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Irak steht vor einem Machtwechsel

27. März 2010

Das Irakija-Bündnis des früheren Regierungschefs Allawi hat die Parlamentswahl im Irak knapp vor der Partei von Amtsinhaber Maliki gewonnen. Allawi will nun Verhandlungen mit allen Parteien aufnehmen.

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Wahlsieger Allawi (links) sprich zu seinen Anhängern (Foto: AP)
Wahlsieger Allawi (links) spricht zu seinen AnhängernBild: AP

Nach seinem knappen Wahlsieg seines überkonfessionellen Bündnisses hat der schiitische Ex-Ministerpräsident Ijad Allawi angekündigt, Gespräche mit allen Parteien über eine Zusammenarbeit führen zu wollen. Dazu habe er bereits einen Delegierten bestimmt, sagte Allawi am Samstag (27.03.2010). Seine Irakija-Partei sei offen für Gespräche mit allen. Ziel sei eine Regierung, die Entscheidungen treffen und dem Irak "seinen Platz in der arabischen und islamischen Welt" wiedergeben könne.

Allawis Bündnis errang 91 Mandate und damit nur zwei Mandate mehr als die "Allianz für einen Rechtsstaat" von Ministerpräsident Nuri el Maliki. Dritter wurde die religiöse Irakische Nationalallianz der Schiitenführer Ammar al-Hakim und Muktada al-Sadr mit 70 Sitzen, wie die Wahlkommission am Freitag in Bagdad bekanntgab. Die Kurden-Allianz darf nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis 42 Abgeordnete ins Parlament entsenden, das 325 Sitze umfasst.

Protestierende Maliki-Anhänger (Foto: AP)
Maliki-Anhänger fordern eine neue Auszählung der StimmenBild: AP

Wahlsieger Ijad Allawi, der 2004/2005 bereits für etwa zehn Monate eine Übergangsregierung geleitet hatte, präsentierte sich im Wahlkampf als Nationalist und Modernisierer. Ob der gelernte Chirurg auch die künftige Regierung führen wird, ist allerdings unklar. Denn noch muss das Verfassungsgericht klarstellen, ob das Bündnis, das bei der Wahl die meisten Stimmen erhalten hat, den Auftrag zur Regierungsbildung erhält oder der größte Parteienblock, der sich nach der Wahl im Parlament formiert. Das knappe Ergebnis deutet nach Einschätzungen von Fachleuten auf äußerst schwierige Koalitionsverhandlungen hin. Nach der Wahl 2005 zogen sich die Gespräche über mehr als fünf Monate hin. Bei darauf folgenden Unruhen kamen zehntausende Menschen um.

"Nein zum Betrug!"

Der Wahlverlierer: Ministerpräsident Maliki (Grafik: DW)
Der Wahlverlierer: Ministerpräsident Maliki

In Bagdad forderten am Freitag hunderte Unterstützer von Ministerpräsident Maliki eine Neuauszählung der Stimmen. Vor einem Regierungsgebäude in der irakischen Hauptstadt hielten die Demonstranten Plakate mit Aufschriften wie "Nein zum Betrug" in die Höhe. Auch Maliki selbst hatte eine Neuauszählung der Stimmen verlangt. Ein führender Vertreter seiner Partei sagte im staatlichen Fernsehen: "Wir bestehen darauf, dass die Wahlzettel erneut von Hand ausgezählt werden, andernfalls werden wir uns an das Verfassungsgericht wenden." Die Wahlkommission hatte diese Forderung zuvor bereits abgelehnt.

"Keine Fälschung in großem Stil"

Der UN-Gesandte im Irak, Ad Melkert, forderte alle Politiker und Fraktionen im Irak auf, das Wahlergebnis zu akzeptieren. "Es hat bei dieser Wahl zwar einige kleinere Unregelmäßigkeiten gegeben", sagte er. Für Wahlfälschung in großem Stil gebe es jedoch keine Beweise.

Die USA lobten die Wahl als "Meilenstein" der Demokratisierung. Es gebe keine Hinweise auf verbreiteten Wahlbetrug, sagte der Sprecher des Außenministeriums. Zum Ausgang der Wahl äußerte er sich nicht.

Zur Ruhe mahnte am Samstag auch Parlamentspräsident Ijad al-Samarrai. Er rief nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Aswat-al-Irak alle Parteien auf, sich "rational und verantwortungsbewusst" zu zeigen und nüchtern mit dem Ergebnis der Parlamentswahl umzugehen.

Schwerbewaffneter Polizist am Straßenrand (Foto: AP)
Die Bekanntgabe der Ergebnisse fand unter massivem Polizeischutz stattBild: AP

Die Bekanntgabe der Wahlergebnisse wurde von einem neuen Blutbad überschattet. Auf einem Markt in der nördlich von Bagdad gelegenen Stadt Chalis explodierten zwei Bomben. Wie die Polizei am Samstag berichtet, wurden mindestens 57 Menschen getötet und mehr als 70 verletzt. In Chalis leben vorwiegend Sunniten.

Autor: Gerd Winkelmann/Reinhard Kleber (dpa, afp, rtr, apn)

Redaktion: Hajo Felten/Reinhard Kleber

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