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Israel sieht deutsche "Schlüsselrolle"

30. November 2010

Bundespräsident Wulff hat von Israel mehr Kompromissbereitschaft eingefordert, um die Nahost-Friedensgespräche wieder in Gang zu bringen. Doch die israelische Regierung will den umstrittenen Siedlungsbau nicht stoppen.

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Christian Wulff und Benjamin Netanjahu (Foto: AP)
Handschlag: Christian Wulff und Benjamin NetanjahuBild: AP

"Auch Israel sollte in diesem Prozess konstruktives Engagement in Siedlungsfragen zeigen", sagte Bundespräsident Christian Wulff in Jerusalem nach einem Gespräch mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Dieser betonte, er sehe Deutschland in einer "Schlüsselrolle" bei der Lösung des Nahost-Konflikts. "Deutschland kann helfen, Frieden zu schaffen zwischen Israel und den Nachbarn", sagte Netanjahu. Zugleich legte der Regierungschef ein Bekenntnis zur Fortsetzung der Friedensgespräche ab, um einen "historischen Kompromiss" mit den Palästinensern zu erreichen.

Baustopp gestoppt

Israelischer Siedlungsbau (Foto: AP)
Streitpunkt: Der israelische SiedlungsbauBild: AP

Doch die Friedensgespräche sind derzeit wegen der israelischen Siedlungsbaupolitik blockiert - einer der Hauptstreitpunkte zwischen Israelis und Palästinensern. Beide Seiten hatten ihre Verhandlungen erst Anfang September wieder aufgenommen. Nachdem wenige Wochen später aber ein israelischer Stopp des Siedlungsbaus im Westjordanland ausgelaufen und nicht verlängert worden war, kamen die Gespräche wieder zum Erliegen. Derzeit bemühen sich die USA darum, Israel zu einem erneuten 90-tägigen Siedlungsstopp zu bewegen.

Derweil genehmigte die Stadtverwaltung von Jerusalem den Bau weiterer 130 Wohnungen für jüdische Familien im hauptsächlich von Arabern bewohnten Ostteil der Stadt. Die neuen Wohnungen sollen in der Siedlung Gilo entstehen, wie ein Behördensprecher mitteilte. Gilo liegt in der Nähe der palästinensischen Stadt Bethlehem im Westjordanland, was der Genehmigung der neuen Wohnungen besondere Brisanz verleiht. Israel hatte Ost-Jerusalem 1967 im Sechs-Tage-Krieg eingenommen und später annektiert. Sowohl Israel als auch die Palästinenser betrachten Jerusalem als ihre Hauptstadt.

"Gebot der Humanität"

Vor dem Treffen mit Netanjahu hatte Wulff als erster deutscher Spitzenvertreter das Protestzelt der Eltern des vor vier Jahren entführten israelischen Soldaten Gilad Schalit aufgesucht. Der Bundespräsident übergab Noam und Aviva Schalit eine Abschrift der fast einstimmig vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Resolution, in der eine Freilassung des Soldaten gefordert wird. "Die internationale Staatengemeinschaft muss deutlich machen, dass der Kriegsgefangene freigelassen gehört", sagte Wulff. Das Rote Kreuz müsse Zugang zu ihm bekommen und die Eltern müssten ebenfalls Kontakt zu dem Soldaten erhalten. Dies sei ein Gebot der Humanität.

Christian Wulff mit Noam Schalit (Foto: AP)
Rückendeckung: Wulff mit Noam Schalit, dem Vater des verschleppten Soldaten Gilad SchalitBild: AP

Ein palästinensisches Kommando unter Führung der radikal-islamischen Hamas hatte den heute 24 Jahre alten Soldaten im Juni 2006 von israelischem Boden aus in den Gazastreifen verschleppt. Das letzte Lebenszeichen des Soldaten stammt von einem Mitte September 2009 aufgenommenen Video der Entführer. Die Hamas verlangt für seine Freilassung, dass Israel Hunderte palästinensische Häftlinge auf freien Fuß setzt.

Zum Abschluss seiner Nahost-Reise besucht Wulff an diesem Dienstag (30.11.2010) die Palästinensergebiete. Geplant ist dabei unter anderem ein Treffen mit Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas. Auf Wulffs Programm steht außerdem der Besuch einer evangelisch-lutherischen Schule in Beit Dschala bei Bethlehem.

Autor: Christian Walz (dpa, rtr, afp)
Redaktion: Susanne Eickenfonder