sicht der Kommentatoren in der europäischen Presse besteht dazu wenig Anlass.

Der TAGES-ANZEIGER aus der Schweiz schreibt:

'Im Kern steht fest, dass Bushs Vision eines demokratischen und sicheren Irak wahrscheinlich gescheitert ist; wie einst Nixon in Vietnam darf der Präsident im Irak bestenfalls auf einen 'ehrenhaften Frieden' hoffen. Die Anhörungen verschaffen dem Präsidenten einen Spielraum von sechs Monaten; danach werden mindestens fünf Brigaden abgezogen. Geschieht kein politisches Wunder, dürfte Teheran im Irak als Sieger aus Bushs Krieg hervorgehen - ohne allerdings wie der Washingtoner Kriegsherr eine halbe Billion Dollar ausgegeben zu haben.'

Die italienische Zeitung CORRIERE DELLA SERA meint:

'Bereits bis Ende dieses Monats, so sagte der General in einer von schweren Zusammenstößen zwischen Demokraten und Republikanern gekennzeichneten Anhörung, sollen 2000 Marines nach Hause kommen. Petraeus hat darauf bestanden, dass ein schnellerer Rückzug aus dem Irak katastrophale Folgen hätte und an das Gespenst des Irans erinnert. 'Die (iranischen) Republikanischen Garden wollen die Schiiten zu einer Bewegung wie die Hisbollah machen.' Das ist genau die These von Präsident Bush, der, so befürchten einige Demokraten, vom teilweisen Rückzug aus dem Irak Nutzen ziehen könnte, um Teheran zu bombardieren.

In der PRESSE aus Österreich mischt sich unter die Kritik leiser Optimismus:

'Wenn der amerikanische Präsident 'Fortschritte' sieht, ist Skepsis angebracht. Dieser Krieg, den er mit Lügen angezettelt hat, wird dereinst sein dunkles Kapitel in den Geschichtsbüchern sein. Wenn aber Reporter zu dem Schluss kommen, dass sich die Sicherheitslage in etlichen Landesteilen gebessert hat, dass die Zusammenarbeit der Amerikaner mit Stammesführern und irakischen Sicherheitskräften immer besser funktioniert - weil die Aufständischen mit ihrem Terror den Bogen überspannt haben -, dann sollte man doch genauer hinhören.'

Eine nüchterne Bilanz der Kongress-Anhörungen zieht die schwedische Zeitung DAGENS NYHETER:

'Präsident Bush ist nicht mehr so siegessicher. Aber in der von ihm vermittelten Welt geht es immer noch gut. Die Verantwortlichen vor Ort, Petraeus und Crocker, halten zu ihrem Chef. Für Bush geht es nun darum, die eigene Partei hinter sich zu bringen. Vieles deutet darauf hin, dass ihm das gelingen wird. Viele glauben, dass Bush das Weiße Haus mit etwa 100.000 im Irak stationierten Soldaten verlassen wird. Den Krieg, den man auch Chaos nennen könnte, reicht er an den nächsten Präsidenten weiter.'

Die spanische Zeitung EL PERIÓDICO DE CATALUNYA befasst sich mit der Rolle von Bushs politischen Gegnern:

'Die Demokraten haben so viel Spielraum, dass sie nicht einmal sagen müssen, wie sie aus dem Irak-Konflikt herauskommen wollen. Das ist an den vagen Positionen von Kandidaten wie Hillary Clinton oder Barak Obama abzulesen. Für diejenigen, die vom Sieg bei der US- Präsidentenwahl im kommenden Jahr träumen, ist das eine ideale Situation. Umso beunruhigender ist die Perspektive dagegen für all jene, die auf eine Ende des Albtraums im Irak hoffen.'