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Israel stockt seine Truppen auf

12. Januar 2009

Israel verstärkt seine Armee um Reservisten und setzt weiter auf den Erfolg der Militäroffensive. Die Chancen für eine Feuerpause sind laut Außenminister Steinmeier dennoch gut.

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Zwei Rauchfahnen steigen über Gaza auf (Quelle: Xinhua)
17. Tag der Militäroffensive: Neue Luftangriffe auf GazaBild: picture alliance / landov

Am 17. Tag der israelischen Großoffensive im Gazastreifen hat Israel am Montag (12.01.2009) seine Truppen um Reservisten aufgestockt. Ein israelischer Fernsehsender berichtet, einige Tausend, die zu Beginn des Krieges mobilisiert worden waren, seien entsandt worden. Sie sollten in die regulären Armeeeinheiten integriert werden. In der Nacht zum Montag griff die Luftwaffe wieder mutmaßliche Hamas-Stellungen aus der Luft und von See aus an.

Israelische Soldaten und Panzer auf einem Hügel am nördlichen Gazastreifen (Quelle: Xinhua)
Israel verstärkt Bodentruppen um Tausende ReservistenBild: picture alliance / landov

Ein israelischer Armeesprecher sagte, mit zwölf Angriffen seit Mitternacht seien insgesamt weniger Ziele beschossen worden als in den Tagen zuvor. Es habe in mehreren Fällen Gefechte von Bodentruppen mit bewaffneten Palästinensern gegeben. Die Luftwaffe habe erneut Tunnel im Grenzgebiet zu Ägypten und Waffenlager beschossen.

"Nähern uns selbst gesteckten Zielen"

Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert gab derweil an, er sehe zu Beginn der dritten Woche der Militäroffensive, dass man sich den "selbst gesteckten Zielen" nähere. Gleichzeitig gab er zu verstehen, dass Israel die Offensive fortsetzen werde, auch wenn diplomatische Optionen geprüft würden. Erst am Samstag hatte die Armee Flugblätter über dem Gazastreifen abgeworfen und darauf verstärkte Angriffe angekündigt.

Erklärte Ziele der israelischen Operation sind, die Kassam-Raketenangriffe auf Israel zu stoppen und den Waffenschmuggel durch Tunnel von Ägypten in den Gazastreifen zu unterbinden. Das erste Ziel ist, so die Zeitung "Haaretz", wohl erreicht. Unter Berufung auf das Militär berichtet das Blatt, seit Beginn der Offensive sei die Zahl der von der Hamas abgeschossenen Kassam-Raketen "dramatisch", nämlich um 50 Prozent zurückgegangen. Das zweite Ziel, die Tunnelanlagen, soll nun, so die Zeitung "Jerusalem Post", verstärkt ins Visier genommen werden: Die Militärführung habe angekündigt, sie werde ihre Operationen gegen die Tunnelanlagen an der Südgrenze zu Ägypten ausweiten.

Steinmeier optimistisch

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier zeigte sich nach Ende seiner dreitägigen Nahostreise am Sonntagabend optimistisch. Eine Feuerpause sei in greifbare Nähe gerückt. Für eine "humanitäre" Waffenruhe zur Versorgung der Zivilbevölkerung gebe es konkrete Chancen. Nach mehr als zwei Wochen werde die Versorgungslage von Tag zu Tag besorgniserregender. Für eine effektive Bekämpfung des Waffenschmuggels durch Tunnel unter der Grenze zwischen Ägypten und dem Gazastreifen gebe es jetzt eine konkrete Perspektive.

Steinmeier steht an einem Rednerpult im Außenministerium in Jerusalem, im Hintergrund die Deutschlandfahne (Quelle: dpa)
Steinmeier: "Eine Feuerpause ist in greifbare Nähe gerückt"Bild: picture-alliance/ dpa

Der Bundesaußenminister spielte damit auf seine Vorschläge an, technische Hilfe zu leisten und Ausbilder zu entsenden, um den Waffenschmuggel effektiv zu unterbinden. Der Vorschlag war von Ägypten und Israel akzeptiert worden. Der Staatssekretär im Innenministerium, August Hanning, war bereits am Sonntag in Kairo eingetroffen, um den Hilfsbedarf zu sondieren.

Laut Steinmeier sind zur Unterstützung Ägyptens sicher auch die europäischen Partner und die neue US-Regierung bereit. "Die Wiederbewaffnung der Hamas mit immer wirkungsvolleren Waffen muss verhindert werden." Die effektive Eindämmung des Waffenschmuggels sei daher "die Schlüsselfrage für den Übergang von einer humanitären Waffenruhe zu einem permanenten Waffenstillstand".

Der Bundesaußenminister hatte am Sonntagabend noch den israelischen Verteidigungsminister Ehud Barak getroffen. Zuvor war er mit Präsident Schimon Peres und Außenministerin Zipi Livni zusammengekommen. Peres sagte nach dem Treffen in Jerusalem: "Wir wollen keinen endlosen Krieg". Die Regierung habe sich sich für die Bekämpfung begrenzter Ziele im Gazastreifen entschieden, um die Situation zu ändern, nicht die Geografie.

Livni (links) und Steinmeier (rechts) im israelischen Außenministerium (Quelle: AP)
Steinmeier hatte sich am Sonntag mit seiner Amtskollegin Livni getroffenBild: AP

Die israelische Außenministerin Zipi Livni erklärte ebenfalls nach einer Unterredung mit Steinmeier, die radikalislamische Hamas habe inzwischen gelernt, dass Israel auf Raketenbeschuss hart reagiere. Angst müsse die Hamas daran hindern, Israel zu beschießen. Sie fügte allerdings hinzu, nur Israel entscheide, wann der Krieg ende, nicht die Staatengemeinschaft.

Dem israelischen Rundfunk sagte sie am Montag, in den internationalen Bemühungen um eine Waffenruhe seien "Fortschritte" gemacht worden, es blieben allerdings noch einige "Schwierigkeiten". Wann die Offensive beendet werde, sagte sie nicht. Jede dahingehende Entscheidung werde "schweigend" getroffen, denn die untergetauchte Hamas-Führung verfolge die Medien-Berichterstattung.

Neue Gespräche in Kairo abgesagt

Israel setzt zunächst offenbar weiter auf den Erfolg der Militäroperation. Der israelische Rundfunk meldet, Amos Gilad, ein hochrangiger Vertreter im israelischen Verteidigungsministerium, werde heute nicht - wie zunächst geplant - zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage nach Kairo reisen. Dort war ein Treffen mit dem Chef des ägyptischen Geheimdienstes, Omar Suleiman, geplant. Dieser vermittelt zwischen Israel und der Hamas mit dem Ziel, eine Feuerpause zu erreichen.

Gilad sagte dem israelischen Online-Dienst "ynet", er sei allerdings optimistisch, was eine mögliche Einigung angehe. Ägypten sei sehr vertrauenswürdig, was die Hilfe bei der künftigen Verhinderung von Waffenschmuggel in den Gazastreifen angehe. Er sehe auch einen "Bewusstseinswandel" in Ägypten hinsichtlich der Hamas. Man verstehe dort inzwischen die Gefahr, die von der Organisation ausgehe, so Gilad.

Ein Palästinenser trägt ein verletztes Kind mit einem Verband um den Kopf auf dem Arm (Quelle: dpa)
Belgien verschiebt Evakuierungsflug für verletzte Kinder aus GazaBild: picture-alliance / dpa

Der designierte US-Präsident Barack Obama kündigte inzwischen an, er werde direkt nach seiner Vereidigung am 20. Januar ein Team aus den "besten Leuten zusammenstellen, die sich dem Friedensprozess im Nahen Osten in seiner Gesamtheit" widmen würden.

Hilfe aus dem Ausland

In dem Krieg sind nach palästinensischen Angaben bislang mehr als 900 Palästinenser getötet worden, unter ihnen fast 280 Kinder. Auf israelischer Seite kamen 13 Menschen ums Leben. Belgien verschob einen bereits für Freitag geplanten Evakuierungsflug für verletzte Kinder aus Gaza auf Dienstag. Ägypten hatte darum gebeten, da das Internationale Komitee vom Roten Kreuz wegen der schweren Kämpfe seine Transporte bis auf weiteres eingestellt hat. Venezuela kündigte am Sonntag an, es werde ein Flugzeug mit 12,5 Tonnen Medikamenten für den Gazastreifen schicken. Vom zyprischen Hafen Larnaca soll heute ein Schiff auslaufen, das nicht nur Hilfsgüter an Bord hat, sondern auch pro-palästinensische Aktivisten, Ärzte und Mitglieder des Europäischen Parlaments. (hy)