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Joachim Löw, der Macher

Stefan Nestler4. Juni 2012

Deutschland ist neben Titelverteidiger Spanien Topfavorit der Europameisterschaft in Polen und der Ukraine. Der Aufschwung des deutschen Teams ist nicht zuletzt das Verdienst des Bundestrainers.

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Löw jongliert bei einem Pressetermin einen Fußball auf dem Finger. Foto: Reuters
Bild: Reuters

"Der mächtigste Mann Deutschlands". So bezeichnete ein Fernsehmoderator vor kurzem Bundestrainer Joachim Löw. Sicherlich übertrieben. Doch in einem Land mit Millionen selbst ernannter Fußballexperten ist der Chef der Nationalmannschaft eben nicht irgendwer. Joachim Löw steht wie kein Zweiter für den Aufschwung des deutschen Fußballs in den vergangenen Jahren. Der 52-Jährige genießt bei Fans und Fachleuten einen tadellosen Ruf. Seit Sepp Herberger war wohl kein Bundestrainer mehr so wenig umstritten.

Rekordtorschütze in Freiburg

Dabei war die Karriere "Jogi" Löws keinesfalls ein Selbstläufer. Als Fußballspieler gelang dem gelernten Großhandelskaufmann der ganz große Sprung nicht. Auf insgesamt 52 Bundesligaspiele und sieben Tore brachte es der Offensivspieler, der beim VfB Stuttgart, Eintracht Frankfurt und dem Karlsruher SC unter Vertrag stand. Erfolgreicher war Löw bei seinem Heimatverein SC Freiburg, der damals noch in der zweiten Liga spielte. Bis heute wird Löw bei den Freiburgern mit 81 Treffern in 252 Spielen als Rekordtorschütze geführt.

Bundestrainer Joachim Löw vor DFB-Logo. Foto: dpa
Seit 2004 steht Löw in Diensten des DFB, seit 2006 als BundestrainerBild: picture-alliance/dpa

Erfolgreich aufgerückt

Als Trainer setzte Löw 1997 ein erstes Ausrufezeichen, als er den VfB Stuttgart zum DFB-Pokalsieg führte. Mit dem FC Tirol Innsbruck wurde Löw 2002 österreichischer Meister. Andere Trainerstationen verliefen weniger erfolgreich. 2004 heuerte Joachim Löw beim DFB an: als Co-Trainer neben Teamchef Jürgen Klinsmann. Das Duo "rockte" die Nationalmannschaft. Bei der Heim-WM 2006 stand Deutschland Kopf, das "Sommermärchen" endete mit Platz drei. Nach dem Turnier trat Klinsmann ab, Löw rückte in die erste Reihe. Seine Bilanz kann sich sehen lassen: Zweiter bei der EM 2008, Dritter bei der WM 2010, EM-Favorit 2012. Bei der Weltmeisterschaft in Südafrika habe die junge deutsche Mannschaft "den unterhaltsamsten Fußball gespielt und die WM vor spielerischer Langeweile gerettet", schrieb die französische Zeitung "L'Equipe" und wählte Löw zum Trainer des Jahres 2010.

Schnell nach vorn

"Ich habe daran geglaubt, dass es im deutschen Fußball dauerhaft aufwärts geht, wenn wir einen technischeren Fußball spielen", sagte Löw in einem Interview. "Und das Schöne ist: Ich habe inzwischen die Spieler dafür." Der Bundestrainer fördert und fordert konsequent junge Talente. Altgediente Spieler wie Michael Ballack oder Torsten Frings musterte Löw aus – nicht immer auf die feine Art. Löw will Nationalspieler, die seine Vorstellung von modernem Fußball hundertprozentig umsetzen: "Wir wollen kombinieren, flach und vertikal spielen. Wir wollen Spielkultur schon aus der Defensive heraus."

Risikofreudig und modebewusst

Sicherheitsfußball ist nicht seine Sache. "Ein guter Trainer ist für mich derjenige, der Mut und hohe Risikofreude hat", sagt Löw, der auch privat den Nervenkitzel liebt. "Früher war ich auch schon mal gerne im Casino. Roulette fand ich spannend." Auch den Kilimandscharo, den höchsten Berg Afrikas, hat er schon bestiegen. Löw lebt mit seiner Frau Daniela, mit der er seit 1986 verheiratet ist, in einem kleinen Dorf nahe Freiburg: "Mein Zuhause ist eine Oase der Ruhe, der Entspannung und der Muße. Wo ich mal ein gutes Buch lesen, Freunde einladen kann. Oder einfach auf dem Sofa liegen, einen schönen Teller Spaghetti, ein Glas Rotwein dazu, und einen tollen Thriller anschauen." Löw bezeichnet sich als "Gelegenheitsraucher" und gesteht eine Schwäche für Süßigkeiten ein.

07.09.2010, Fussball EM-Qualifikationsspiel, Deutschland - Bundestrainer Löw vor der deutschen Ersatzbank. Foto: dpa
Löw verlangt Konzentration in jeder SpielminuteBild: picture-alliance/M.i.S.-Sportpressefoto

Der Bundestrainer hat auch ein Faible für stilvolle Kleidung. Im Trainingsanzug wird man ihn nicht auf der Trainerbank sehen. "Flügelhemden und Badelatschen können wir uns nicht mehr leisten", findet Joachim Löw. Vielleicht packt er ja bei der EM wieder seinen blauen Kaschmir-Pullover aus, der ihm bei WM 2010 in Südafrika so viel Glück gebracht hat.