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Glaube

Island – Christlicher Glaube in wilder Natur

22. März 2019

In wilder Natur Islands eine unmittelbare Verbindung zu Schöpfung und Schöpfer: Ute Stenert von der katholischen Kirche spricht mit Monsignore Georg Austen vom Bonifatiuswerk über katholisches Glaubensleben auf Island.

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Die blauen Schwestern vom Bonifatiuswerk Mariulind
Die blauen Schwestern beten in Mariulind. Foto: Bonifatiuswerk/MeierBild: Bonifatiuswerk/Meier

Das Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken unterstützt katholische Christen dort, wo sie in einer extremen Minderheit ihren Glauben leben. So fördert das Hilfswerk die Seelsorge auch in den Diaspora-Gebieten Nordeuropas. Wie dort der Glaube praktiziert wird und vor welchen Herausforderungen die katholische Kirche konkret auf Island steht, erläutert Monsignore Georg Austen, Generalsekretär des Bonifatiuswerks, im Interview mit Ute Stenert.

Stenert: Monsignore Austen, vielfach haben Sie die nordischen Länder bereist, waren vor Ort in den Gemeinden, so auch auf Island. Welche Faszination übt das Land auf Sie aus? Welche Begegnungen haben Sie nachhaltig beeindruckt?
Monsignore Austen: Die wilde Natur, die Landschaft, die Gastfreundschaft der Menschen, die wachsende internationale junge Kirche in einer extremen Diasporasituation, die mit wenigen Mitteln und großen Entfernungen, dem Evangelium ein Gesicht im Land gibt und auch immer mehr wahrgenommen wird bei all ihren Schwierigkeiten und Herausforderungen. Beeindruckt hat mich vor allem die Begegnung mit den blauen Schwestern, die mit so einer selbstbewussten und herzlichen Art sagen: „Wir haben hier einen Platz gefunden und genau an diesem Ort geben wir die Frohe Botschaft weiter.“ Zum anderen sind es die Menschen verschiedener Kulturen, die mit ihren Lebens- und Leidensgeschichten in der Kirche auf Island eine neue Heimat gefunden haben.

Stenert: Gibt es einen Ort auf Island, der für Sie eine besondere spirituelle Kraft hat?
Monsignore Austen: Mariulind – ein alter Wallfahrtsort, der über alle Jahrhunderte und auch über die Reformation hinweg mitten in der Landschaft ein Ort des Friedens und des Gebets ist, der die Menschen verschiedener Couleur auch ökumenisch verbindet. Dort werden die alten Wurzeln der Gottesbegegnung lebendig gehalten.

Arme Kirche in einem reichen Land

Stenert: Wer einmal auf Island war, ist überwältigt von den Naturgewalten. Fallen in einer solchen Umgebung das Besinnen und das Beten leichter?
Monsignore Austen: In dieser Umgebung mit all ihrer Schönheit, Kargheit, Einsamkeit und ihren klimatischen Extremen, spüren die Menschen eine unmittelbare Verbundenheit zur Schöpfung. Dort ist auch der Schöpfer direkt erfahrbar. Es birgt jedoch die Gefahr, sich von Mythen und Aberglaube leiten zu lassen.

Stenert: Island hat rund 350.000 Einwohner, davon sind 70 Prozent Lutheraner. Gegenwärtig leben 13.000 Katholiken auf Island. Was prägt die Situation der katholischen Kirche in der Diaspora und mit welchen Herausforderungen sieht sie sich konfrontiert?
Monsignore Austen: Für die wachsende katholische Gemeinschaft ist es immer wieder herausfordernd, ihren Glauben angemessen zu leben, denn obwohl Island sich zu einem wohlhabenden Staat entwickelt hat, ist die katholische Kirche materiell arm. Es fehlt an Kirchen, Räumlichkeiten und Priesterwohnungen. Denn anders als bei der lutherischen Staatskirche bekommen die Katholiken kaum etwas vom Staat. Für jeden katholischen Christen, der nach Island kommt und sich als Katholik registrieren lässt, bekommt die Kirche pro Jahr 90 Euro vom Staat. Aber nicht jeder Katholik ist auf der Insel registriert. So ist es für die Kirche kaum möglich, davon zu leben. Deswegen ist sie auf die Unterstützung von außen angewiesen. Eine besondere Herausforderung bilden die Sprache und die Integration. Katholiken aus aller Welt stellen die große Mehrheit in der Diaspora-Kirche.

Ökumene praktisch

Stenert: Wie ist das Verhältnis der katholischen Kirche zu den Lutheranern, zur Politik und zur Gesellschaft insgesamt?
Monsignore Austen: Es besteht eine gute und respektvolle ökumenische Verbundenheit. So ist es beispielsweise möglich, dass die katholische Gemeinde in der lutherischen Kirche Gottesdienst feiern, wenn sie in einem Dorf keine eigene Kirche hat. Das ist ganz praktische Ökumene. Jedoch schreitet auch auf Island der Prozess der Säkularisierung weiter voran, wodurch die Beziehungen der unterschiedlichen Kirchen und Religionen zum Staat zunehmend schwieriger werden. Nichtsdestotrotz wächst die katholische Kirche vor Ort und wird in der Gesellschaft immer mehr wahrgenommen.

Stenert: Welche Projekte unterstützt das Bonifatiuswerk auf Island und wie hoch ist die finanzielle Hilfe?
Monsignore Austen: Schon seit 1974 unterstützen wir die Kirche auf Island, mit der Errichtung und Renovierung von Pfarrhäusern und Gemeindezentren, in der katechetischen Kinder- und Jugendarbeit, der Anschaffung von BONI-Bussen, mit unserem Praktikantenprogramm oder der Finanzierung von Personalstellen, die sich um die pastorale und katechetische Arbeit kümmern. Seit 2008 wurden entsprechende Projekte vom Bonifatiuswerk in Höhe von 1.487.803 Millionen Euro und vom Diaspora-Kommissariat der deutschen Bischöfe mit einer Summe von 3.944.158 Millionen Euro gefördert.

Stenert: Was können wir hierzulande von den Gläubigen auf Island lernen?
Monsignore Austen: Ihre offene, unkomplizierte und herzliche Art, wie sie ihren Glauben auch unter widrigen Verhältnissen mit dem Herzen leben und auch weitertragen. Und dass Menschen verschiedener Kulturen nicht nur Befremdung auslösen, sondern vor allem eine Bereicherung sind.

 

Dr. Ute Stenert
Bild: Ute Stenert

Dr. Ute Stenert ist Rundfunkbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz und Geschäftsführerin der katholischen Rundfunkarbeit in Bonn. Seit über 20 Jahren ist sie freie Autorin für unterschiedliche Medien tätig.

Redaktionelle Verantwortung: Martin Korden, Katholischer Hörfunkbeauftragter, und Alfred Herrmann