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Politik

Istanbul: Freispruch für Steudtner gefordert

27. November 2019

Die mehr als 100 Tage andauernde Haft des deutschen Menschenrechtsaktivisten hatte die deutsch-türkischen Beziehungen stark belastet. Nun räumen die Ankläger ein, dass die Beweise gegen Peter Steudtner allzu dünn sind.

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Peter Steudtner (3. v. l.) und sein Kollege Ali Gharavi am 26. Oktober 2017 kurz nach ihrer Freilassung aus dem Gefängnis (Foto: picture-alliance/dpa/AP/E. Gurel)
Peter Steudtner (2. v. r.) neben seinem Kollegen Ali Gharavi am 26. Oktober 2017 kurz nach der Freilassung aus dem GefängnisBild: picture-alliance/dpa/AP/E. Gurel

Im Prozess gegen den in der Türkei wegen Terrorvorwürfen angeklagten deutschen Menschenrechtler Peter Steudtner hat die Staatsanwaltschaft von Istanbul Freispruch gefordert. Das geht aus dem beim Gericht eingereichten Plädoyer hervor. Grund sei ein Mangel an Beweisen. Der nächste Gerichtstermin ist für den 19. Februar 2020 angesetzt. Steudtner war zur Verhandlung nicht aus Deutschland angereist.

Steudtner hatte mehr als 100 Tage in türkischer U-Haft gesessen, bevor er zu Prozessbeginn im Oktober 2017 freikam und ausreisen durfte. Das Verfahren, das bereits mehr als zwei Jahre dauert, war bereits mehrfach nach nur kurzen Verhandlungen verschoben worden - im Oktober zuletzt mit der Begründung, der Staatsanwalt sei ausgetauscht worden und müsse sich noch einlesen.

Noch 60 Deutsche in türkischer Haft

Der Fall Steudtner sowie einige weitere Haftfälle mit "politischer Begründung" hatten ab 2017 die türkisch-deutschen Beziehungen schwer belastet. Zwischenzeitlich hatte sich nach der Freilassung prominenter Betroffener das Verhältnis etwas entspannt. Zuletzt war die Zahl der Deutschen im Konflikt mit der türkischen Justiz aber wieder gestiegen. Nach offiziellen Angaben von vergangener Woche sitzen derzeit 60 Deutsche in türkischer Haft. Noch im Februar lag die Zahl bei 47. Das Außenministerium in Berlin erhebt allerdings nicht mehr öffentlich, wie viele Fälle "politisch" sind - bei denen es also etwa um Terrorvorwürfe oder Präsidentenbeleidigung geht. 

Der Ehrenvorsitzende von Amnesty International in der Türkei, Taner Kilic (Foto: Getty Images/O. Kose)
Der Ehrenvorsitzende von Amnesty International in der Türkei, Taner KilicBild: Getty Images/O. Kose

Die Anklage in Istanbul schlug auch einen Freispruch für Steudtners schwedischen Kollegen Ali Gharavi und drei weitere der insgesamt elf Angeklagten vor. Für den im selben Verfahren angeklagten Amnesty-International-Ehrenvorsitzenden der Türkei, Taner Kilic, forderte sie eine Strafe wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation. Fünf Angeklagte sollen aus Sicht des Staatsanwalts für Terrorunterstützung verurteilt werden. Die Vergehen können in der Türkei mit bis zu 15 Jahren Haft geahndet weden.

"Als ob Prozess nie stattgefunden hätte"

Der Amnesty-Vertreter Andrew Gardner reagierte mit scharfer Kritik auf die Entwicklung im Fall Kilic'. "Selbst für die sehr niedrigen Standards von Prozessen, die in solchen Fällen stattfinden, war das ein wirklich unerwartetes und wirklich schlechtes Ergebnis heute", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Bestimmte Anschuldigungen hätten sich bereits als falsch herausgestellt, das habe der Staatsanwalt in seiner Stellungnahme aber nicht anerkannt. "Es ist, als ob die letzten beiden Jahre des Prozesses nie stattgefunden hätten."

sti/ust (dpa, ARD)