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Island strebt in die EU

17. Juli 2009

Island hat sich offiziell bei der schwedischen EU-Ratspräsidenschaft um eine EU-Mitgliedschaft beworben. Das Parlament hatte mit seiner Abstimmung zuvor den Weg dafür freigemacht - nach tagelangen Diskussionen.

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Blick auf die Küste von Island mit gelben Europasternen (Foto: picture-alliance/dpa Grafik: DW)
Island könnte schon in zwei Jahren Mitglied der EU seinBild: picture-alliance/dpa/DW-Montage

Nach dem langen Ringen um eine Entscheidung im isländischen Parlament ging es jetzt sehr schnell: Am Donnerstag (16.07.2009) hatte das Althing sich nach tagelanger Diskussion für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union ausgesprochen. Am Freitag hat die isländische Regierung nun ihre offizielle Bewerbung bei der schwedischen Ratspräsidentschaft eingereicht.

Damit hat Premierministerin Jóhanna Sigurdardóttir den ersten Teil ihres Zeitplans eingehalten. "Wir wollen die Bewerbung rechtzeitig zum Treffen der EU-Außenminister Ende Juli vorlegen, damit wir so schnell wie möglich ein Ergebnis in der Sache haben und danach das Volk entscheiden lassen", sagte sie bereits vor der Abstimmung.

EU-Frage spaltet Regierungskoalition

Porträt von einer Frau mit grauen Haaren (Foto: AP)
Sie will Island schnell in die EU führen: Jóhanna SigurdardóttirBild: ap

Mit 33 Abgeordneten hatte eine knappe Mehrheit der 63 Politiker am Donnerstag für den Vorschlag der Regierung gestimmt. Sigurdardóttir sieht eine EU-Mitgliedschaft als besten Ausweg aus der Wirtschaftskrise. Sie sei überglücklich über dieses Ergebnis, sagte sie am Tag der Abstimmung.

Vorangegangen waren tagelange Diskussionen über den möglichen EU-Beitritt der stark verschuldeten Inselrepublik. Mehrere Abgeordnete, auch aus der mitregierenden Partei der Links-Grünen, hatten eine Volksabstimmung verlangt. Die Isländer sollten darüber entscheiden, ob ihr Land den Antrag auf EU-Mitgliedschaft stellen soll.

Die Regierungskoalition stand während der Auseinandersetzung auf dem Prüfstand. Denn während die Sozialdemokraten sich stark für einen EU-Beitritt als Ausweg aus der Krise einsetzen, sind die Links-Grünen Juniorpartner traditionell EU-skeptisch. Ingesamt 28 Abgeordnete stimmten gegen die sofortige Aufnahme der Verhandlungen.

Euro: ja - gemeinsame Fischereipolitik: nein

Ein Fisch wird im Netz aus dem Meer geholt (Foto: AP)
Die Isländer wollen keine europäischen Fischer in ihrer SchutzzoneBild: AP

Das schlagkräftigste Argument für einen EU-Beitritt ist aus isländischer Sicht die gemeinsame europäische Währung. Kaum ein Isländer glaubt noch an die Zukunft der isländischen Krone. Die Regierung sieht die Aussicht auf einen Beitritt zur Eurozone als guten Weg, die Wirtschaft des krisengeschüttelten Landes zu stabilisieren. Seit dem Bankenkollaps hat die Krone fast die Hälfte ihres Wertes verloren. Dazu kommt, dass Island als Inselstaat besonders stark von Importen abhängig ist. Die Inflation liegt zurzeit bei zwölf Prozent.

Die größte Gegenwehr zum EU-Beitritt kommt von der Landwirtschafts- und Fischereilobby: Sie möchte die Kontrolle über Islands Fischerei und die 360 Kilometer große Exklusivzone vor Islands Küsten keinesfalls an Brüssel abgeben. Ob das Land die Kontrolle über den Fischfang rund um die Insel behalten kann, wird ein kompliziertes Thema bei den EU-Beitrittsverhandlungen werden. Denn alle Mitgliedsstaaten der Union müssen der - dringend reformbedürftigen - gemeinsamen Fischereipolitik beitreten.

Hoffnung auf zügige Verhandlungen

Einige Menschen mit Plakaten und Trillerpfeifen demonstrieren (Foto: Susanne Henn)
Nicht alle Isländer sind für einen EU-Beitritt: Demonstranten in ReykjavikBild: DW/Henn

Aktuellen Umfragen zufolge unterstützen rund 70 Prozent der Isländer die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen. "Ich möchte herausfinden, was auf uns zukommen würde, und danach entscheiden", lautet ein zurzeit oft gehörter Satz auf Reykjaviks Straßen. Wenn es um den tatsächlichen Beitritt zu EU geht, fällt die Zustimmung etwas niedriger aus: Pro und contra halten sich in etwa die Waage, viele sind noch unentschlossen.

Islands Außenminister Össur Skarpedinsson, ein führender Sozialdemokrat, hat einen ehrgeizigen Zeitplan für den Beitritt seines Landes vorgelegt. Den Antrag auf Mitgliedschaft hat die Regierung bereits gestellt: Am Freitag (17.07.2009) wurde die Bewerbung an die schwedische Ratspräsidentschaft übergeben.

Brüssel reagiert positiv

Die Reaktion aus der EU war direkt nach der Abstimmung positiv. Carl Bildt, schwedischer Außenminister und derzeitiger Sprecher der Mitgliedsländer begrüßte die Entscheidung des Parlaments. Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte in Brüssel, der isländische Beschluss zeige die Vitalität des Europäischen Projekts und veranschauliche, welche Hoffnung mit Europa verbunden werde.

Da Island bereits Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraumes und der grenzfreien Schengen-Zone ist, werden die EU-Beitrittsverhandlungen zügiger verlaufen können als mit anderen Staaten. Etwa 70 Prozent der Gesetze seien schon mit EU-Regelungen konform, sagt Außenminister Skarpedinsson.

Als vorteilhaft für die Isländer wird auch die schwedische EU-Ratspräsidentschaft gewertet. Das Nachbarland unterstützt die isländische Bewerbung und hat ein schnelles Vorgehen zugesichert. Als mögliches Beitrittsdatum wird 2011 oder 2012 genannt. Doch bevor Island der EU beitreten wird, haben auf jeden Fall die Isländer das letzte Wort in einem Referendum.

Autorin: Susanne Henn/dpa/AP
Redaktion: Julia Kuckelkorn