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Kopflos

22. Februar 2007

Nach dem Sturz von Ministerpräsident Romano Prodi hat in Italien die schwierige Suche nach einer neuen Regierung begonnen. Beobachter halten eine Neuauflage des Kabinetts unter Prodis Führung für möglich.

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Romano Prodi (Archivbild)
Romano Prodi (Archivbild)Bild: AP

Nach dem Rücktritt der italienischen Regierung hat Staatspräsident Giorgio Napolitano am Donnerstag (22.2.07) mit führenden Abgeordneten Gespräche über einen Ausweg aus der Krise aufgenommen. Gleich zu Beginn der Konsultationen machte Napolitano deutlich, dass das nächste Kabinett über eine solide Mehrheit verfügen müsse. Er bat Prodi, die Amtsgeschäfte kommissarisch weiter zu führen.

Italienische Medien rechneten damit, dass Prodi erneut mit einer Regierungsbildung beauftragt werden könnte. Dafür müsse es aber zusätzliche Kräfte zur Unterstützung geben. "Das ist die wahrscheinlichste Lösung", sagte ein Fernseh-Kommentator. Napolitano könnte Prodi das Vertrauen aussprechen, einen anderen Vertreter der Parlamentsmehrheit zum Regierungschef ernennen, eine Übergangsregierung bestimmen oder mit einer Auflösung des Parlaments Neuwahlen einleiten.

Einigung frühestens am Wochenende

Rechte Demonstranten vor Prodis Amtssitz, dem Palazzo Chigi, Quelle: AP
Rechte Demonstranten vor Prodis Amtssitz, dem Palazzo ChigiBild: AP

Dario Franceschini vom Mitte-links-Bündnis Olivenbaum kündigte weitere Unterstützung für Prodi an: "Wir sind bereit, unser volles Vertrauen in Prodi zu bestätigen." Allerdings stellte Prodi bereits klar, dass er nur dann erneut zur Regierungsübernahme bereit sei, wenn er über eine "eisenharte Mehrheit" verfüge. Außerdem wolle er in einer neuen Koalition "mehr Handlungsspielraum", zitierte ihn die römische Zeitung "La Repubblica". Mit einer Einigung über eine neue Regierung sei frühestens am Wochenende zu rechnen, hieß es in Rom.

Die Opposition forderte einen politischen Neuanfang. Es müsse so schnell wie möglich ein neues Wahlrecht geschaffen werden, das klare Mehrheiten garantiert. Dazu solle es für kurze Zeit eine Übergangsregierung geben. Wenn Prodi weitermachen sollte, müsse das Land den Preis dafür bezahlen, sagte der Christdemokrat Pier Ferdinando Casini am Abend im staatlichen Fernsehen. Unklar blieb zunächst, ob der im April 2006 abgewählte Silvio Berlusconi die Regierungsbildung beanspruchen will. Eine neue Regierung muss sich zunächst einer Vertrauensfrage im Parlament stellen.

"Breitere Basis"

Zum Beginn seiner Gespräche über eine Regierungsbildung traf Napolitano mit Senatspräsident Franco Marini sowie dem Präsidenten der Abgeordnetenkammer, Fausto Bertinotti, zusammen. Am Freitag wollte er die Möglichkeiten mit den Führern der großen Parteien ausloten. Es habe keinen Sinn, Prodi nochmals zu beauftragen, solange dieser keine stabile Koalition hinter sich bringe, meinte Napolitano. Die Beratungen sollen zunächst bis Freitagabend dauern.

Zur Überwindung der Krise fassen Politiker der bisherigen Mitte-links-Koalition vor allem die Möglichkeit ins Auge, "die Koalition auf eine breitere Basis zu stellen". Es könnten etwa einzelne Politiker der christdemokratischen Oppositionspartei UDC zur Unterstützung gewonnen werden, hieß es. UDC-Politiker lehnten eine solche Lösung in ersten Reaktionen strikt ab. Eine solche Vorstellung sei "eine Beleidigung".

"Ideologische Verbohrtheit"

Prodi war am Mittwoch nach nur neun Monaten zurückgetreten. Senatoren der Kommunisten und Grünen hatten ihm bei einer Abstimmung über die Außenpolitik und die weitere Stationierung von knapp 2000 Soldaten in Afghanistan die Mehrheit versagt.

Viele italienische Zeitungen kommentierten die Abstimmungsniederlage, die offenbar durch die Enthaltung von zwei Senatoren auf Lebenszeit sowie von zwei Kommunisten herbeigeführt worden war, als "schwere Krise". Das Abstimmungsverhalten der beiden kommunistischen Senatoren sei angesichts der Regierungskrise und des Risikos einer Rückkehr von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi ein Zeichen für "ideologische Verbohrtheit", schrieb "La Repubblica". "In dieser Koalition fehlt es an Leidenschaft, an einem Sinn für ein gemeinsames Schicksal", kommentierte "Il Sole 24". (stu)