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Cordoba: Vom Sündenbock zum Publikumsliebling

Sarah Wiertz
2. Februar 2020

Im Dezember war der 1. FC Köln Tabellenletzter, seitdem holten nur die Bayern mehr Punkte: Nach dem souveränen Sieg gegen den SC Freiburg verschafft sich der "Effzeh" Luft im Abstiegskampf - auch dank eines Kolumbianers.

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1. Bundesliga 20. Spieltag | 1. FC Köln vs. SC Freiburg | Jhon Cordoba
Bild: picture-alliance/U. Hufnagel

Sie erhoben sich von ihren Sitzen, applaudierten minutenlang, einige riefen seinen Namen: Jhon Cordoba genoss diesen Moment sichtlich, obwohl er in dieser 81. Minute gerade ausgewechselt wurde. Der Kolumbianer umarmte seinen Trainer Markus Gisdol, zog seinen roten Trainingsanzug über und beobachtete die letzten zehn Minuten des Sonntagsspiels zwischen seinem FC Köln und dem SC Freiburg ganz entspannt. 

Noch zweimal konnte er die vereinsinterne Torhymne hören, insgesamt ertönte sie beim 4:0 (1:0)-Erfolg doppelt so oft. "Denn wenn et Trömmelche jeiht, dann stonn mer all parat, un mer trekken durch de Stadt, un jeder hätt jesaht: kölle Alaaf Alaaf, Kölle Alaaf!" Diesen Kölschen Refrain kann auch Cordoba mittlerweile mitsingen - einmal wurde das Lied heute auch wegen ihm gespielt. 

Das war in der 55. Minute, als der Freiburger Torwart Alexander Schwolow einen Ball von Jonas Hector nach vorne abprallen ließ und Cordoba genau richtig stand – ein klassisches Abstaubertor. Es ist der siebte Treffer für den 26-Jährigen in dieser Saison, alle erzielte er bisher im heimischen Stadion. 

"Das Rhein-Energie-Stadion ist mein Zuhause. Ich fühle mich dort unheimlich wohl", sagte Cordoba an diesem Wochenende gegenüber dem Kölner Express. "Ich liebe es, vor unseren Fans zu spielen und sie glücklich zu machen. Die Atmosphäre ist einzigartig."

Diese gegenseitige Zuneigung musste sich erst entwickeln. Am Anfang, als Cordoba 2017 für 17 Millionen vom FSV Mainz zum FC Köln wechselte, waren sowohl der Stürmer als auch die Fans frustriert, enttäuscht und wütend. Denn in seiner ersten Saison erzielte Cordoba kein einziges Tor, seine Erfolglosigkeit stand sinnbildlich für den Abstieg des "Effzehs" in die zweite Liga. 

Dafür lief die zweite Spielzeit für Cordoba umso besser. Mit seinen 20 Toren hatte er einen großen Anteil am direkten Aufstieg, die FC-Fans wählten ihn sogar zum besten Spieler der Saison. Zudem wurde er zum ersten Mal Papa. Doch das umfassende Glück währte nicht allzu lange. Zurück in der 1. Liga gelang Cordoba, der vor seiner Bundesligazeit zwei Jahre in Spanien spielte, erneut nicht viel - und in den ersten zehn Spieltagen kein einziges Tor. Mit der Rückkehr von Anthony Modeste war zudem die Stürmer-Konkurrenz wieder größer geworden. 

2. Bundesliga 2018 | Jhon Cordoba & Fans 1. FC Köln
Einst abgelehnt, nun geliebt: Jhon Cordoba und die "Effzeh"-FansBild: picture-alliance/dpa/M. Volkmann

Doch Cordoba ist ein Kämpfer, auf und neben dem Platz. Die schwierige Zeit hat ihn, wie er selber sagt, "stärker gemacht", zudem wirkt er gelassener. Modeste kann nicht annähernd an seine alten Zeiten beim FC anknüpfen, auch Torjäger Simon Terodde hadert derzeit mit seiner Leistung. Am 12. Spieltag kam mit Markus Gisdol ein neuer Trainer zum FC, der Cordoba Vertrauen und viel Einsatzzeiten schenkt. Die Bilanz: sieben Tore in neun Spielen. 

Vor allem mit Winter-Neuzugang Mark Uth harmoniert Cordoba sehr gut. Beim vergangen Heimsieg gegen den VfL Wolfsburg waren die beiden das Traum-Duo auf dem Platz und auch an diesem Wochenende gegen den SC Freiburg schuf Uth aus der zweiten Reihe immer wieder Räume für Cordoba.

Obwohl sein Tor heute anderes vermuten lässt, ist Cordoba kein reiner Knipser, der ganz vorne auf Bälle wartet. Er arbeitet auch nach hinten mit und kann auf die Flügel ausweichen. Er ist agil und schnell, trotz seiner 1,88 Meter Körpergröße und seiner robusten Spielweise. Diese Eigenschaften machen ihn, dessen Vertrag nächste Saison ausläuft, auch interessant für Klubs aus der Premier League.

Das wissen auch der FC Köln und seine Fans. Nachdem sie Cordoba einst so schnell wie möglich wieder loswerden wollten, haben sie nun Angst, ihn bald zu verlieren. 

DW Kommentarbild Sarah Wiertz
Sarah Wiertz Teamleiterin Sport Online