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Italien hat die Wahl

24. Februar 2013

Die Italiener wählen ein neues Parlament und ganz Europa schaut gespannt zu. Wohin führt die Abstimmung? Weiter in die Krise hinein - oder heraus? Der Ausgang scheint relativ offen, mehrere Szenarien sind denkbar.

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Mario Monti mit Stimmzettel (Foto: Reuters)
MontiBild: Reuters

Gewählt werden im Euro-Krisenland Italien ein neues Abgeordnetenhaus und ein neuer Senat. Bei der Abstimmung an diesem Sonntag und am Montag zeichnet sich ein knappes Ergebnis ab. Mehrere mögliche Bündnisse und Parteien dürften eng beieinander liegen.

Nach den letzten Umfragen, die allerdings zwei Wochen alt sind, liegt die sozialdemokratisch orientierte Demokratische Partei (PD) mit ihrem Spitzenkandidaten Pier Luigi Bersani in Führung. Der umstrittene Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi, der sich bereits zum fünften Mal um ein Regierungsamt bewirbt, könnte mit seiner Partei Volk der Freiheit zweitstärkste Kraft werden. Er hatte mit seinem Mitte-Rechts-Bündnis im Wahlkampf mit Steuerversprechen und anderen Manövern kontinuierlich den Abstand zu Bersani verringert.

Wahlausgang in Italien ist völlig offen

Auch die populistische Internetbewegung "5 Sterne" des Komikers Beppe Grillo dürfte nach den Wahlen eine wichtige Rolle im italienischen Parlament spielen. Sie holte zuletzt immer weiter auf, was zu Beunruhigung bei den etablierten Parteien geführt hatte. Der für seine Sparpolitik im Ausland viel gelobte scheidende Regierungschef Mario Monti (im Artikelbild bei der Stimmabgabe) liegt mit seiner Zentrums-Bewegung abgeschlagen auf dem vierten Platz.

Schicksalswahl mit unbestimmtem Ausgang

Die Italiener entscheiden mit ihrer Stimme nicht nur über das weitere Schicksal ihres Landes. Ihre Wahl könnte weitreichende Konsequenzen für ganz Europa und insbesondere für den Euroraum haben. Während Bersani und Monti den eingeschlagenen Reformkurs fortsetzen wollen, vertreten Berlusconi und Grillo eine eher europakritische Haltung. Die Finanzmärkte und europäische Politiker befürchten nichts mehr als ein mögliches Patt der verschiedenen Bündnisse und damit eine faktische Unregierbarkeit des Landes. Denn über eines herrscht bei den Europäern Einigkeit: Italien, die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone, braucht eine stabile Regierung, um die Krise im Inland zu bewältigen und um die Eurokrise insgesamt zu beruhigen.

Wahlkampf war großes italienisches Kino

Mit scharfen Angriffen auf ihre politischen Gegner schlossen die italienischen Parteien am Freitag den Wahlkampf ab. Die Spitzenkandidaten versammelten ihre Anhänger auf Großkundgebungen in ganz Italien und gaben letzte Interviews. Seit Samstag gilt ein strenges Wahlkampf-Verbot.

Siegesgewiss zeigte sich Bersani, bei seinem letzten Wahlkampfauftritt. Er sei "sehr, sehr zuversichtlich", die Wahlen zu gewinnen. Dem früheren Ministerpräsidenten Berlusconi warf er vor, nicht in der Lage zu sein, "zwischen Wahrheit und Lüge zu unterscheiden".

Der scheidende Regierungschef Monti, der seit 18 Monaten an der Spitze einer Regierung parteiloser Experten steht, versprach auf seiner Abschlusskundgebung in Florenz, er wolle die begonnenen Reformen weiterführen. Es sei notwendig, "die Arbeitskosten für Neueinstellungen zu reduzieren, die Ausbildung weiterzuentwickeln, einen neuen unbefristeten Arbeitsvertrag zu schaffen". Der Linken in Italien warf Monti vor, "Gefangene in ihren ideologischen Zwangsjacken zu sein". Berlusconi beschuldigte er der "Vulgarität" in Bezug auf Frauen.

Ein gemeinsames Ziel der Angriffe der etablierten Politiker am letzten Wahlkampf-Tag war der frühere Komiker Grillo, der mit der Bewegung "5 Sterne" zahlreiche Proteststimmen auf sich ziehen dürfte. Grillo selbst brüllte zum Abschluss ins Mikrofon: "Wir schicken sie alle nach Hause" und "Wir holen uns das Land zurück". Seine Anhänger auf der großen Piazza San Giovanni in Rom jubelten.

Auch Berlusconi teilte aus. Dieser "außerordentliche Hanswurst" namens Grillo werde noch Bersanis Partei zum Sieg verhelfen, die "unmenschlich und grausam" sei. Aber er wirkte angeschlagen. Wegen einer Bindehautentzündung kam er nicht nach Neapel zur Abschlusskundgebung seiner Partei, sondern ließ sich per Videobotschaft zuschalten. Ein halbe Stunde später war er dann im Fernsehen und wetterte gegen die "deutsche Rosskur", die Italien in die Rezession gebracht habe.

Die Wahllokale in Italien öffneten am Sonntagmorgen um 8.00 Uhr, gewählt werden kann bis 20.00 Uhr und zusätzlich am Montag von 07.00 Uhr bis 15.00 Uhr. Erste Ergebnisse werden für Montagnachmittag erwartet.

qu/wa/gmf (dpa, AP, afp, rtr)