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Irland vor der Pleite

17. November 2010

Die Finanzmärkte haben Irland sturmreif geschossen. Die irische Regierung wird unter den EU-Rettungsschirm flüchten müssen, um Schlimmeres zu verhindern, meint Bernd Riegert in seinem Kommentar:

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Bild: DW

Je länger man noch wartet, desto teurer wird es. Irland wird wegen seiner ausufernden Staatsverschuldung und den überschuldeten Banken Hilfen aus dem Rettungsschirm von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) annehmen müssen. Das ist nur noch eine Frage von Tagen, vielleicht Stunden. Die Pläne der EU-Finanzminister sind längst fertig, doch Irland weigerte sich in den letzten Tagen beharrlich die entsprechenden Hilfen zu beantragen. Das ist falsch verstandener Stolz des angeschlagenen Ministerpräsidenten Brian Cowen. Dem einstigen keltischen Tiger wird jetzt das Fell abgezogen. Das wollte Cowen gegenüber seinen gebeutelten Wählern nicht verantworten. Er hat auch Angst vor den harten Auflagen, die Kredite mit sich bringen. Irland müsste wahrscheinlich seine extrem niedrigen Unternehmenssteuern anheben und die Wirtschaftskrise noch zuspitzen.

Jeder Tag, den Irland zögert, läßt die Kosten für Kredite an den Finanzmärkten in die Höhe schnellen und Aktienkurse sinken. Immerhin hat Irlands Finanzminister jetzt zugegeben, dass die Probleme für das kleine Irland offenbar zu groß sind. Die Krise betrifft nicht nur Irland, sondern das ganze Europa. Schließlich pumpt die Europäische Zentralbank unablässig Geld in die irischen Staatshaushalt, in dem sie Staatsanleihen kauft.

Irland ist so gut wie pleite und die großen EU-Staaten, auch Großbritannien, das den Euro nicht als Währung hat, werden helfen müssen, um ihre eigenen Interessen zu schützen. Denn die Schulden hat Irland hauptsächlich in Großbritannien, Deutschland, den USA und Frankreich gemacht. Wird Irland zahlungsunfähig, trifft es die Banken in Europa. Betroffen wäre zum Beispiel auch die verstaatliche HRE-Bank in Deutschland. Deshalb ist es im eigenen Interesse der europäischen Staaten Irland zu retten, und zwar lieber früher als später.

Bernd Riegert

So kann vielleicht noch verhindert werden, dass es eine Kettenreaktion gibt. Portugal und vielleicht auch Spanien stehen am Rande des Abgrunds. So sind wohl auch die mahnenden Worte des EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy zu verstehen, dass 16 Staaten mit der Währung Euro und die gesamte Europäische Union ums Überleben kämpfen.

Dass die Finanzmärkte auf die Äußerungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel, wonach die privaten Anleger nach 2013 an den Kosten der Staatspleiten beteiligt werden sollen, mit stürzenden Kursen für Staatsanleihen reagieren, ist erschreckend. Verdienen wollen die Schuldner, sie wollen aber nicht die Risiken tragen. Das kann so nicht weiter gehen. Allerdings sitzen die Finanzmärkte und die Anleger mitten in der Euro-Krise immer noch am längeren Hebel. Sie agieren, die Politik muss reagieren und mit dem Geld der Steuerzahler Zeit für marode Staaten kaufen. Nichts anderes ist der sogenannte Rettungsschirm. Ob es am Ende gelingt, mit dieser Konstruktion das europäische Währungs- und Finanzsystem zu stabilisieren, ist nach wie vor offen.

Wir sind mitten drin in diesem riesigen Experiment. Im Falle Griechenland sind 110 Milliarden Euro zugesagt und rund 40 Milliarden ausgezahlt worden. Die nächste Rate kann nicht gezahlt werden, weil es die Auflagen nicht vollständig erfüllt. Hier bahnt sich die nächsten Krise an. Der Rettungsschirm bekommt Risse.

Autor: Bernd Riegert
Redaktion: Gero Rueter