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IWF: Europas Banken zu schwach

8. Oktober 2014

Der Internationale Währungsfonds hält die meisten Banken der Eurozone für nicht stark genug: Ihre Kreditkapazität sei unzureichend und sie beförderten riskante Anleihegeschäfte. Das führe weltweit zu Instabilität.

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Bankenkrise Symbolbild
Bild: picture alliance/dpa

Sechs Jahre nach Beginn der globalen Finanzkrise sind viele Banken laut einer Analyse des Internationalen Währungsfonds (IWF) immer noch zu schwach. Vor allem in der Eurozone sei ein Großteil der Institute weiterhin nicht in der Lage, nachhaltig Kredite zur Stützung der Wirtschaft bereitzustellen, heißt es in einem Bericht der Organisation, der am Mittwoch in Washington veröffentlicht wurde. Diese Kraftlosigkeit des Bankwesens gefährde weltweit die Finanzstabilität.

Auch der Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), Jürgen Fitschen, vertritt die Meinung, dass die Ertragskraft der europäischen Banken vergleichsweise gering ist. Der deutsche Bankensektor sei aber stabiler denn je, sagte Fitschen in einem Zeitungsinterview.

Warnung vor den Schattenbanken

Der IWF untersuchte nach eigenen Angaben 300 große Banken in den Industrieländern. Insgesamt seien an den Bilanzsummen gemessen 40 Prozent der Banken nicht zu einer volkswirtschaftlich angemessenen Kreditvergabe in der Lage. In der Eurozone hätten sogar 70 Prozent das Problem.

Den Instituten gehe es durch Sanierungsmaßnahmen zwar meist gut genug, "um zu überleben". Das reiche aber nicht. "In vielen Ländern müssen die Banken Athleten sein, die die wirtschaftliche Erholung energisch unterstützen können", erklärte der Leiter der IWF-Finanzmarktabteilung, José Viñals, am Mittwoch.

Die Schwäche führt laut Währungsfonds dazu, dass sich Unternehmen benötigtes Geld auf andere Weise besorgen, etwa durch mit Hilfe von Anleihefonds. Die in deren Portfolios gehaltenen Kreditinstrumente hätten sich seit 2007 verdoppelt. Viñals erklärte, dass diese Fonds lediglich eine "Illusion von Liquidität" darstellten. Denn bei Turbulenzen an den Finanzmärkten könnten sie schnell an Wert verlieren, was eine Kettenreaktion auslösen könnte. "Die Risiken verlagern sich in das System der Schattenbanken", warnte er. "Wenn darauf nicht eingegangen wird, könnten diese Risiken die globale Finanzstabilität gefährden."

"Vielleicht gibt es zu viele Banken"

Hintergrund der Warnung ist, dass viele Banken heute aus IWF-Sicht mit der Vergabe von Krediten nicht genügend Gewinn erwirtschaften können, um ihre Kapitalbasis zu stärken. "Diese Banken müssen ihr Geschäftsmodell noch fundamentaler überholen", meinte Viñals. Dafür müssten etwa Leistungsangebote teurer gemacht, verändert oder gestrichen werden. Quersubventionierungen von Geschäftsbereichen seien zu überdenken. Und wenn eine Bank die notwendige Profitabilität dennoch nicht erreichen kann, sollte sie nach IWF-Ansicht den Markt ganz verlassen. "Vielleicht gibt es in manchen Teilen der Welt zu viele Banken", sagte Viñals.

Auch Bankenpräsident Fitschen sieht die Ertragskraft der europäischen Banken als vergleichsweise gering. "Deswegen kann es sicherlich dazu kommen, dass in der Eurozone noch die eine oder andere Bank in Schwierigkeiten gerät oder bei einem schlagkräftigeren Institut andocken muss", sagte der Co-Chef der Deutschen Bank in seiner Funktion als BdB-Präsident.

Ruf nach dem Gesetzgeber

Deutschlands Banken können Fitschens Einschätzung nach aber den Test-Ergebnissen der Europäischen Zentralbank (EZB) gelassen entgegensehen. Die Institute hätten mehr Eigenkapital, das Risikomanagement sei verbessert und der Personalapparat verschlankt worden: "Deswegen können wir dem Ergebnis ohne Nervosität entgegensehen", sagte Fitschen. Die Ergebnisse des Stresstests für europäische Banken, in denen sie ihre Krisenfestigkeit nachweisen sollen, werden für die zweite Oktoberhälfte erwartet.

Obwohl die Zentralbanken dem Bankensystem fast kostenlos Geld bereitstellten, komme es nicht ausreichend in der "echten Volkswirtschaft" an, beklagt der IWF. Zwar habe die lockere Geldpolitik geholfen, dass Konsumenten wieder mehr ausgeben und Firmen neue Arbeitsplätze schafften. Doch mehr noch habe das billige Geld ermutigt, an den Finanzmärkten höhere Risiken einzugehen. Gefragt sei nun eine höhere Risikobereitschaft auch in der realen Wirtschaft, um das Wachstum anzukurbeln, erklärte Viñals. Es sei Aufgabe der Gesetzgeber, "die Übertragung der Geldpolitik in die echte Ökonomie zu verbessern".

dk/sc (dpa)