1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Jahrzehntelange Einzelhaft geht weiter

12. Juni 2015

Der seit 43 Jahren in Einzelhaft sitzende US-Häftling Albert Woodfox kommt vorerst nicht auf freien Fuß. Ein Berufungsgericht bestätigte die weitere Inhaftierung des ehemaligen Mitglieds der Black Panther Party.

https://p.dw.com/p/1FgYo
US-Häftling Albert Woodfox (Foto: Reuters)
Bild: Reuters//Courtesy of Angola3.org/Handout

Er ist der am längsten in Isolationshaft sitzende Gefängnisinsasse der USA: Albert Woodfox war 1972 gemeinsam mit zwei weiteren mutmaßlichen Tätern wegen Mordes an einem Aufseher während einer Gefängnisrevolte im berüchtigten "Angola"-Gefängnis in Louisiana verurteilt worden. Zweifel an seiner Schuld wurden jedoch nie ausgeräumt. Auch deshalb hatte ein Bundesrichter am Montag Woodfox' Freilassung angeordnet.

Doch nun gab ein Berufungsgericht dem Einspruch der Generalstaatsanwaltschaft im Bundesstaat Louisiana statt. Die Anklage hatte die angeordnete Freilassung angefochten. Der 68-Jährige soll nun so lange weiter in Haft bleiben, bis Louisianas Staatsanwalt die Berufung vor Gericht vorgetragen hat.

"Mangel an Vertrauen in den Staat"

Die Freilassung hatte der Richter James Brady am Montag mit der Begründung angeordnet, die von Woodfox stets beteuerte Unschuld werde durch Beweise gestützt. So hatte Woodfox unter anderem einen Zeugen benannt, der ihn entlastete, und einen Lügendetektortest bestanden. Brady verbot auch ein neues Verfahren gegen den in zwei Prozessen 1973 und 1988 verurteilten Mann. Beide Urteile waren im Nachhinein wegen Verfahrensfehlern kassiert worden; Woodfox wartete im Gefängnis auf einen neuen Prozess.

Albert Woodfox (l.) und Mithäftling Herman Wallace auf einem undatierten, von der Website angola3.org verbreiteten Foto (Foto: EPA)
Albert Woodfox (l.) und Mithäftling Herman Wallace auf einem undatierten, von der Website angola3.org verbreiteten FotoBild: picture-alliance/dpa//angola3.org

Brady listete fünf "außergewöhnliche Umstände" auf, die Woodfox' Freilassung rechtfertigten, darunter dessen Alter, sein "schlechter Gesundheitszustand" und der Schaden, den mehr als 40 Jahre Einzelhaft bei ihm angerichtet hätten. Vor allem nannte er aber "einen Mangel an Vertrauen in den Staat", einen "fairen dritten Prozess" zu gewährleisten. Nach bereits zwei Prozessen sei ein dritter wegen eines Verbrechens, das vor mehr als 40 Jahren begangen worden sei, unzumutbar. Die Staatsanwaltschaft kritisierte, das Gericht setze einen verurteilten Straftäter auf freien Fuß.

Als Albert Woodfox wegen eines bewaffneten Raubüberfalls im Gefängnis der amerikanischen Stadt Angola inhaftiert wurde, galt die Einrichtung im US-Bundesstaat Louisiana als Hölle unter den Haftanstalten. Mord, Vergewaltigungen und brutale Angriffe unter Insassen hatten Angola düstere Titel wie "Blutigstes Gefängnis Amerikas" und "Alcatraz des Südens" eingebracht. In den frühen 1970er Jahren starben im jährlichen Durchschnitt zwölf Häftlinge bei Messerstechereien.

Jahrzehnte auf fünf Quadratmetern

Woodfox gründete damals mit dem Bankräuber Herman Wallace einen Gefängnisverband der radikalen Black-Panther-Organisation - der militanten Gruppe also, die sich gewaltsam und mit Guerilla-Taktiken für die Rechte von Afroamerikanern einsetzte und in den 60er und 70er-Jahren in den USA Angst und Schrecken verbreitete. Mit einem weiteren Afroamerikaner namens Robert King nahmen die sogenannten Angola Three an Hungerstreiks und Arbeitsniederlegungen teil, um sich gegen die schlechte Behandlung durch Aufseher zu wehren.

Als bei einem Häftlingsaufstand der 23-jährige Aufseher Brent Miller mit 32 Stichwunden tot aufgefunden wurde, nahmen die Ermittler die Angola Three ins Visier. Woodfox wurde wegen Mordes verurteilt und in eine etwa 2,70 Meter lange und 1,80 Meter breiten Zelle gesteckt. Woodfox beteuerte stets, nur deshalb mit dem Mord in Verbindung gebracht worden zu sein, weil er die Black Panther mitorganisiert hatte.

Woodfox ist der einzige der drei Verurteilten, der noch inhaftiert ist. Rechtsaktivisten erklärten wiederholt, die jahrzehntelange Einzelhaft stehe für das Versagen des Justizsystems des Landes. Amnesty International hatte daher das Urteil vom Montag als "bedeutenden Schritt auf dem Weg zu Gerechtigkeit" gewürdigt.

stu/wl (afp, ap, dpa)