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IWF: Weltwirtschaft bleibt auf Wachstumskurs

10. Oktober 2017

Der Währungsfonds hebt seine Prognose für die Weltwirtschaft leicht an. Deutschlands Volkswirtschaft werde stabil wachsen. Probleme sieht der IWF in Großbritannien, Indien und den USA.

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Containerhafen von Singapur
Bild: picture-alliance/nordphoto/D. Mathis

Die Konjunkturaussichten in Deutschland und in vielen anderen Teilen der Welt haben sich nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) aufgehellt. Der Fonds hob daher seine Prognosen für die Weltwirtschaft an.

Die weltweite Wirtschaftsleistung werde in diesem Jahr um 3,6 Prozent und im nächsten Jahr um 3,7 Prozent nach oben gehen, kündigte IWF-Chefvolkswirt Maurice Obstfeld bei der Vorstellung des Weltwirtschaftsberichts am Dienstag in Washington an. Dies bedeutet eine Anhebung um jeweils 0,1 Prozentpunkte im Vergleich zu den Prognosen im April und im Juli.

2016 war die Weltwirtschaft um 3,2 Prozent gewachsen - der geringste Anstieg seit dem Finanzkrisenjahr 2008. "Die Erholung der Weltwirtschaft setzt sich fort und gewinnt an Tempo", sagte Obstfeld.

Die Industrieländer können demnach um 2,2 Prozent (2017) und 2,0 Prozent (2018) zulegen, etwas stärker als noch im Juli angenommen. Deutlich größer ist das Wachstum in den Entwicklungs- und Schwellenländern mit 4,6 Prozent (2017) und 4,9 Prozent (2018).

In vielen entwickelten Ländern sei besonders die niedrige Inflation ein Problem - sie erlaube es den Zentralbanken nicht, die Zinsen anzuheben. Somit bleibe wenig Spielraum zum Reagieren, sollte es zu einem Abschwung kommen. "Die wirtschaftliche Erholung ist unvollkommen", sagte Obstfeld. Vor allem lasse ein nachhaltiges Wachstum bei den Löhnen und Gehältern in vielen Ländern auf sich warten.

Deutschland bleibt stabil

Deutschland wird der Prognose zufolge in diesem Jahr um 2,0 und im nächsten um 1,8 Prozent wachsen. Das sind 0,2 Punkte mehr als noch im Juli vorhergesagt.

Die Wirtschaft in der Eurozone wird laut IWF im Schnitt um 2,1 Prozent (2017) und 1,9 Prozent (2018) zulegen. Dabei dürfe sie nicht nachlassen, die weiter bestehenden Risiken im Bankensektor zu bekämpfen, sagte Obstfeld.

Schwächer entwickelt sich das Brexit-geplagte Großbritannien (1,7% in 2017, 1,5% in 2018). Das liegt vor allem an der Unsicherheit über den Austritt des Landes aus der Europäischen Union.

"Wir hoffen, dass die Verhandlungen [zwischen Großbritannien und der EU] konstruktiv verlaufen, doch die Zeit läuft davon", sagte Obstfeld. "Unsicherheit ist für alle Beteiligten schlecht. Und ein Brexit, bei dem alles offen ist, bringt viel Unsicherheit."

Auch mit Blick auf die von Donald Trump regierten USA sprach Obstfeld von "signifikanten politischen Unsicherheiten". Er bezog sich damit auf die Neuverhandlung der Nordamerikanischen Freihandelszone, auch bei den Plänen zur Steuerreform seien noch viele Details unklar. Laut IWF wird die größte Volkswirtschaft der Welt in diesem Jahr um 2,2 Prozent, im nächsten um 2,3 Prozent wachsen.

Russland und Brasilien wachsen wieder

Für Indien reduzierte der IWF seine Prognose für das laufende Jahr deutlich um 0,5 Prozentpunkte. Das liegt laut Obstfeld an der problematischen Bargeldreform und der Einführung einer landesweiten Umsatzsteuer. "Das ist aber nur ein kleiner Ausrutscher, denn langfristig sieht das Bild positiv aus", sagte Obstfeld.

Mit 7,4 Prozent im nächsten Jahr traut der IWF Indien noch immer den stärksten Schub unter den großen Volkswirtschaften zu - erneut stärker als China, das mit 6,8 Prozent (2017) und 6,5 Prozent (2018) wächst. In China sei vor allem die hohe Verschuldung von Unternehmen ein Problem. "Kurzfristig bringen Schulden Wachstum, aber wenn die Zinsen steigen, werden sie zum Problem", sagte Obstfeld. Reformen seien hier dringend nötig. "Die chinesische Führung hat das verstanden."

Die großen Schwellenländer Russland und Brasilien hatten in den vergangenen Jahren mit einer schrumpfenden Wirtschaft zu kämpfen. Hier sieht der IWF eine deutlich positive Entwicklung. Russland Wirtschaft werden um 1,8 Prozent (2017) und 1,6 Prozent (2018) zulegen, Brasilien um 0,7 Prozent (2017) und 1,5 Prozent (2018).

Auch in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara bessert sich die Lage langsam, 2018 werde die Wirtschaft dort im Schnitt wieder um 3,4 Prozent wachsen.

Große Unterschiede in Afrika

Allerdings unterscheidet sich die Situation von Land zu Land stark. "Wachstumstreiber waren die großen Volkswirtschaften wie Nigeria, Südafrika und Angola", sagte IWF-Forscherin Oya Celasun. So habe sich die Ölproduktion in Nigeria erhöht, und in Südafrika habe sich die Landwirtschaft von den Folgen der Dürre etwas erholt. "Auch wenn sich einiges verbessert hat", so Celasun, "ein starkes Signal für Wachstum ist das noch nicht." Immerhin aber wachse rund ein Drittel der 54 afrikanischen Länder mit Raten von um die fünf Prozent.

Grundsätzlich sind in der Entwicklung der Schwellenländer große Unterschiede auszumachen, so der IWF. "Es gibt 34 Länder, in denen sich das Wachstum pro Kopf verringert hat", sagte IWF-Forscher Gian Maria Milesi-Ferretti. "Von diesen 34 sind 21 Rohstoff-Exporteure."

Hausaufgaben nicht vergessen! 

Insgesamt biete die aktuell günstige globale Wirtschaftslage eine gute Möglichkeit, sich für schlechtere Zeiten zu wappnen, mahnte der Fonds. IWF-Chefvolkswirt Maurice Obstfeld sprach von einem guten Zeitpunkt, um notwendige Strukturreformen umzusetzen. Einige Länder sollten ferner ihre angeschwollene Verschuldung schrittweise zurückführen und Polster gegen die nächste Rezession aufbauen.

Vor einer großen Aufgabe stehen Obstfeld zufolge auch die Notenbanken, die in den zurückliegenden Krisenjahren ihre Geldpolitik massiv gelockert haben. Sie müssten nun auf dem Weg zur geldpolitischen Normalität behutsam vorgehen und ihr Vorgehen umsichtig kommunizieren.

bea/hb/iw (dpa,rtr)