1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Islamisten in Somalia verbieten Musik im Radio

14. April 2010

Islamisten in Somalia haben unter Androhung von Repressalien dafür gesorgt, dass alle 14 Radiosender in Mogadischu keine Musik mehr senden.

https://p.dw.com/p/Mvzi
Somalische Rebellen warten vor dem islamischen Gerichtshof (AP Photo/Mohamed Sheikh Nor)
Islamisten wachen über das MusikverbotBild: AP

Schluss mit Musik und Liedern - somalische Radiohörer müssen seit Dienstag (13.04.2010) auf musikalische Unterhaltung verzichten. Die radikal-islamische Hizbul Islam-Miliz hat Musik als "Sünde" verurteilt und als "unislamisch" verboten. "Wir haben Angst vor möglichen Angriffen gegen den Sender", sagte Hassan Osman Abdi vom Rundfunksender Radio Shabelle. Die Islamisten hätten mit der Schließung aller Radiosender gedroht, die sich dem Verbot widersetzten. Vor wenigen Tagen hatte die Al-Shabaab-Miliz bereits Sendestationen des somalischsprachigen Programms der BBC geschlossen.

Brutalität der Islamisten

Somalia Islamist fighters perform Eid Al-Fitr prayers as thousands of residents gathered in Southern Islamistische Kämpfer beten in Mogadishu (AP Photo/ Farah Abdi Warsameh)
Islamistische Kämpfer in MogadischuBild: AP

Die Islamisten sind dafür bekannt, Anweisungen wie das Musikverbot mit brutaler Gewalt durchzusetzen und Zuwiderhandlungen beispielsweise mit Morden oder Amputationen zu bestrafen. Man habe keine andere Wahl, als ihre Forderung umzusetzen, sagte Abdulahi Yasin Jama von der Rundfunkstation Tusmo am Dienstag.

Somalia hat eine reiche musikalische Tradition. Viele Somalier reagierten deshalb mit Abscheu auf das Musikverbot im Radio. "Jetzt werden wir gezwungen, nur noch die schrecklichen Klänge von Gewehrfeuer und Explosionen zu hören", sagte ein 22-jähriger Bewohner Mogadischus.

Ende der Pressefreiheit?

Zerstörte Gebäude in Mogadischu (AP Photo/Radu Sigheti, Pool)
Zerstörtes SomaliaBild: AP

"Wir erleben heute den offiziellen Zusammenbruch der unabhängigen Medien", beklagte Mohamed Ibrahim vom nationalen Journalistenverband Somalias. Der Verband verurteile die Anordnung als "grobe Verletzung" der Meinungsfreiheit, sagte Ibrahim der Nachrichtenagentur AFP. Auch der Verband der Auslandskorrespondenten in Somalia protestierte gegen das Verbot und rief Hizbul Islam auf, die Anweisung wieder zurückzunehmen.

Die Islamisten nehmen nicht zum ersten Mal Einfluss auf den Alltag: In den von Al-Shabaab kontrollierten Gebieten sind bereits musikalische Handy-Klingeltöne, Tanzveranstaltungen und Kinos verboten. Vor vier Jahren hatte die Union der Islamischen Gerichtshöfe unter dem heutigen Übergangspräsidenten Scheich Scharif Ahmed schon einnmal die Ausstrahlung von Musik und Fernsehübertragungen untersagt. Während der Fußball-WM 2006 in Deutschland wurden Dutzende Somalier verhaftet, weil sie illegal Spiele verfolgten.

Land ohne Regierung

Somalische Abgeordnete während einer Sitzung des somalischen Parlaments
Parlament eines gescheiterten StaatesBild: picture-alliance/ dpa

Somalia hat seit 19 Jahren keine Zentralregierung mehr, die das ganze Land unter Kontrolle hat. Die Übergangsregierung ist zwar international anerkannt, gilt aber als weitgehend machtlos. Islamistische Milizen, die nach eigenem Bekunden Kontakte zum Terrornetzwerk Al-Kaida haben, kontrollieren weite Teile des Landes am Horn von Afrika.

Autorin: Klaudia Pape (dpa, afp, epd, ap)

Redaktion: Christine Harjes