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Streit bei SPD und CDU

Peter Stützle15. Januar 2008

Ungewöhnlich kurzfristig ist in Berlin eine Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Merkel anberaumt worden. Die Frage, die sich auch Peter Stützle unwillkürlich gestellt hat: Was bezweckte Angela Merkel mit diesem Auftritt?

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Bild: DW
Wollte sie dem Eindruck entgegenwirken, dass ihr Regierungsbündnis aus Christ- und Sozialdemokraten in Gefahr ist? Immerhin sind die Koalitionspartner in den derzeit laufenden Landtags-Wahlkämpfen heftig aneinander geraten.

Prügelei in München als Auslöser für Streit in Koalition

Es ist hoch hergegangen in Deutschland in den letzten Tagen. Nachdem Jugendliche ausländischer Herkunft in der Münchener U-Bahn einen alten Mann aus nichtigem Anlass krankenhausreif geprügelt hatten, fuhr der um seine Wiederwahl kämpfende hessische Ministerpräsident Roland Koch schweres Geschütz auf. Der CDU-Politiker forderte unter anderem eine Verschärfung des Jugendstrafrechts und die schnellere Ausweisung ausländischer Straftäter. Die Sozialdemokraten warfen Koch daraufhin vor, angesichts ungünstiger Umfragewerte Zuflucht im plumpem Populismus zu suchen. Auf die Forderung der Christdemokraten, mit ihnen das Gespräch über Strafverschärfungen aufzunehmen, reagierte der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, Peter Struck, mit den Worten: “Die CDU kann mich mal.” Das an die Adresse der Partei, mit der er gemeinsam die Bundesregierung stellt. Schon stellten Leitartikler die Frage, ob eine Koalition, die so streitet, noch bis zur nächsten Wahl in knapp zwei Jahren halten kann. Merkel bleibt äußerlich gelassen All dieser Aufgeregtheit hat Angela Merkel jetzt eine bemerkenswerte Gelassenheit entgegengesetzt. Alles habe seine Zeit und seine Stunde, sagte sie im vollbesetzten Saal der Bundespressekonferenz in Berlin. Wahlkämpfe seien Zeiten, in denen die Unterschiede zwischen den Parteien auf den Tisch kämen. Und die gebe es nun mal in Fragen der Kriminalitätsbekämpfung. In den Koalitionsverhandlungen vor zwei Jahren hätten sich die Partner nur in einem Punkt auf eine Verschärfung geeinigt und diese dann auch umgesetzt. Die anderen Vorschläge seien daher weiter auf dem Tisch. Dass darüber nun in den Landtags-Wahlkämpfen heftig gestritten wird, steht nach Merkels Einschätzung einer weiteren konstruktiven Zusammenarbeit in der Koalition nicht im Wege.

Für Merkel zählt nur 2008: Ziele sollen erreicht werden

Auch wenn sie derzeit mehr als CDU-Parteivorsitzende in Erscheinung tritt: Als Bundeskanzlerin sieht Angela Merkel das Jahr 2008 als das Entscheidende, um die selbst gesteckten Ziele der Koalition zu erreichen, vor allem einen Bundeshaushalt ohne neue Schulden im Jahr 2011. Die weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen seien ungünstiger, die Wachstumserwartungen für die deutsche Wirtschaft und damit auch die Staatseinnahmen geringer geworden. Deshalb erwartet die Bundeskanzlerin, dass auch die Haushaltsberatungen in diesem Jahr schwieriger werden als 2007. Große Koalition funktioniert nur mit Zusammenhalt Neuer Konfliktstoff also für die Koalition, der sich da abzeichnet. Aber einen Zweifel, dass das Bündnis daran scheitern könnte, wollte die Regierungschefin gar nicht erst aufkommen lassen. Zu wichtig seien die noch unerledigten Vorhaben, allen voran der zweite Teil der Föderalismusreform mit einer wirksamen Schuldenbremse auf allen staatlichen Ebenen und einer Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Sie sei nur in der derzeitigen Konstellation zu schaffen, in der die beiden großen Parteien gemeinsam regieren. Dass die große Koalition noch Zukunft hat, darauf deutet auch eine Nachricht hin, die unmittelbar vor Angela Merkels Pressekonferenz bekannt wurde: Die Vorstände der Koalitionsfraktionen wollen sich Ende Februar, wenn nach Hessen und Niedersachsen auch Hamburg gewählt hat, zu einer Klausurtagung treffen. Dort wollen sie über die noch offenen Vorhaben sprechen, die 2008 abgearbeitet werden sollen. Gelingt ihnen das, dann können sie 2009 wieder munter wahlkämpfen, so wie jetzt.