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Joe Bidens größte Aufgabe: Corona bekämpfen

11. November 2020

Der künftige US-Präsident Joe Biden hat ehrgeizige Pläne zur Bekämpfung der Coronapandemie. Experten freuen sich auf einen neuen Führungsstil, der im Kampf gegen COVID-19 einen entscheidenden Unterschied machen könnte.

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USA Joe Biden mit Atemschutzmaske in Wilmington, Delaware
Bild: Jonathan Ernst/REUTERS

Biden machte dies bei seinem ersten Auftritt als designierter Präsident deutlich: Die Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie wird seine oberste Priorität sein.

"Leute, unsere Arbeit beginnt damit, COVID unter Kontrolle zu bringen", sagte Joe Biden in seiner Siegesrede am Samstagabend in Wilmington, Delaware. "Wir können nicht die Wirtschaft und unsere Vitalität  wieder auf einen guten Weg bringen oder die schönsten Momente in unserem Leben genießen - die Enkel umarmen, die Geburtstage und Hochzeiten feiern - bis wir das unter Kontrolle haben."

Der designierte Präsident versprach einen "Aktionsplan", der umgesetzt werden soll, sobald er am 20. Januar 2021 sein Amt antreten wird. "Dieser Plan wird auf dem Fundament der Wissenschaft gebaut", fügte Biden hinzu, "und konstruiert aus Mitgefühl, Empathie und Sorge."

Die Experten waren erleichtert zu hören, dass der künftige US-Präsident für den Rat von Wissenschaftlern und medizinischen Fachleuten offen sein wird.

"Ich bin sehr hoffnungsvoll und optimistisch, dass die Regierung Biden-Harris endlich eine föderale Antwort geben wird, die auf wissenschaftlichen Grundlagen beruht", sagt Ashwin Vasan, Arzt und Assistenzprofessor am Columbia University Medical Center in New York, gegenüber der DW. "Ich bin Arzt, Gesundheitswissenschaftler und Epidemiologe, daher bin ich natürlich begeistert, dass [Biden] plant, Menschen mit dieser Erfahrung in den Mittelpunkt seines COVID-Reaktionsteams und seines Plans zu stellen.

Die Impfstoff-Verteilung ist "eine große Herausforderung"

Biden hat eine Coronavirus-Taskforce mit drei Co-Vorsitzenden ins Leben gerufen, die alle über umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen im medizinischen Bereich verfügen: Vivek H. Murthy, David Kessler und Marcella Nunez-Smith.

Murthy war Leiter des öffentlichen Gesundheitsdienstes während der Obama-Regierung als Biden Vizepräsident war, und Kessler war Beauftragter der Food and Drug Administration (FDA) unter den Präsidenten George H.W. Bush und Bill Clinton. Beide haben den designierten Präsidenten seit Monaten über die Pandemie unterrichtet. Nunez-Smith ist außerordentliche Professorin für Medizin und Epidemiologie an der Yale School of Medicine, wo sie auch stellvertretende Dekanin für Health Equity Research und Gründungsdirektorin des Equity Research and Innovation Center ist. 

Die Taskforce hat nun eine Menge Arbeit vor sich. In den USA gibt es über zehn Millionen Coronavirus-Fälle und in jüngster Zeit mehr als 100.000 neue Fälle pro Tag - das sind mehr als während des ersten Ausbruchs der Pandemie im Frühjahr.

Die Ankündigung der deutschen Firma BioNTech und ihres US-Partners Pfizer vom Montag, dass sich ihr COVID-Impfstoff in der laufenden Phase III als zu 90 Prozent wirksam erwiesen hat, sehen die meisten Mediziner als erfreuliche Nachricht. Aber ein Erfolg in der Testphase heute ist nicht gleichbedeutend mit Impfstoffen für alle morgen. Und er endet eben auch nicht mit der Herstellung des Impfstoffs. Noch sind viele Fragen offen.

"Eines der wichtigsten Dinge, die [der zukünftige Präsident] zu tun hat, ist die Entwicklung eines Impfstoffverteilungsprogramms, das effizient und gerecht ist", sagt Vasan, der auch der Leiter des Fountain House ist, einer Organisation für psychische Gesundheit in New York.

"Sowohl auf der Produktions- als auch auf der Verteilungsseite ist das eine riesige Herausforderung, die vor uns liegt. Die US-Regierung ... muss nicht nur dafür sorgen, dass Impfstoffe hergestellt werden, sondern sie muss diese auch sinnvoll verteilen, wobei sie sich zunächst auf wichtige Arbeitskräfte, hoch exponierte und gefährdete Menschen konzentrieren muss."

Auf Bidens vorläufiger Website heißt es, dass seine und Harris' Regierung "die wirksame und gerechte Verteilung von Behandlungen und Impfstoffen planen wird - denn Entwicklung reicht nicht aus, wenn sie nicht wirksam verteilt werden".

"Leben können gerettet werden, wenn Amerikaner Masken tragen"

Die andere große Aufgabe für Biden: die Entpolitisierung des Maskentragens. Gegenwärtig gibt es einen Flickenteppich von Regeln, die von Staat zu Staat unterschiedlich sind. Wenn man durch republikanisch regierte Staaten wie South Dakota reist, ist es nicht ungewöhnlich, niemanden zu sehen, der eine Maske trägt, von Menschen auf der Straße bis hin zu Ladenbesuchern und nicht einmal Kellnern in Restaurants. Anderswo, wie in Washington DC, ist das Tragen einer Maske Pflicht, sobald man sein Zuhause verlässt. Die Mehrheit der Menschen hält sich daran.

Die Teilnehmer warten auf Donald Trump, der am 3. Juli 2020 bei den Feierlichkeiten zum US-Independence Day am Mount Rushmore in Keystone, South Dakota, USA, eine Rede halten wird.
3. Juli 2020: Die Teilnehmer der Veranstaltung zum Independence Day am Mount Rushmore in Keystone, South Dakota, warten auf Donald Trump. Masken tragen nur wenige von ihnen. Bild: Reuters/T. Brenner

"Experten sind sich einig, dass Zehntausende von Leben gerettet werden können, wenn die Amerikaner Masken tragen", heißt es auf der Website von Joe Biden. "Der designierte Präsident Biden wird weiterhin jeden Amerikaner auffordern, eine Maske zu tragen, wenn er sich in der Nähe von Menschen außerhalb seines Haushalts aufhält [und er ruft] jeden Gouverneur [auf] das in seinem Bundesstaat zur Pflicht machen."

Vasan begrüßt eine einheitliche Maskenpolitik des zukünftigen Präsidenten, der seit Beginn der Pandemie bei allen öffentlichen Auftritten einen Mund-Nasen-Schutz trägt, ganz im Gegensatz zu Präsident Donald Trump.

Der New Yorker Arzt sagt, dass mehr persönliche Schutzausrüstung (PSA) produziert werden müsse, damit ein nationales Maskenmandat funktioniert, doch er sei optimistisch.

"Wir haben seit dem Beginn der Pandemie über die Möglichkeiten gesprochen, die die Regierung hat, um die Industrie auf eine bestimmte Produktion auszurichten, aber diese wurde von der bisherigen Regierung nie voll ausgeschöpft", so Vasan.

Eine Regierung, die hilfreich ist, anstatt im Weg zu stehen

Er räumt ein, dass die Herstellung von PSA in großem Maßstab nicht einfach sein wird, aber dass sie unter einer entschlossenen Regierung möglich ist.

"Ich bin einfach sehr erfreut, echte Wissenschaftler und Führungskräfte im Amt zu wissen", betont Vasan. "Im Moment unternehmen sie alle richtigen Schritte. Es ist schön, ernsthafte Gespräche darüber führen zu können, wie die Pandemie bekämpft werden kann, anstatt diese chaotischen und falsch informierten Kämpfe zu führen, in denen es selbst um die grundlegende Natur dieser Pandemie geht."

Und Vasan fährt fort: "Wir treten in die schwierigste Phase der Pandemie hier in den Vereinigten Staaten ein. Wir haben viel zu tun, unabhängig davon, wer das Sagen hat. Jetzt hoffe ich, dass die Politik nicht im Weg steht, sondern tatsächlich ein Impulsgeber und Beschleuniger für starke Gegenmaßnahmen sein wird."

Carla Bleiker
Carla Bleiker Redakteurin, Channel Managerin und Reporterin mit Blick auf Wissenschaft und US-Politik.@cbleiker