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Jurastudenten beraten Flüchtlinge

Marc von Lüpke12. September 2013

Große Probleme, aber kein Geld für einen Anwalt: So geht es vielen Migranten. In Hamburg können sie sich an die Bucerius Law School wenden. Dort bieten Anwälte und Jurastudenten eine kostenlose Rechtsberatung an.

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Ein Mann schiebt ein großes Paragraphen-Zeichen aus Stein vor sich her (Foto: Fotolia/drizzd)
Bild: Fotolia/drizzd

Irgendwann konnte sie einfach nicht mehr. Die ständigen Auseinandersetzungen mit ihrem Ehemann waren so schlimm geworden, dass Françoise Rose (Name geändert) Hilfe brauchte. Doch ihre Suche nach einem Rechtsanwalt hatte ein schnelles Ende. Der aus Ostafrika stammenden Migrantin fehlte das Geld für den dringend benötigten Rechtsbeistand. Über die Hamburger Diakonie erfuhr sie schließlich von der "Law Clinic", einem Projekt der privaten Hochschule Bucerius Law School.

"Ich habe meinen Fall geschildert und die Anwältin hat sich gleich um mich gekümmert", erzählt Rose begeistert. Und zwar kostenlos, denn die Hamburger Anwältin Erna Hepp arbeitet ehrenamtlich für die "Law Clinic". "Meine erste Aufgabe war es, Frau Rose zu beraten, wie es in ihrem Fall weitergehen sollte", sagt sie. Und auch eine zweite Person war vor Ort, um der Migrantin aus Ostafrika zu helfen. Die studentische Beraterin Alina Häck betreut Françoise Rose gemeinsam mit der Rechtsanwältin. Dabei kann sie eine Menge lernen.


Studenten profitieren von der Mitarbeit

"Es ist wirklich so, dass man durch die Einsicht der Dokumente und über die verschiedenen Gespräche mit den Anwälten stets über den Fall informiert ist", berichtet Alina Häck. Die Studentin darf aber nicht nur zuhören und den Fall beobachten, sie arbeitet schon richtig mit. Etwa, indem sie einen Brief an die Gegenpartei von Françoise Rose formuliert. Auch in anderer Hinsicht profitiert sie von ihrer ehrenamtlichen Mitarbeit in der "Law Clinic". "Man muss sich tiefer in Themen einarbeiten, zum Beispiel ins Asylrecht", sagt die Studentin. "Das ist nicht gerade ein klassisches Studienthema." Die besondere Form der Rechtsberatung für mittellose Menschen lernte Häck bereits während eines Auslandssemesters in den USA kennen. Dass "Law Clinics" mittlerweile auch in Deutschland etabliert sind, freut die Studentin. "Man darf von Anfang an mitarbeiten und lernt dabei unglaublich viel."

Simuliertes Beratungsgespräch an der Law Clinic der Bucerius Law School in Hamburg (Foto: Law Clinic/Ruf)
Auch in simulierten Beratungsgesprächen lernen die Studierenden die Rechtspraxis kennenBild: Law Clinic/Ruf


Diakonie und Hochschule arbeiten zusammen

Da die ursprünglich aus Ostafrika stammende Mandantin der "Law Clinic" nur Französisch spricht, ist ihr ein studentischer Berater bei der Übersetzung behilflich. Generell versucht die "Law Clinic" für Mandanten, die kein oder nur schlecht Deutsch sprechen, einen studentischen Berater zu finden, der die jeweilige Sprache beherrscht. Denn unter den Hilfesuchenden sind viele Migranten und Asylbewerber. Ihre rechtlichen Probleme liegen vor allem im Bereich des Sozialrechts, Ausländerrechts, Familienrechts und Arbeitsrechts.

Die meisten werden der "Law Clinic" vom Integrationsdienst der Diakonie Hamburg vermittelt, die mit der Bucerius Law School zusammenarbeitet. "Wir machen schwerpunktmäßig Sozialberatung für Migranten", erklärt Helene Meyer vom Integrationsdienst. Die Zusammenarbeit kam über eine Studentin der privaten Hochschule zustande. Judith Büschleb hatte in einem freiwilligen Praktikum die Arbeit innerhalb der Diakonie kennengelernt und damals auch die Grenzen der Beratung erlebt, wie Helene Meyer betont. Sie brachte Diakonie und Hochschule vor einem Jahr nach dem Vorbild der amerikanischen "Law Clinics" zusammen. Denn dort hatte die Studentin während eines USA-Aufenthalts hospitiert.


Starkes Interesse an Rechtsberatung

"Die Law Clinic selbst übernimmt keine Mandate. Wir haben Verträge geschaffen, wonach der jeweilige Anwalt das Mandat übernimmt", erklärt Anika Klafki vom Leitungsteam der Law Clinic. Wo aber kommen die Studierenden der Bucerius Law School ins Spiel? "Die studentischen Rechtsberater schließen einen Praktikantenvertrag bei dem betreffenden Anwalt, so dass sie die Möglichkeit haben, daran mitzuwirken und zu gestalten", so Anika Klafki.

Gebäude der Bucerius Law School in Hamburg (Foto: Law Clinic/Ruf)
Das Angebot der Bucerius Law School stößt bei Ratsuchenden auf großes InteresseBild: Law Clinic/Ruf

Obwohl es die "Law Clinic" in Hamburg erst seit Oktober 2012 gibt, kann sie schon über 100 Erstberatungen vorweisen. Wie gut die Erfolgsaussichten der Rechtsfälle sind, kann die "Law Clinic" noch nicht sagen. Das Feedback zu den bereits abgeschlossenen und anonym ausgewerteten Fällen sei aber sehr positiv, so Marlene Ruf vom Leitungsteam der "Law Clinic". Etwa 40 Studenten stehen derzeit mit knapp 20 Anwälten für die Mandanten zur Verfügung. "Ich bin der Law Clinic sehr dankbar", meint Françoise Rose.