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Joey Goebel: Vincent

Alexander Kudascheff16. September 2005

Ein Roman, dessen Handlung als Satire beginnt, sich in einen Alptraum verwandelt und am Ende zu Tränen rührt. Im Mittelpunkt steht ein Medienmagnat, der weiß, dass Kunst vom Kummer kommen soll …

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Das ist ohne Frage ein ungewöhnliches Buch. Ein Buch mit einer zumindest verschrobenen Idee als Ausgangspunkt. Ein todkranker Milliardär aus der Medienindustrie - mit Plattenfirmen und Buchverlagen - will Genies fördern. Seine Idee: junge Talente finden und ausbilden, in dem er sie ständig Unglück erleben lässt. Denn - so seine Vorstellung - nur ein tief unglücklicher Künstler ist ein guter Künstler.

Buchcover: Goebel - Vincent

Diese neuen Genies sollen den Schund der Musik- und Fernsehindustrie beiseite räumen, endlich niveauvolle Songs und Drehbücher schreiben. Dafür gründet der todkranke Milliardär eine Stiftung: New Renaissance, die neue Renaissance. Und er beauftragt einen Manager als Dauerbegleiter eines jungen Genies auf dessen Weg zum Erfolg. Doch dieser Weg ist im wahrsten Sinn des Sprichwortes steinig und hürdenreich. Und die meisten Steine in den Weg des aufstrebenden Genies legt der Manager selbst. Denn er weiß: Immer wenn der junge Künstler richtig unglücklich ist, schreibt er Meisterwerke.

Intime Kenntnisse des Musikbetriebs

Das ist der Plot des Romans "Vincent" von Joey Goebel. Goebel ist gerade einmal 25 Jahre alt und Vincent ist bereits sein zweiter Roman, der auf deutsch jetzt als erster erscheint. Sein Erstlingswerk "Freaks" erscheint nächstes Jahr. Goebel ist Schriftsteller, aber er war auch Punkrocker. Das erklärt die intimen Kenntnisse, die er über den Musikbetrieb, die schlechte Qualität der Lieder und der Texte hat.

Joey Goebel
Joey GoebelBild: pa/dpa

Ein Manager namens Harlan begleitet das Zuchtgenie Vincent von dessen Jugend an. Harlan entreißt ihn seiner Familie, seiner ebenso schönen wie drogensüchtigen Mutter und seinen Geschwistern. Er lotst ihn durch die Pubertät, durch die ersten Lieben, durch den ersten Rausch, durch die ersten Drogenerfahrungen. Er lässt ihn den fauligen Geschmack der Niederlagen, der Zurückweisungen spüren. Harlan treibt ihn voran, schürt seinen Ehrgeiz, ruiniert ihn seelisch und wirtschaftlich, um ihm neue Meisterwerke zu entreißen.

Ein furioses Buch

Der Erfolg, der sich einstellt - gefördert durch eben jene Platten-, Fernseh- und Buchindustrie, die er angeblich ablehnt - ist immer nur ein Vorgeschmack auf den nächsten Erfolg. Und Vincent, der Unglücksrabe, bleibt ein Außenseiter, dem im Leben nichts gelingt - bis, ja bis er auf einer Orgie plötzlich seiner Mutter als Vestalin gegenüber sitzt, die ihn über den Teufelspakt aufklärt.

Joey Goebel hat ein furioses Buch geschrieben. Mit Längen. Aber doch zupackend, spannend, hart in der Sprache und im Duktus. Und mit Rasanz erzählt.

Joey Goebel
Vincent
Diogenes, 2005
ISBN 3-257-06485-3
EUR 19,90