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Israelischer Raketenangriff auf Wohngebiet

23. Juli 2002

Bei einem israelischen Luftangriff auf die militärische Führung der palästinensischen Widerstandsbewegung Hamas sind mindestens elf Menschen getötet worden, unter ihnen der militante Palästinenserführer Salach Schehada.

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Die Aufräumarbeiten haben begonnenBild: AP

Nach Krankenhausangaben wurden etwa 140 Menschen bei dem Angriff auf Gaza-Stadt zum Teil lebensgefährlich verletzt. Die palästinensische Autonomiebehörde verurteilte die Attacke als "Kriegsverbrechen". UN-Generalsekretär Kofi Annan sprach sein Bedauern aus. Der israelische Innenminister Eli Jischai räumte "Fehler" bei dem
Einsatz ein. "Es war nicht unsere Absicht, Unschuldige zu töten", sagte das Mitglied des israelischen Sicherheitskabinetts im Militärrundfunk. Zugleich rechtfertigte er den Luftangriff. Israelische Zivilisten müssten vor palästinensischen Selbstmordanschlägen geschützt werden, Israel habe ein Recht auf Selbstverteidigung.

Angriff kurz nach Mitternacht

Ein israelischer F-16-Kampfjet habe mit einer Rakete in der Nacht zum Dienstag (23. Juli 2002) fünf Wohnhäuser und eine Lagerhalle zerstört, berichteten Augenzeugen. Fünf Kinder seien ums Leben gekommen. Zu den Getöteten zählen auch Schehades Ehefrau, eine seiner Töchter sowie ein weiteres Hamas-Mitglied. Mehrere verschüttete Menschen werden noch unter den Trümmern vermutet. Die Rettungsarbeiten in der Dunkelheit wurden durch einen Ausfall der an das israelische Netz gekoppelten Stromversorgung von Gaza erschwert.

Ein Sprecher der israelischen Armee bestätigte, dass der Angriff Salach Schehade gegolten habe. Der 50-jährige Schehade ist einer der Gründer und derzeitiger Chef des bewaffneten Hamas-Arms, der Kassam-Brigaden. Von 1984 bis 1998 saß er in israelischen Gefängnissen. Israel setzte ihn zu Jahresbeginn wegen mutmaßlicher Verwicklungen in zahlreiche Attentate auf die Liste der meistgesuchten Personen.

Hamas will Vergeltung üben

Der palästinensische Informationsminister Jassir Abed Rabbo sagte, der Angriff sei ein "Kriegsverbrechen", mit dem alle Versuche zur Stabilität in der Region sabotiert werden sollten. Der Chefberater von Palästinenserchef Jassir Arafat, Nabil Abu Rudeina, kündigte eine Anrufung des UN-Sicherheitsrats innerhalb von 24 Stunden an. Ein Hamas-Vertreter verurteilte den Angriff als "schreckliches Massaker der zionistischen und amerikanischen Terroristen". Die Organisation werde für jedes einzelne der Opfer Vergeltung üben.

UN-Generalsekretär Annan bedauerte den israelischen Angriff. Israel habe "die rechtliche und moralische Verantwortung", den Tod Unschuldiger zu vermeiden. Mit der Verwendung einer Rakete gegen Wohnhäuser habe Israel darin jedoch versagt. Annan rief die Regierung dazu auf, sich an internationales humanitäres Recht zu halten. Er sei "tief beunruhigt" über die möglichen Folgen der Attacke.

Erste Racheakte

Bei gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Palästinensern und israelischen Soldaten im Süden des Gazatreifens wurden nach Angaben von Medizinern zehn Palästinenser verletzt. Augenzeugen zufolge griffen hunderte bewaffneter Palästinenser aus dem Flüchtlingslager Chan Junes in der Nähe stationierte Soldaten an, als sie von dem Luftangriff in Gaza erfuhren. Auch am Grenzübergang Rafah schossen Palästinenser und Israelis aufeinander.

Dalia Rabin-Filosof ist zurgetreten

Ein paar Stunden vor dem Angriff ist die israelische Vize-Verteidigungsministerin Dalia Rabin-Filosof zurückgetreten. Im öffentlichen israelischen Rundfunk sagte sie zur Begründung, sie wolle sich ihrer Stiftung zum Andenken ihres ermordeten Vaters, des früheren Ministerpräsidenten Jizchak Rabin, widmen. Die 51-Jährige war die erste Frau auf dem Posten des Vize-Verteidigungsministers. Sie gehört der Arbeitspartei an, deren liberaler Flügel kritisch zur harten Haltung der Regierung von Ariel Scharon gegenüber den Palästinensern eingestellt ist. (fro)