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ISAF entschuldigt sich für getötete Kinder

2. März 2011

Afghanistans Präsident Karsai hat der Schutztruppe ISAF die tägliche Tötung von Zivilisten vorgeworfen. Nach afghanischen Angaben waren bei einem Luftangriff neun Kinder ums Leben gekommen. Die ISAF sagte Aufklärung zu.

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US-General David Petraeus (Foto: AP)
US-General David Petraeus bedauert den VorfallBild: AP

"Die ISAF übernimmt die volle Verantwortung für diese Tragödie und wird den Vorfall weiter gründlich untersuchen, um zu verstehen, warum das passiert ist und um zu verhindern, dass es sich wiederholt." Disziplinarische Maßnahmen seien nicht ausgeschlossen. So steht es am Ende einer umfangreichen Presseerklärung der NATO-geführten internationalen Schutztruppe für Afghanistan, die am Mittwoch (02.03.2011) veröffentlicht wurde. Darin wird ISAF-Kommandeur David Petraus mit den Worten zitiert: "Diese Todesfälle hätte es niemals geben dürfen." Der US-General entschuldigte sich bei den betroffenen Familien, der afghanischen Regierung und beim afghanischen Volk.

Ein Tal in der afghanischen Provinz Kunar (Foto: DW)
Die Provinz Kunar war erneut Ziel von LuftangriffenBild: DW/Nasary

Nach ISAF-Angaben hatten die Soldaten eines Außenpostens den Einsatz von Kampfhubschraubern angefordert, weil sie mit Raketen beschossen worden waren. Der Tod der neun Kinder hat wütende Reaktionen ausgelöst. "Ist das der richtige Weg, um Terrorismus zu bekämpfen und Stabilität nach Afghanistan zu bringen?" Das fragt Hamid Karsai in einer Erklärung, die sein Büro veröffentlicht hat, während der afghanische Präsident London besucht.

Karsai übt scharfe Kritik

Karsai betont in dieser schriftlichen Stellungnahme, dass die Kinder dabei gewesen seien, Feuerholz zu sammeln, "um im kalten Winter für ein warmes zu Hause zu sorgen". Und weiter heißt es, dass sich die westlichen Truppen auf Terror-Camps "in bekannten Gebieten" konzentrieren sollten anstatt unschuldige afghanische Zivilisten zu Märtyrern zu machen. Mit den bekannten Gebieten sind ganz offensichtlich die unzugänglichen Stammesgebiete im Nachbarland Pakistan gemeint, die als sicherer Rückzugsraum für Taliban und Al Kaida gelten.

In Kabul haben mehrere Abgeordnete gefordert, dass General Petraeus vor dem Parlament erscheint und sich zu der steigenden Zahl getöteter Zivilisten äußert. Am Anschlagsort in der Provinz Kunar im Osten Afghanistans versammelten sich hunderte wütender Dorfbewohner, um gegen die westlichen Truppen und gegen die Regierung Karsai zu demonstrieren.

Schon wieder Kunar getroffen

Präsident Hamid Karsai (Foto: AP)
Präsident Karsai ist empört über den LuftangriffBild: AP

In Kunar war es vor noch nicht einmal zwei Wochen zu einem weiteren schweren Zwischenfall gekommen. Bei einer Offensive der westlichen Truppen sollen nach Angaben des Provinzgouverneurs 65 Zivilisten getötet worden sein, vor allem Frauen und Kinder. Wieder waren Luftschläge im Spiel. Ein direkt von Präsident Karsai eingesetztes Untersuchungsteam hat diese Angaben inzwischen bestätigt, während die ISAF ihre eigenen Ermittlungen noch nicht abgeschlossen hat.

Gegenüber den Medien ist nach wie vor die Rede davon, dass bei der Operation ausschließlich Aufständische getötet worden seien. Im vergangenen Jahr sind nach Angaben der Organisation Afghan Rights Monitor mehr als 2400 Zivilisten getötet worden, so viele wie noch nie seit dem Sturz der Taliban. Und auch wenn die Anschläge der Taliban für die meisten zivilen Opfer verantwortlich sind: Das Ansehen der Schutztruppe in der Bevölkerung sinkt mit jedem Vorfall.

Autorin: Sandra Petersmann
Redaktion: Reinhard Kleber