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Jordanier gegen Atom

Arwa Aburawa, Vanessa O'Brien / ad14. Juni 2013

Während Jordanien an Plänen für sein erstes Atomkraftwerk arbeitet, hält der Widerstand dagegen an. Umweltschützer sagen, dadurch werde zuviel Wasser verschwendet, während erneuerbare Energien vernachlässigt würden.

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Jordanian Greenpeace activists protest outside the premier's office in Amman on October 30, 2012 against the country's official resolution to establish a nuclear reactor for peaceful purposes in the east Jordanian desert area near Mafraq City. (Photo: Khalil Mazraawi/Getty Images)
Bild: AFP/Getty Images

Die Sorgen stehen Safa Al Jayoussi ins Gesicht geschrieben. Sie erklärt, warum Jordanien ihrer Meinung nach nicht mit dem bevorstehenden Einstieg in die Atomenergie zurecht kommen wird. Es sei eines der fünf trockensten Länder der Erde, sagt die jordanische Greenpeace-Aktivistin. Die neue Energiepolitik werde das Land nur noch weiter unter Druck setzen.

"Für Atomkraftwerke braucht man große Mengen Kühlwasser, meistens aus einem Fluss oder großen See", stellt sie im Gespräch mit der DW fest. "Aber in Jordanien haben wir eigentlich keine Wasserquellen." Sie macht sich ebenfalls Gedanken über einen möglichen Atomunfall, ähnlich der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima im März 2011.

"Man hat vorgeschlagen, 'graues Wasser', also gering verschmutztes Abwasser, aus einer Kläranlage zur Kühlung zu benutzen", sagt Al Jayoussi. "Doch wenn es dort nicht genug Wasser gibt, und das ist wahrscheinlich der Fall, dann kommt es zu riesigen Problemen, so wie in Fukushima."

Einstieg in die Atomkraft

Die Jordanische Atomenergiekommission (JAEC) gab 2009 den geplanten Bau von fünf Kernreaktoren bekannt. Sie sollen 2020 ans Netz gehen und 44 Prozent des Energiebedarfs des Landes decken, so die neugegründete Behörde.

Jordanien liegt zwischen Israel und Syrien, das Klima ist heiß und trocken. Es gibt keine nennenswerten Ölvorkommen. Regierungsstellen erklären, dass das Land 2012 rund 95 Prozent seines Energiebedarfs importieren musste. Die neuen Kernreaktoren sollen diese Abhängigkeit beenden.

Die Mujib-Talsperre liegt am Wadi Mujib etwa 100 km südlich von Amman in Jordanien (Photo: Dario Bajurin)
Jordanien hat ein heißes und sonniges Klima, aber kaum Ölvorkommen.Bild: Fotolia

"Im Moment zahlen wir jedes Jahr etwa 1,8 Milliarden US-Dollar (1,35 Milliarden Euro) für importierten Strom", sagt Kamal Araj, der stellvertretende JAEC-Vorsitzende. Atomkraft dagegen werde dem Land Energiesicherheit geben, argumentiert Araj. Bisher sei das problematisch gewesen.

"Atomkraft läuft 60 Jahre lang. Während sich die Preise für Öl, Gas und Diesel ständig verändern, wird der Preis für Atomstrom langfristig festgesetzt", sagte Araj im Gespräch mit der DW. Erneuerbare Energiequellen seien nicht brauchbar, da sie "nur 25 oder 30 Jahre laufen", meint Araj.

Wenn das erste Werk ans Netz geht, plant die Regierung Energie zu einem festen Preis vom Betreiber zu kaufen - das wäre deutlich günstiger als der jetztige Strompreis.

Und Solarstrom?

Arajs Ablehnung von erneuerbaren Energien teilen Safa Al Jayoussi und Basel Burgan vom Verbund der "Jordanischen Umweltfreunde" überhaupt nicht. In Jordanien scheine 330 Tage im Jahr die Sonne, so Burgan, und damit sei das Land der ideale Kandidat für Solarstrom.

"Die EU pachtet in Nordafrika Land für Solarprojekte", meint er. "Warum wenden wir uns der Atomenergie zu, ohne die Möglichkeiten der Solarenergie auszuloten?" Solarstrom sei zudem billiger geworden.

Auch Professor Steve Thomas, Atomexperte an der Greenwich Universität in London, hinterfragt das Argument, erneuerbare Energien seien für Jordanien keine realistische Option. Die Regierung behaupte zwar, erneuerbare Energien seien keine machbare Option, doch dabei seien "tatsächlich ihre Atomkraftpläne nicht durchführbar", sagte er gegenüber der DW. Er bezweifelt, ob Jordanien angesichts seiner schwachen Kreditwürdigkeit die Finanzierung des Projekts gelingt. Der Atomexperte fragt sich auch, ob die bauliche Ausführung und Sicherheitsstandards der Reaktoren angemessen sein werden. "Sie haben nicht den Hauch einer Chance, den Termin 2020 einzuhalten ", so Thomas.

Der Bedarf wächst

In der jordanischen Hauptstadt Amman surren Ventilatoren an den Decken überfüllter Geschäften, überall ertönt Musik, während junge Männer an Straßenecken in ihre Mobiltelefone sprechen. Das Leben auf den geschäftigen Straßen ist quirlig, und die Energierechnungen des Landes wachsen von Jahr zu Jahr.

Trotz einer vor kurzem eingebrachten Parlamentseingabe, alle Arbeiten an den Atomkraftwerken vorerst zu stoppen, und trotz anhaltender Proteste von Umweltschützern treibt Jordanien seine Atompläne voran. Die Tatsache, dass der jordanische König Abdullah II sich persönlich in die Debatte eingeschaltet hat, hat sicher dazu beigetragen, den Widerstand zu verringern.

Kamal Araj von der JAEC sagt, mit dem Bau des ersten Reaktors würde nicht vor 2017 begonnen werden, und gibt zu, dass seine Behörde bis dahin einige Herausforderungen zu meistern hat.

"In diesen vier Jahren wird viel über Verträge, Standort-Studien und die Arbeitsbedingungen diskutiert werden," fügte Araj hinzu.

"Viele Länder haben diese Prozess durchgemacht und sind zu dem Schluß gekommen, keine Atomkraftwerke zu bauen. Wir jedoch werden nicht aufgeben. Aber wir wollen sicherstellen, dass alle Voraussetzungen für ein sicheres und kosteneffizientes Atomkraftwerk erfüllt sind, bevor wir mit dem Bau beginnen," sagte er.