1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Juncker warnt vor "Selbstbeschädigung"

21. Juni 2016

Bisher hat sich EU-Kommissionspräsident Juncker in der Brexit-Debatte kaum zu Wort gemeldet. Nun vollzog er eine Wende und warb mit einem leidenschaftlichen Plädoyer für den Verbleib der Briten in der Union.

https://p.dw.com/p/1JAwj
Symbolbild Brexit Afrika Schiff Flagge (Foto: picture-alliance/dpa/E. Lesser)
Bild: picture-alliance/dpa/E. Lesser

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat die Briten zwei Tage vor ihrer Abstimmung über den Verbleib in der EU vor einer "Selbstbeschädigung" gewarnt. Den europäischen Nachbarn "den Rücken zuzuwenden" und sich in "Isolation zurückzuziehen" würde allem widersprechen, "wofür Europa und das Vereinigte Königreich stehen", sagte Juncker bei einer Versammlung griechischer Unternehmer in Athen. "Auszutreten wäre ein Akt der Selbstbeschädigung."

Juncker, der sich in den vergangenen Monaten mit Meinungsäußerungen zum EU-Referendum in Großbritannien zurückgehalten hatte, hielt bei der Rede in Athen ein flammendes Plädoyer für den Verbleib Großbritanniens in der EU. "Allzuoft halten wir das für selbstverständlich, was wir aufgebaut haben", sagte der EU-Kommissionspräsident. Zu den Aufbauleistungen zählte er Frieden, Freiheit, Wohlstand und "eine Lebensart, um die uns die ganze Welt beneidet". Dies sei die Frucht von "geduldiger Arbeit von Generationen" - "wir hätten das ohne das britische Volk nicht erreicht", fügte Juncker hinzu.

Juncker hofft auf britischen Pragmatismus

Griechenland Treffen Juncker und Tsipras (Foto: Reuters/M. Karagiannis)
Juncker: "Die Briten brauchen die EU, und die EU braucht den britischen Pragmatismus"Bild: Reuters/M. Karagiannis

"Ich hoffe, dass die Briten sich vom Pragmatismus leiten lassen, denn das ist eine britische Tugend. Daher hoffe ich, dass ein Brexit nicht das Ergebnis des Referendums sein wird. Die Briten brauchen die EU, und die EU braucht den britischen Pragmatismus", sagte Juncker in einem Gespräch mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (F.A.Z.).

Er verteidigte zudem seinen bislang zurückhaltenden Kurs in der Debatte über die Zukunft Großbritanniens. "Zur Brexit-Debatte habe ich mich nicht oder kaum geäußert, weil ich den Eindruck hatte, es könne als Provokation empfunden werden, wenn sich die Kommission in den britischen Referendumswahlkampf einmischt."

Er sei "grundsätzlich kein großer Freund von Referenden", da die Wähler dabei leicht durch "Nebenkriegsschauplätze" irregeführt werden könnten, sagte Juncker der F.A.Z. Andererseits wehre er sich dagegen, dass man immer Schweißausbrüche bekomme, wenn jemand sich erdreiste, das Volk nach seiner Meinung zufragen. Als Beispiel nannte er die Abstimmung der Griechen über die Lösungsvorschläge der EU zu ihrer Schuldenkrise. "Nur kommt es dann darauf an, dass man die richtige Frage im richtigen Kontext stellt", so Juncker.

46,5 Millionen Briten für EU-Referendum auf Wählerlisten

Doch auch die Briten wollen mitbestimmen. Ihr Interesse an dem Referendum ist groß. In den Wählerlisten sind laut Hochrechnungen nun 46,5 Millionen Bürger verzeichnet, teilte die Wahlkommission mit. Zum Vergleich: Bei den Parlamentswahlen im vergangenen Jahr, aus denen die Konservative Partei von Premierminister David Cameron als Sieger hervorging, gab es 46,35 Millionen eingetragene Wähler. Die Eintragung in die Brexit-Wählerlisten war um zwei Tage verlängert worden, nachdem am ursprünglichen Schlusstag, dem 7. Juni, im Meldesystem eine Computerpanne aufgetreten war.

pab/haz (AFP, F.A.Z.)