Journalistin setzt sich für Opfer in Kolumbien ein | Lateinamerika | DW | 05.09.2013
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Lateinamerika

Journalistin setzt sich für Opfer in Kolumbien ein

Das Multimediaprojekt "Proyecto Rosa" aus Kolumbien gibt denen eine Stimme, die keine haben. Dafür wurde es mit dem Deutschen Medienpreis Entwicklungspolitik ausgezeichnet. Marcela Peláez ist eine der Preisträgerinnen.

Marcela Peláez, Preifträgerin des Deutschen Medienpreis Entwicklungspolitik 2013 für Lateinamerika bei der Preisverleihung am 14. August 2013. *** Charlotte Hauswedell, Deutsche Welle

Verleihung Medienpreis Entwicklungspolitik 2013

Zehntausende Opfer des langen und blutigen Bürgerkriegs in Kolumbien tauchen in keiner Statikstik auf, sie sind die so genannten "Verschwundenen". Tausende weitere Menschen wurden in Folge des Kriegs von ihrem Land vertrieben. Deren Geschichte erzählt "Proyecto Rosa" der Journalistinnen Olga Lozano, Marcela Peláez und Juanita León. Benannt ist das Multimediaprojekt nach Rosa Amelia Hernández, die 2001 von ihrem Land vertrieben wurde und beschloss, gegen heftigen Widerstand für ihre Rechte zu kämpfen. Ihre Geschichte steht für das Schicksal vieler, erklärt Marcela Peláez.


Was bedeutet Ihnen die Auszeichnung des Deutschen Medienpreis Entwicklungspolitik für "Proyecto Rosa"?
Einen solchen Preis für "Proyecto Rosa" zu gewinnen, bedeutet sehr viel. Ein Ziel des Projekts war, Rosas Geschichte sowie die Realität der Opfer in Kolumbien über die Grenzen hinweg bekannt zu machen. Wir wollten eine lebendige Geschichte schaffen, die nicht nur für Rosa, sondern auch für die Tausenden Kolumbianer steht, die Opfer des Kriegs geworden sind. Mit der Auszeichnung aus Deutschland haben wir es geschafft, die Aufmerksamkeit aus anderen Teilen der Welt auf das zu lenken, was in unserem Land passiert.

Was war der herausragendste Eindruck in den Tagen, die sie anlässlich der Preisverleihung in Deutschland verbracht haben?

Ich war überrascht, dass ein Projekt wie "Proyecto Rosa" als bahnbrechend, originell und kreativ angesehen wurde, da Deutschland üblicherweise sehr fortgeschritten ist, was das betrifft. Ich war auch überrascht über das große Interesse an Rosas Geschichte, der Situation der Opfer und an den Friedensgesprächen in Kolumbien.

Was hat Sie bewegt, sich dem Thema der "Verschwundenen" in Kolumbien zu widmen?
Mit einer Crowd-Funding-Kampagne wollten wir von unseren Nutzern bei La Silla Vacía wissen, welches Thema wir auf unserer Plattform aufgreifen sollen. Ein Teil des Geldes sollte dann in die Recherche und die Produktion fließen. Die meisten Stimmen bekam das Thema der Opfer. Das hat uns alle überrascht, weil es sonst nie besonders beliebt ist in den Medien. Wir fingen also an, über neue Darstellungsformen nachzudenken - eine eigene Sprache, neue Formate und online-Anwendungen sollten die Geschichte lebendig machen. Wir wollten denen eine Stimme geben, die keine haben - in diesem Fall den Opfern.

"Proyecto Rosa" war eine Herausforderung für uns alle. Wir wollten beweisen, dass Journalismus nicht nur Informationsquelle, sondern auch ein Kunstwerk sein kann. Wir konnten Künstler und Musiker dafür gewinnen, sich zu beteiligen und ihre Bekanntheit und ihre Stimme für diesen Zweck einzusetzen. Es war motivierend zu merken, etwas so Sinnvolles geschaffen zu haben. Natürlich hat uns Rosa Amelia Hernandez als Person, ihre Geschichte und ihr Mut während des gesamten Prozesses motiviert und alle berührt, die daran beteiligt waren.

Wie haben die Menschen in ihrem Land auf ihr Projekt reagiert?
Sehr positiv. Vor einem Jahr sind wir mit "Proyecto Rosa" online gegangen, und seitdem gab es reges Interesse an Rosa und ihrer Geschichte. Die Leute wollen alles über sie und die Schicksale der Vertriebenen erfahren und sie unterstützen. Auch Organisationen und Regierungseinrichtungen, die sich mit dem Thema Landvertreibung und den "Verschwundenen" auseinander setzen, wurden darauf aufmerksam. Doch auch aus anderen Bereichen gab es viel Resonanz: In der Kulturszene sah man Proyecto Rosa als einzigartig und kreativ an - eben weil es Normen und Standards traditioneller Erzählweisen durchbricht.

Müssen Inhalte ihrer Ansicht nach heutzutage so aufbereitet sein, damit die Öffentlichkeit auf ernste Themen aufmerksam wird?
Es gibt viele Möglichkeiten, auf ernste Themen aufmerksam zu machen, aber eine "freundliche" Herangehensweise hilft natürlich. "Proyecto Rosa" ist ein nur ein Beispiel von vielen. Heute hat man den Vorteil, dass das Internet viele Möglichkeiten und Anwendungen bietet, um ein fantastisches Produkt zu schaffen, das leicht erfasst werden kann, auch wenn das Thema sehr kompliziert ist. Ich denke, digitales Storytelling und dessen kreative Anwendung ist das wertvollste Instrument, um Menschen auf ernste Themen aufmerksam zu machen.

Welche persönlichen journalistischen Ziele haben sie für die nächsten Jahre und haben Sie bereits größere Projekte geplant?

Trailer "Proyecto Rosa"

La Silla Vacía wird weiter recherchieren, weiter aufdecken und die Öffentlichkeit weiter über Macht und Machterlangung in Kolumbien informieren. Wir werden weiterhin innovativ an Journalismus herangehen und neue Wege finden, Journalismus zu machen. Zahlreiche Projekte werden noch kommen, denn Kolumbien scheint nicht aufzuhören, ein Land unfassbarer Geschichten zu sein.

Wie leicht oder wie schwer hat man es als junge Journalistin in Kolumbien?
Es gibt Tausende von Journalisten in Kolumbien und jedes Jahr machen Hunderte ihren Abschluss mit dem Ziel, eine Karriere als Journalist zu starten. Es herrscht ein sehr großer Wettbewerb und es ist daher schwierig, sich hervor zu tun. Als Journalist zu arbeiten, kann außerdem gefährlich werden, wenn man über den bewaffneten Konflikt in Kolumbien oder über Themen berichtet, die mit Macht zu tun haben.

Welche Entwicklung erwarten sie von den Medien in ihrem Land in den nächsten fünf Jahren?
Ich hoffe auf mehr unabhängige und mutige Stimmen, die für die Medien und die öffentliche Meinung relevant sein werden. Und ich hoffe, dass das Angebot vielseitiger und ausgewogener sein wird.

  • Datum 05.09.2013
  • Autorin/Autor Charlotte Hauswedell
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  • Permalink https://p.dw.com/p/19cTw
  • Datum 05.09.2013
  • Autorin/Autor Charlotte Hauswedell
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