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Jan Eliasson: „Militärische Lösung in Syrien nicht möglich“

23. März 2012

Der neue stellvertretende UNO-Generalsekretär äußert sich im Interview der Deutschen Welle unter anderem zur Lage in Syrien.

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Zu der Frage nach der Doktrin der „responsibility to protect“ – dem Gebot der internationalen Schutzverantwortung – und dessen Anwendung in der Libyen-Krise:
Ich hoffe, dass der Libyen-Einsatz zur Diskussion verschiedener Aspekte führt, nämlich darüber, wie das Prinzip angewandt werden sollte. Es gab Kritik daran, wie der Einsatz durchgeführt wurde und ob dies im Rahmen dieses Schutz-Prinzips geschehen ist.
Ich denke, es ist sehr wichtig, das Prinzip der Schutzverantwortung zu erhalten und dass wir daran denken, es immer auf kollektiver Basis anzuwenden und auch das Element der Prävention zu beachten: Je eher wir agieren desto besser.

Zur Frage, ob eine „moralische Norm“ (Eliasson) auch in gleicher Weise auf Syrien anzuwenden ist, wie es für Libyen der Fall war:
Die Situationen sind unterschiedlich. Man kann nicht einen Einsatz, so wie er in Libyen war, exakt kopieren und auf Syrien anwenden. Der erste Unterschied ist, dass Länder wie Russland und China bezüglich Syrien ein Veto eingelegt haben. Doch es gibt auch unter vielen westlichen Mächten, auch denen im Sicherheitsrat, die Einschätzung, dass ein militärisches Eingreifen in Syrien nicht möglich ist.
Es ist eine komplett andere Situation; zum einen mit dem gänzlich anderen Militärwesen in Syrien und der sehr gefährlichen Lage zwischen den Nachbarländern Israel und Libanon gleich nebenan. Also ist eine militärische Lösung nicht möglich.
In dieser Situation hat der Generalsekretär nach meiner Meinung zwei sehr gute Züge gemacht: Er hat es geschafft, äußerst schwer zugängliche Gebiete für humanitäre Hilfe zu öffnen und außerdem hat er Kofi Annan für die politische Seite engagiert. Und ich denke, alle Mitgliedstaaten, eingeschlossen Russland und China, werden mit Kofi Annan kooperieren. Also denke ich, gibt es Hoffnung auf Fortschritt.


Zur Frage nach einem Präventivschlag Israels gegen den Iran und wie man diese verheerende Vision abwenden könne:
Das ist allerdings ein gefährlicher Ausblick. Ich denke, was jetzt gebraucht wird und eingeführt werden muss, ist ein ernst zu nehmendes politisches und diplomatisches Element. Ich hoffe, dass es Anstrengungen in Richtung eines Rüstungsstopps gibt. Wenn die Annahme existiert – und das tut sie –, dass Iran in Richtung nuklearer Aufrüstung geht, könnte ein Rüstungsstopp in Kombination mit gleichzeitigen Verhandlungen, die auf Beziehungen mit einem atomwaffenfreien Iran zielen, sowie der Einsatz von Sanktionen zu einer Entspannung der Situation führen. Denn wenn wir den Gedanken einer automatischen Entwicklung zulassen, ist dies allerdings eine sehr gefährliche Situation. Das könnte einen verheerenden Effekt auf beide Seiten haben.

Zur Frage, wie man den Iran von einer politischen Lösung überzeugen könnte:
Sie müssen bedenken, dass es internen Druck in drei Ländern bezüglich dieser Sache gibt: In Israel, in den USA, im Iran. Es gibt verschiedene Gruppen, die nach Macht streben, und man möchte nicht schwach erscheinen. Wie in allen diplomatischen Situationen wird es angestrebt, die Spannungen zu reduzieren, und gleichzeitig formal das Gesicht zu wahren.
Ich denke, dass ein politischer Prozess möglich ist, doch ist es höchste Zeit und ich hoffe, dass die Bemühungen schon jetzt in diesem Moment im Gange sind.

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23.03.2012