Interview mit Ingmar Bergman - Mai 1981 | Schauspieler im Gespräch | DW | 21.03.2011
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Schauspieler im Gespräch

Interview mit Ingmar Bergman - Mai 1981

"Für meine Theaterliebe musste ich wirklich kämpfen" - Ingmar Bergmann über die Anfänge seiner Karriere

Ingmar Bergman bei einer Pressekonferenz in Stockholm am 9.5.98

Ingmar Bergman bei einer Pressekonferenz in Stockholm am 9.5.98

Lang ist die Liste der Preise, mit denen er ausgezeichnet wurde – es sollen 58 an der Zahl sein – und der Umfang der Literatur, die sich mit seinem Werk befasst, scheint ebenfalls seinen Ruf als den "größten Filmregisseur aller Zeiten" (1997) zu bestätigen. Wie kein anderer Regisseur zuvor es vermochte, prägte Ingmar Bergman nachhaltig mit seinen Filmen die Welt der Filmemacher.

Im Bann der Nazis

Geboren wurde Ingmar Bergman am 14.7.1918 in Uppsala. Vielfach wird die strenge Erziehung, die ihm im elterlichen Haus zuteil wurde, hervorgehoben – Jahre später sollte er diese Zeit auch künstlerisch aufarbeiten. Als Sechszehnjähriger war Ingmar Bergman als Austauschschüler in Deutschland zu Gast bei einer Pastorenfamilie. An diese Zeit erinnerte er später in seiner Autobiographie mit folgenden Worten: "An meinem Geburtstag bekam ich von der Familie ein Geschenk, eine Fotografie Hitlers. Hannes hängte sie über mein Bett, damit ‚ich diesen Mann immer vor Augen hatte’, damit ich lernen könne, ihn so zu lieben wie Hannes und die Familie Haid. Ich liebte ihn auch. Ich war viele Jahre lang auf Hitlers Seite, freute mich über seine Erfolge und betrauerte die Niederlagen." Diese Begeisterung verließ Ingmar Bergman zum Zeitpunkt der Berichtserstattung über die Konzentrationslager – so schrieb er dann auch: "Der äußere Glanz blendete mich. Ich sah nicht die Dunkelheit." Nach dem Abitur in Stockholm begann Ingmar Bergman 1937 ein Studium der Literatur- und Kunstgeschichte. Aus Geldmangel brach er es aber nach drei Jahren ab. Doch schon während dieser Zeit begann er seine Begeisterung für das Spiel in die Tat umzusetzen: er inszenierte Theaterstücke an einer Studentenbühne. Der erste Schritt in seine große Zukunft war nun getan.

Der Kinorevolutionär

Szene aus dem Film Wilde Erdbeeren von 1957; im Bild (v.li.): Victor Sjöström, Ann-Marie Wiman und Max von Sydow

Szene aus dem Film "Wilde Erdbeeren" von 1957; im Bild (v.li.): Victor Sjöström, Ann-Marie Wiman und Max von Sydow

Neben anfänglicher Regieassistenz an der Königlichen Oper in Stockholm, einer Stellung als Drehbuchautor bei der "Svensk Filmindustri" und der Leitung des Stadttheaters Helsingborg – dem Theater sollte er noch über Jahre treu bleiben - begann Ingmar Bergman auch Filme zu drehen. Sein Debüt als Filmregisseur gab er bereits 1946 mit dem Streifen "Krise", einer Geschichte über den Kampf zwischen der Stiefmutter und der leiblichen Mutter um das achtzehnjährige Mädchen Nelly. Und es sollten noch weitere zwölf Filme entstehen, bis endlich nun der internationale Durchbruch kam. "Das Lächeln einer Sommernacht" heißt jene Komödie, die Bergman auch "über Nacht" zum Star des Kinos machte. War er in den Jahren zuvor noch ein Filmregisseur, dessen Filme meistens in "esoterischen Kreisen" gezeigt und diskutiert wurden, so gelang es ihm mit dieser Gesellschaftskomödie ein breites Publikum zu erreichen – der Film wurde 1956 in Cannes ausgezeichnet. Und es brauchte nur zwei Jahre, bis Ingmar Bergman seinen internationalen Ruf – auch als Kinorevolutionär – festigte. Für das Drama "Wilde Erdbeeren" – es ist eine Geschichte um den 78-jährigen Arzt Isak Borg, der eine Reise in die Vergangenheit mit schmerzhaften Erinnerungen und beängstigenden Träumen absolviert – regnet es Auszeichnungen und Preise. Eine Nominierung für den Oscar für das beste Originaldrehbuch, Goldener Bär in Berlin, Golden Globe für den besten ausländischen Film, um nur einige zu nennen. Noch Jahre danach wurde dieser Film als einer seiner besten angesehen. Und es sollte nicht nur bei diesen Auszeichnungen bleiben: für seine Werke soll Ingmar Bergman insgesamt 58 Preise erhalten haben.

Szene aus dem Film Das Schweigen - Ingrid Thulin als Ester (Vordergrund, links), Gunnel Lindblom als ihre Schwester Anna (Hintergrund, Mitte) und Jörgen Lindstrom als Annas kleiner Sohn Johann (rechts) (1963)

Szene aus dem Film "Das Schweigen" - Ingrid Thulin als Ester (Vordergrund, links), Gunnel Lindblom als ihre Schwester Anna (Hintergrund, Mitte) und Jörgen Lindstrom als Annas kleiner Sohn Johann (rechts) (1963)

Empörung und Faszination

Es folgten nun weitere Werke von Ingmar Bergman, von denen manche jedoch nicht unumstritten und dennoch erfolgreich waren. So etwa die sogenannte "Kammerspieltrilogie", auch "Glaubenstrilogie" genannt, mit den Filmen "Wie in einem Spiegel", "Licht im Winter" und "Das Schweigen". Besonders das Drama "Das Schweigen" – es ist die Geschichte zweier Schwestern Esther und Anna, die in einen Strudel der sexuellen Begierde, der Exzesse und des Hasses verfallen, löste heftigste Diskussionen und Empörung aus. Besonderen Anstoß nahm man an den freizügigen Sexszenen, die in den 60er Jahren bis dato undenkbar waren. Die Reaktionen der deutschsprachigen Presse reichten von Ablehnung bis hin zur höchsten Anerkennung. Dennoch: der Film erwies sich als einer der größten Kassenerfolge. Doch der finanzielle Erfolg hatte für einige Zeit auch seine Schattenseite für den Regisseur. 1976 wurde Ingmar Bergman während einer Theaterprobe unter dem Verdacht der Steuerhinterziehung verhaftet. Diese Vorwürfe sollten sich später als unbegründet erweisen, doch zunächst ging Bergman ins Exil – nach München. Dort arbeitete er am Münchner Residenztheater, wo er einige Stücke inszenierte. 1978 kehrte Bergman nach Schweden zurück.

Die Abrechnung mit der Kindheit

Szene aus dem Film Fanny und Alexander (1982)Pernilla Allwin als Fanny (re.) und Bertil Guve als Alexander

Szene aus dem Film "Fanny und Alexander" (1982)Pernilla Allwin als Fanny (re.) und Bertil Guve als Alexander

Es folgten nun weitere Filme des Großmeisters des Films: "Herbstsonate" aus dem Jahr 1978 und schließlich, 1982, "Fanny und Alexander" – jenes Werk, das mit vier Oscars ausgezeichnet wurde. Die Geschichte eines Geschwisterpaars, das nach dem Tod des Vaters von dem religiösen und strengen Stiefvater erzogen wird, war zugleich eine künstlerische Aufarbeitung der eigenen Kindheit von Ingmar Bergman. Über diesen Film soll Bergman gesagt haben, dies sei sein letzter gewesen. Es sollten jedoch noch drei weitere Streifen entstehen, bis der Filmregisseur Ingmar Bergman endgültig das Filmatelier verlies. Doch er konnte auf ein künstlerisches Werk zurückschauen, das nicht nur das Filmen revolutionierte, sondern auch für kommende Generationen als Vorbild dienen kann. Sein künstlerischer Nachlass wurde auch ins "UNESCO Memory of the World Register" aufgenommen. Ingmar Bergman starb am 30.7.07 auf der Insel Farö.

Im Mai 1981 sprach DW-Mitarbeiterin Elisabeth Bachtler mit Ingmar Bergman und entlockte ihm viel Privates und Berufliches.

Autor: Andreas Zemke

Redaktion: Diana Redlich

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