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Kirche gegen Abschiebungen

23. August 2010

Italiens Innenminister Maroni verteidigt die Abschiebungen von Roma aus Frankreich und Italien. Geistliche kritisieren dies heftig. Auch der Papst hat sich in die Debatte eingeschaltet.

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Italiens Innenminister Roberto Maroni (Foto: AP)
Innenminister Roberto Maroni lobt FrankreichBild: AP

In Rom ist ein Streit zwischen dem Vatikan und der italienischen Regierung über den Umgang mit Roma aus Rumänien und Bulgarien entbrannt. Innenminister Roberto Maroni hatte in einem Interview gegenüber der Tageszeitung "Corriere della Serra" am 21.08.2010 gefordert, dass auch EU-Bürger abgeschoben werden dürfen, solange sie nicht nachweisen können, dass sie in der Lage sind selbst für ihren Unterhalt und Unterkunft aufzukommen. Er werde das Thema auf einer Sitzung der EU Innen- und Justizminister in Paris am 6. September ansprechen.

Eine Romafamilie vor einem Bretterverschlag in einem Pariser Vorort (Foto: AP)
Vertreibungen verhindern die IntegrationBild: AP

Der Politiker der immigrations-feindlichen Partei Lega-Nord hatte zuvor die Abschiebung von Roma aus Frankreich nach Rumänien gelobt, die am 19.08.2010 begonnen hatte. Er betonte Italien wende seit Jahren diese "Methode der freiwilligen und unterstützten Rückführung" an. Bis Ende August plant Frankreich die Abschiebung von über 700 Roma.

Abschiebungen lösen Probleme nicht

Daraufhin warnte der Direktor der Fachstelle für Migrationsfragen bei der Italienischen Bischofskonferenz, Giancarlo Perego, vor einer Diskriminierung der Betroffenen. Die Regierung könne nicht eigenständig über EU-Politik entscheiden, so Perego im "Radio Vatikan". Er warnte davor, dass eine unterschiedslose Abschiebung von Roma den eigentlichen Problemen nicht gerecht werde.

Frankreich sei "leider dem Weg Italiens" gefolgt, der allerdings keinen Erfolg gezeigt habe, erklärte Perego. In Italien habe die Politik der gewaltsamen Auflösung illegaler Lager und der Abschiebungen lediglich zum Entstehen neuer illegaler Siedlungen geführt und die schulische Integration von Kindern zunichtegemacht. Er verwies darauf, dass 80 Prozent der in Italien lebenden Roma die dortige Staatsbürgerschaft besäßen.

Papst Benedikt XVI vor der Sommerresidenz Castel Gandolfo (Foto: AP)
Der Papst erinnert an christliche WerteBild: AP

Auch Papst Benedikt XVI schaltete sich indirekt in die Debatte ein. Er rief in seiner Sommerresidenz in Castel Gandolfo eine Gruppe französischer Pilger dazu auf, Menschen verschiedenster Herkunft willkommen zu heißen. Die heilige Schrift sei "eine Einladung, legitime Unterschiede zwischen den Menschen zu erkennen, so wie Jesus Menschen von allen Nationen und allen Sprachen zusammen gebracht hat." Auch rief er Eltern dazu auf "ihren Kindern universelle Brüderlichkeit" zu lehren.

Frankreichs Geistliche fordern Nächstenliebe ein

Bereits 2009 hatte Frankreich etwa 10.000 Roma nach Rumänien und Bulgarien abgeschoben, in diesem Jahr hat Präsident Nicolas Sarkozy jedoch erstmals Roma der organisierten Kriminalität bezichtigt und die Abschiebungen auch damit begründet.

Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaften und die französische Opposition hatten die Abschiebungen scharf kritisiert. Auch Vater Arthur, ein prominenter römisch-katholischer Geistlicher aus der nordfranzösischen Stadt Lille, kritisierte die Politik der Regierung in einem offenen Brief. Zudem lehnte er die Annahme einer Verdienstmedaille ab, die ihm Innenminister Brice Hortefeux verleihen sollte.

Polizisten räumen ein Roma-Lager in der Südfranzösischen Stadt Langlet (Foto: AP)
Menschenwürde in GefahrBild: AP

Er begründete seinen Verzicht auf die Würdigung damit, dass "die Roma-Gemeinschaft seit drei Jahren einem Krieg ausgesetzt" sei. Gegenüber Journalisten erklärte er nach einer Messe am 22.08.2010, dass er "für Herrn Sarkozy bete, damit er einen Herzinfarkt erleide." Allerdings erklärte er später, dass er seine Aussage bereue.

In Südfrankreich erklärte der Erzbischof von Aix-en-Provence und Arles, Christophe Dufour, es für "inakzeptabel", dass Roma als "Sicherheitsrisiko" gebrandmarkt würden. Dies suggeriere, dass es sich um "minderwertige Personen" handele. Er fügte hinzu, dass er selbst Augenzeuge einer Räumung eines illegalen Roma-Lagers geworden sei, und forderte die Behörden auf "die Würde der Menschen zu achten." Dufour betonte, dass es sich um "europäische Bürger" handele, "die für viele Jahre friedlich hier gelebt haben."

Autor: Fabian Schmidt (KNA, APN, DPA, AFP)
Redaktion: Gero Rueter