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Politik

Juden formieren sich in der AfD

7. Oktober 2018

Die Gründung der Vereinigung "Juden in der AfD" sorgt für enorme Aufmerksamkeit - und für viel Kritik von jüdischen Verbänden. Jetzt hat sich die Vereinigung der Öffentlichkeit vorgestellt. Aus Erbenheim Astrid Prange.

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Jüdische Bundesvereinigung in der AfD
Großes Medieninteresse: Die Pressekonferenz der Vereinigung "Juden in der AfD"Bild: picture-alliance/dpa/F.Rumpenhorst

Über die Segnung der Vereinigung durch einen Rabbiner haben die Mitglieder der neuen Gruppe "Juden in der AfD" (JAfD) noch nicht nachgedacht. Aber Wolfgang Fuhl, stellvertretender Vorsitzender, hätte gegen einen solchen Segen nichts einzuwenden.

Fuhl ist Jude und war Vorsitzender des Oberrats der "Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden". Mit sichtlicher Genugtuung verkündet er an diesem Sonntag in Erbenheim die Gründung einer jüdischen Gruppe in der Partei. Rund 20 AfD-Mitglieder gehören der Initiative an. Die Mehrheit stammt aus dem Umfeld der Russlanddeutschen.

"Wir wollen ein Zeichen setzen", sagt einer der Mitbegründer, der seinen Namen nicht nennen und mit der "Lügenpresse" nicht reden will. "Ich als ausländischer Jude bin Mitglied in der angeblich ausländerfeindlichen AfD. Da stimmt doch was nicht. Entweder wir spinnen oder die Merkel!"

"Merkel hat die Juden in Deutschland gespalten"

Jüdische Bundesvereinigung in der AfD
Mitglieder der "Jüdischen Studierendenunion Deutschland" protestieren in Frankfurt am Main gegen die Vereinigung "Juden in der AfD"Bild: picture-alliance/dpa/F.Rumpenhorst

Der Streit darüber, wer spinnt und wer nicht, wird nach der Gründung der Gruppe anhalten - und die Kluft zwischen Juden inner- und außerhalb der AfD erst recht. Bereits im Vorfeld der Gründungsveranstaltung hatten 17 jüdische Organisationen und Verbände in einer gemeinsamen Erklärung die AfD-Initiative scharf kritisiert.

"Die AfD ist eine Partei, in der Judenhass und die Relativierung bis zur Leugnung der Schoa ein Zuhause haben. Die AfD ist antidemokratisch, menschenverachtend und in weiten Teilen rechtsradikal. Die Partei ist ein Fall für den Verfassungsschutz, aber nicht für Juden in Deutschland" heißt es in der Erklärung, der sich unter anderem der Zentralrat der Juden in Deutschland, der Bund traditioneller Juden sowie die Allgemeine Rabbinerkonferenz angeschlossen haben.

JAfD-Vize Fuhl kontert die Kritik der jüdischen Verbände mit dem Vorwurf der "Abhängigkeit". "Der Zentralrat der Juden steht uns diametral entgegen", stellte er klar. "Jüdische Gemeinden brauchen in Deutschland staatliche Zuschüsse, wir lehnen dies ab." Jetzt habe Merkel auch noch die Juden in Deutschland gespalten, lautet die Mehrheits-Meinung der Mitbegründer.

"Das Schächtverbot ist ein Problem"

Und dann nutzte Fuhl die öffentliche Aufmerksamkeit, um das im AfD-Programm festgeschriebene Schächtverbot auf eigene Art zu kritisieren: "Das Schächtverbot ist ein Problem. Aber in der Schweiz haben jüdische Gemeinden trotz Schächtverbot überlebt, in Deutschland wurden sie vernichtet."

Der martialische Stil der Veranstaltung war auch außerhalb des Saals im Bürgerhaus in Erbenheim zu spüren. 18 Mannschaftswagen der Polizei sicherten die Veranstaltung ab. Drinnen wimmelte es von bewaffneten Sicherheitskräften und Ordnern mit Knöpfen im Ohr und dunklen Sonnenbrillen.

Russischsprachige Juden mit Sympathien für die AfD

Jüdische Bundesvereinigung in der AfD
Zwei Teilnehmer der Gründungsveranstaltung der "Juden in der AfD"Bild: picture-alliance/dpa/F.Rumpenhorst

Angst spielte bei der Gründung der Vereinigung "Juden in der AfD" eine Rolle - speziell die vor muslimischen Flüchtlingen. Gründungsmitglied Artur Abramovych räumte mit der Vorstellung auf, dass die Erfahrungen der jüdischen Diaspora zu mehr Verständnis gegenüber Flüchtlingen oder der Bejahung von Migration führen könnten. "Dieses Bild ist irrig, und genau dies ist der Grund, warum die Gründung von der Plattform 'Juden in der AfD' überfällig war", so Abramovych, der im Alter von zwei Jahren mit seinen Eltern aus der Ukraine nach Deutschland gekommen war. 

Nach Angaben des jüdischen Aktivisten Sacha Stawski, der die Internetplattform "Honestly Concerned" betreibt, hegen vor allem die zugewanderten russischsprachigen Juden Sympathien für die AfD - ähnlich wie es bei Teilen der Russlanddeutschen zu beobachten ist. Viele von ihnen seien davon überzeugt, dass muslimische Flüchtlinge heute angeblich viel mehr Integrationshilfe erhielten als die jüdischen Zuwanderer vor zehn oder zwanzig Jahren.

Kritik an religiösen Vereinigungen innerhalb der AfD

Juden gegen Juden, Christen gegen Christen? Die religiösen Vereinigungen innerhalb der AfD werden außerhalb der Partei äußerst skeptisch gesehen. Erst kürzlich kündigte der Deutsche Evangelische Kirchentag an, im kommenden Jahr keine Vertreter der "Christen in der AfD" mehr aufs Podium einzuladen. 

AfD-Bundestagsabgeordneter Volker Münz, Sprecher der Plattform "Christen in der AfD", kann dies nicht verstehen. Er glaubt nicht nur fest daran, dass das Parteiprogramm der AfD mit dem christlichen Glauben vereinbar ist, sondern ist auch fest überzeugt davon, dass dies auch für den jüdischen Glauben gilt. Münz: "Die AfD ist die politische Schutzmacht der Juden in Deutschland."