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Politik

Israelis blicken positiver auf Deutsche als umgekehrt

2. September 2022

"Zwischen Verbundenheit und Entfremdung" - so betitelt die Bertelsmann-Stiftung ihre jüngste Studie zu Einstellungen in Deutschland und Israel. Manche Gegensätze werden sichtbar.

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Soldaten des Wachbataillons der Bundewehr hissen vor dem Schloss Bellevue die israelische Flagge
Soldaten des Wachbataillons der Bundewehr hissen die israelische Flagge vor dem Schloss Bellevue in Berlin (Archivbild)Bild: Wolfgang Kumm/dpa/picture alliance

Israelis blicken positiver auf Deutschland als die Deutschen auf Israel. Das ist das Ergebnis einer Analyse der Bertelsmann-Stiftung zu den Beziehungen zwischen beiden Ländern. Demnach haben 63 Prozent der Menschen in Israel eine gute Meinung über Deutschland, 19 Prozent sehen die Bundesrepublik negativ - wohingegen nur 46 Prozent der deutschen Befragten positiv auf Israel blicken. Mehr als ein Drittel hat eine "ziemlich schlechte" oder "sehr schlechte" Meinung von dem Land.

Bei der Bewertung der jeweils anderen Regierung gibt es ebenfalls deutliche Abweichungen: 55 Prozent der Israelis, aber nur 24 Prozent der Deutschen beurteilen diese positiv. Unterschiedlich ist auch die Sicht auf eine aus der nationalsozialistischen Vergangenheit abgeleitete besondere Verantwortung Deutschlands für Israel, die in der Bundesrepublik nur 27 Prozent befürworten - gegenüber 57 Prozent der Israelis.

"Nie wieder Krieg" vs. "Nie wieder Opfer"

61 Prozent der Befragten in Israel erhoffen sich von der Bundesregierung eine "einseitige politische Unterstützung" ihrer Position im israelisch-palästinensischen Konflikt. Allerdings teilen nur zwölf Prozent der Befragten in Deutschland diese Haltung. Während 64 Prozent in Deutschland sich überzeugt zeigen, dass beide Seiten in diesem Konflikt zu gleichen Teilen nachgeben müssten, sehen 55 Prozent in Israel die palästinensische Seite in der Verantwortung.

Deutschland Oldenburg | Erinnerungsgang zur Reichpogromnacht
Erinnerung wachhalten: Schüler in Oldenburg gedenken der Reichspogromnacht vom November 1938 (Archivbild)Bild: Hauke-Christian Dittrich/dpa/picture alliance

Die Unterschiede in der gegenseitigen Wahrnehmung von Deutschen und Israelis seien auch das Ergebnis unterschiedlicher Sicherheitslagen und politischer Kulturen, erklärte Stephan Vogel, Israel-Experte der Bertelsmann-Stiftung. "Für die allermeisten Deutschen gilt weiter die Maxime: 'Nie wieder Krieg.'" Für die Israelis heiße es: "Nie wieder Opfer."

"Holocaust als historischer Bezugspunkt"

"Deutsch-israelische Beziehungen im 21. Jahrhundert haben nach wie vor die nationalsozialistische Verfolgung und den Holocaust als historischen Bezugspunkt", heißt es in der Studie. Allerdings stimmen 49 Prozent der befragten Deutschen der Aussage zu, man solle nicht mehr so viel über die Verfolgung der Juden reden, sondern einen "Schlussstrich" unter die Vergangenheit ziehen. Unter Anhängern der AfD sind es sogar 76 Prozent. In Israel bejahen dies lediglich 14 Prozent.

Der bereits in anderen Studien ermittelte Anteil der Deutschen, der sich antisemitische Aussagen zu eigen machen, liegt in dieser Erhebung sogar noch etwas höher. 24 Prozent der Befragten hierzulande sind "voll und ganz" oder "eher" der Meinung, dass Juden auf der Welt zu viel Einfluss hätten. Die Experten wiesen zugleich darauf hin, dass lediglich einzelne Aspekte des "komplexen Phänomens Antisemitismus" beleuchtet wurden.

Die Bertelsmann-Stiftung veröffentlichte die Analyse mit Blick auf den bevorstehenden Besuch des israelischen Präsidenten Isaac Herzog in Deutschland, der am Sonntag beginnen soll. In Deutschland wurden vor etwa einem Jahr repräsentativ 1271 Menschen ab 18 Jahren befragt, in Israel 1372. Dort machen arabische Israelis gut 20 Prozent der Bevölkerung aus.

jj/fab (dpa, afp, epd, kna)