1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Warnung

16. Dezember 2011

Die IWF-Chefin Christine Lagarde hält die Aussichten für die Weltwirtschaft für ziemlich düster. Als größte Gefahrenquelle hat sie die Staaten der Eurozone ausgemacht. Zugleich mahnt sie bei den Finanzmärkten Geduld an.

https://p.dw.com/p/13U7x
Warnschild "Gefahr - dünnes Eis" (Foto: Sascha Burkhard)
Die Weltwirtschaft bewegt sich auf dünnem EisBild: fotolia/Sascha Burkard
International Monetary Fund (IMF) Managing Director Christine Lagarde (Foto: dapd)
Lagarde: Fehler der 30er Jahre nicht wiederholenBild: dapd

Christine Lagarde, die Französin an der Spitze des Internationalen Währungsfonds IWF, trägt lieber einen Pinselstrich mehr auf, damit ihre Botschaft auch gehört wird: "Der Ausblick auf die Weltwirtschaft ist im Augenblick nicht besonders rosig. Er ist ziemlich düster", sagte sie am Donnerstagabend (15.12.2011) in Washington. Um zu verhindern, dass sich die Krise zu einer weltweiten Depression entwickelt, sei das Handeln aller Länder, vor allem aber der Europäer gefordert. Keine Volkswirtschaft der Welt sei vor dem Abwärtstrend immun. Hauptursache der globalen Gefahren seien die Probleme in der Eurozone.

Die IWF-Chefin verglich die Situation mit den 1930er Jahren, bevor der Zweite Weltkrieg ausbrach. Während der Großen Depression hätten Protektionismus und Isolation die internationale Politik bestimmt. Diese Fehler dürfe man nicht wiederholen. Eine klare Anspielung auf die erfolglosen Bemühungen bei der Welthandelsorganisation WTO zu einer Liberalisierung des Welthandels.

Warnung vor Protektionismus

WTO-Direktor Pascal Lamy (Foto: dapd)
Lamy: Protektionismus verhindert WachstumBild: AP

Ebenfalls am Donnerstag hatte WTO-Chef Pascal Lamy gewarnt, der Welthandel stehe wegen des Stillstands bei den Doha-Verhandlungen zum weiteren Abbau von Handelsschranken am Scheideweg. Angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise seien Fortschritte bei der Liberalisierung dringender denn je. Protektionismus in vielen Ländern verhindere Wachstum und koste die Weltwirtschaft jedes Jahr rund 800 Milliarden Dollar.

Auch EZB-Präsident Mario Draghi glaubt, dass ein Rückgang der Konjunktur in Europa nicht mehr zu vermeiden ist. Die Sparmaßnahmen der Regierungen in der Eurokrise würden zunächst das Wachstum belasten und zu einer Schrumpfung führen, sagte er am Donnerstag in Berlin. "Die Krise ist noch nicht beendet". Mittelfristig müsse das Wirtschaftswachstum durch tiefgreifende Reformen gestärkt werden. Gleichzeitig rechnet er damit, dass die Inflation im Euroraum im nächsten Jahr auf zwei Prozent und 2013 sogar darunter fällt.

Euroland als Kern der Krise

EZB-Präsident Mario Draghi in Berlin (Foto: dapd)
Draghi: Die Krise ist noch nicht beendetBild: AP

Erst vor gut zwei Wochen hatte auch die OECD ihre Prognosen für das Wachstum der Weltwirtschaft im kommenden Jahr nach unten korrigiert und auf große Ungleichgewichte verwiesen. Für die weltweit führenden Volkswirtschaften (G20) erwartet die Organisation 2012 einen Zuwachs von 3,8 Prozent. Dieser Durchschnittswert verberge aber riesige Unterschiede.

Während Schwellenländer wie China immer noch auf hohe Wachstumsraten hoffen könnten, drohe in manchen Euro-Staaten teilweise sogar ein Schrumpfen der Wirtschaftsleistung. Sollten die finanziellen Rahmenbedingungen wieder so schlecht werden wie im Zeitraum Mitte 2007 bis Anfang 2009, könne dies bis Mitte 2013 in einigen OECD-Ländern zu einem Absinken der Wirtschaftsleistung von bis zu fünf Prozent führen.

Lagarde forderte, die Wirtschaftsprobleme durch Zusammenarbeit in den Griff zu bekommen. "Sie muss im derzeitigen Kern der Krise beginnen, der offensichtlich in den europäischen Staaten liegt und besonders in den Ländern der Eurozone", sagte sie. Die Eurozone sei eine "Währungsunion, die nicht richtig in einer ökonomischen und haushaltspolitischen Union vollendet wurde." Die europäischen Regierungschefs hätten gewaltige Herausforderungen zu bewältigen. Dabei müssten auch die Finanzmärkte mehr Geduld beweisen. In Demokratien fielen wichtige Entscheidungen nicht über Nacht, "die Dinge brauchen Zeit", sagte sie.

Autor: Rolf Wenkel (mit dpa, rtr, dapd)
Redaktion: Henrik Böhme