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Junge Manager aus Afrika in Deutschland

Marina Strauß22. Dezember 2015

Vor sieben Jahren wurde die Initiative "Afrika Kommt!" ins Leben gerufen, um junge afrikanische Führungskräfte zu fördern. Eine von ihnen ist Brenda Otieno aus Kenia. Für die Zeit nach dem Programm hat sie große Pläne.

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Brenda Otieno
Bild: DW/M. Strauß

Die roten, blauen und gelben Muster auf ihrem Wollpulli erinnern an stilisierte Tannenzweige. "Den habe ich in Berlin gekauft", sagt Brenda Otieno. Sie hat sich von der Weihnachtsstimmung hierzulande mitreißen lassen. Als die 26-jährige Kenianerin im vergangenen März nach Deutschland kam, fühlte sie sich, als ob sie jemand in ein Gefrierfach gesteckt hätte. "Das war mein erster Eindruck. Ich musste noch am Flughafen alle Jacken überziehen, die ich mitgebracht hatte." Otieno ist eine der Teilnehmerinnen von "Afrika Kommt!", einer Initiative der deutschen Wirtschaft für Führungskräftenachwuchs aus Subsahara-Afrika.

"Bei 'Afrika Kommt!' mitzumachen, war für mich seit meinem Uniabschluss ein großer Traum", erzählt Otiento in einem Interview mit der DW. Sie wuchs als sechstes von neun Kindern in der kenianischen Hauptstadt auf. Nach ihrem Wirtschaftsstudium war sie vier Jahre lang im Marketing für Werbefirmen und eine Bank beschäftigt. Zurzeit arbeitet sie im Rahmen von "Afrika Kommt!" bei dem deutschen Softwarekonzern SAP - in den ersten sechs Monaten im Innovation Center von SAP in Potsdam, inzwischen in einer Niederlassung in Berlin.

Win-Win für beiden Seiten

2008 wollten 19 führende deutsche Unternehmen - darunter etwa die Daimler und die Bayer AG - mit der Initiative "Afrika Kommt!", wie es auf der Internetseite heißt, "einen Grundstein für nachhaltige Wirtschaftskooperationen mit Afrika" legen. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) koordiniert die Organisation und Durchführung des Programms.

Auf diesem Weg wollen deutsche Unternehmen junge afrikanische Manager weiterbilden. Gleichzeitig haben sie natürlich auch eigene Ziele im Blick: So erhoffen sich die teilnehmenden Unternehmen bessere Kontakte nach Afrika aufzubauen, um die eigenen Geschäftsinteressen zu fördern.

Die Plätze bei den deutschen Unternehmen sind begehrt

Die Initiative werde bei ihr zu Hause stark beworben - nicht nur in Zeitungen, sondern auch in den sozialen Netzwerken, erklärt Otieno. Im Jahrgang 2014-2016 konkurrierten mehr als 3.000 Nachwuchsmanager um diesmal insgesamt 18 Stellen. Jede der deutschen Firmen schreibt ein genaues Profil aus, auf das sich passende junge Manager aus Subsahara-Afrika dann bewerben können. Wer beim anschließenden Telefoninterview überzeugen konnte, wurde zu einem Assessment Center in Nairobi eingeladen.

Nach einem Deutschkurs in der Heimat verbrachte Brenda Otieno mit den anderen Ausgewählten ab März 2015 drei Monate in Bonn, um ihre Sprachkenntnisse weiter zu verbessern. Während der restlichen acht Monate durchläuft die junge Marketing-Expertin verschiedene Stationen bei SAP: Kommunikation, Sales, Kundenservice - genug Zeit, um einen Einblick zu bekommen, wie die Firma aufgebaut ist und gemanagt wird, findet die junge Kenianerin.

Brenda Otieno beim South2South Lab der DW Akademie
Brenda Otieno beim South2South Lab der DW AkademieBild: DW/H. Shuen Lee

Dabei ist sie nicht die Einzige, die etwas dazulernt. Auch sie kann ihren Kollegen eine neue Perspektive vermitteln. "70 Prozent der Leute, die ich kennengelernt habe, waren noch nie in Afrika. Und wenn, dann höchstens im nördlichen Teil, in Ägypten oder Marokko", sagt sie. Viele Mitarbeiter hätten zudem kaum etwas über Kenia gewusst. Deswegen organisierte sie vor Kurzem im Berliner SAP-Büro einen kenianischen Tag. Mit Deko, Musik und einem Quiz. Das Catering tischte sogar typisch kenianisches Essen auf. Danach seien einige ganz begeistert zu ihr gekommen und hätten sie mit Fragen gelöchert, erzählt Otieno.

Theorie und Praxis

Inge Petri begleitet "Afrika Kommt!" bei SAP. Sie meint, die Kollegen würden Otienos Input zu schätzen wissen. "Sie ist nicht betriebsblind wie vielleicht Kollegen, die schon seit Jahren dabei sind. Sie kommt aus einem anderen Kulturkreis, bringt ganz andere Erfahrungen mit und blickt deswegen mit einer anderen Brille auf verschiedene Themen", so Petri.

Neben Wochenendkursen und Exkursionen bietet die Initiative den Teilnehmern auch Internationale Management Seminare. Denn bei "Afrika Kommt!" sollen sie sich nicht nur in ihr Unternehmen einbringen, sondern auch andere Firmen kennenlernen und vor allem Netzwerke knüpfen.

Als Botschafterin in die Heimat zurück

Im Idealfall sollen das Netzwerke sein, die nicht nur den Teilnehmern selber, sondern auch der deutschen Wirtschaft nützen. Afrika ist zurzeit der demografisch und wirtschaftlich am schnellsten wachsende Erdteil. In den vergangenen Jahren ist der Kontinent als Handels- und Investitionspartner für Deutschland wichtiger geworden: Als aufsteigender Rohstoff- und Energieproduzent und auch in den Bereichen verarbeitendes Gewerbe und Tourismus. Das Potential ist aber noch groß. Denn bislang macht Afrika nach Angaben des Auswärtigen Amts nur 1,3 Prozent des deutschen Außenhandels aus. Fehlende Infrastruktur, politische Turbulenzen und wenig Transparenz hemmten nach wie vor an vielen Orten die wirtschaftliche Entwicklung.

Wenn möglich sollen die ehemaligen Teilnehmer der Initiative als eine Art Botschafter Veränderungen in ihrer Heimat anstoßen. Außerdem könnten sie sich nach ihrer Rückkehr für die deutsche Wirtschaft als kompetente Ansprechpartner in Afrika erweisen.

SAP etwa ist auch in Südafrika vertreten. Im letzten Programm konnte das IT-Unternehmen einer der Teilnehmerinnen in Johannesburg einen Vertrag anbieten. Sie sei jetzt ein wichtiges Bindeglied zwischen der südafrikanischen Tochter und dem deutschen Mutterkonzern, meint Petri. "Dadurch, dass die Nachwuchskräfte die deutsche Arbeitswelt kennengelernt haben, gehen sie mit einem ganz anderen Verständnis von internationaler Zusammenarbeit wieder in die Heimat und haben da sehr gute berufliche Chancen." Otieno meint: "Bei SAP habe ich die Freiheit, kreativ und innovativ zu sein." Dagegen sei in Kenia das Wichtigste, dass sie ihre Arbeit fertig bekomme.

Im letzten Managementkurs im Februar wird es um Projekte gehen, die die "Afrika-Kommt!"-Teilnehmer in ihren Heimatländern umsetzen wollen. Brenda Otieno plant, zusammen mit anderen Alumni in Nairobi eine Art Zentrum für Jugendliche zu gründen. Sie will junge Kenianer stark machen und ihre Talente fördern. "Viele wählen nur ein Studienfach, weil ihre Eltern sagen, dass sich das später finanziell lohne. Dabei achten sie nicht so sehr darauf, was sie selber wollen oder können", erklärt Otieno. Wenn sie zurück nach Afrika geht, will sie ein Vorbild für junge Kenianer sein.

Brenda Otieno aus Kenia
Die 26-jährige Kenianerin plant ein Jugendzentrum in Nairobi aufzubauenBild: DW/M. Strauß

"'Afrika Kommt!' war die beste Entscheidung meines Lebens“, sagt Otieno. "Besonders wegen all der neuen Menschen, die ich kennenlernen durfte." So hatte sie beispielsweise die Möglichkeit am #link:http://www.dw.com/de/mit-lego-und-design-thinking-f%C3%BCr-meinungsfreiheit/a-18921354:South2South Lab# der DW Akademie teilzunehmen. Dort überlegte sie zusammen mit zwanzig anderen Medienexperten, wie digitale Technologien die Meinungsfreiheit im "Globalen Süden" fördern können.

Wenn Brenda Otieno im März 2016 nach Kenia zurückkehren wird, stehen die Nächsten schon in den Startlöchern, denn dann laufen bereits die Auswahlverfahren für die fünfte Runde der Initiative "Afrika Kommt!".