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Justizreform in Rumänien droht zu versanden

13. März 2008

Der EU-Beitritt Rumäniens sollte den Reformprozess im Land beflügeln, so der Wunsch in Bukarest und Brüssel. Doch der Kampf gegen die Korruption liegt brach. Auch der neue Justizminister scheint das nicht zu ändern.

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Korruption weiter auf dem Vormarsch?Bild: AP

Als in Rumänien vor zwei Wochen ein neuer Justizminister vorgestellt wurde, schien zumindest ein Knackpunkt im ewigen Machtgerangel zwischen Ministerpräsident Calin Popescu Tariceanu und Staatschef Traian Basescu beseitigt. Der politisch unabhängige Rechtsanwalt Catalin Predoiu war eine von allen Seiten akzeptierte Lösung nach dem Debakel, das die Entlassung der erfolgreichen Ministerin Monica Macovei durch den Ministerpräsidenten im Frühjahr 2007 nach sich gezogen hatte.

Der neue Minister beeilte sich denn auch, seine Prioritäten kund zu tun: „Ich bin mir bewusst, dass die Beseitigung der Defizite im Reformprozess Vorrang hat. Das vor allem deshalb, weil diese Defizite im Rahmen des Mechanismus für Zusammenarbeit und Überprüfung der Fortschritte von der EU-Kommission angemahnt wurden. Ich möchte der Europäischen Kommission unsere vollkommene Offenheit und Kooperation zusagen, um die angestrebten Ziele zu verwirklichen.“

Zeit für Neustart

Es ist tatsächlich höchste Zeit für einen Neustart im Kampf gegen die flächendeckende Korruption auf höchster Ebene. Wegen des Stillstands der Reformen könnte die Europäische Kommission noch in diesem Sommer die im EU-Beitrittsvertrag vorgesehenen Sicherheitsklauseln aktivieren. Dies würde eine Kürzung der EU-Finanzhilfen für Rumänien bedeuten.

Doch eine der ersten Amtshandlungen des Justizministers weckt Zweifel an der Reformwilligkeit des neuen Ministers. Predoiu begrüßte eine Änderung am Gesetz über die Einführung einer Agentur zur Vermögenskontrolle politischer Würdenträger. Diese Änderung hatte der Senat verabschiedet. Sie, erklärte Predoiu, entspreche voll und ganz den Anforderungen der EU-Kommission. Einige Politiker sehen das anders: So trat der Vorsitzende des Senats-Rechtsausschusses, Peter Eckstein-Kovacs, aus Protest gegen die Entscheidung von seinem Amt zurück. Er sieht darin eine Verwässerung des ursprünglichen Gesetzes, das von Predoius Vorgängerin Macovei gegen erhebliche Widerstände auf den Weg gebracht worden war.

Rettungsanker für korrupte Politiker?

Die meisten rumänischen Politiker halten sich bei der Kommentierung zurück. Denn es geht ja schließlich um sie selbst. Vertreter der Zivilgesellschaft sehen in der Gesetzesänderung einen rettenden Anker für Politiker, die der Korruption verdächtigt werden. Aus einem wirksamen Mittel zur Bekämpfung der Korruption auf höchster Ebene sei nach der Gesetzesänderung ein Instrument zum Schutz eben dieser Machtelite geworden.

Der Journalist Horatiu Pepine findet klare Worte: Der ethische Impuls, der vom politischen Projekt der ehemaligen Justizministerin Monica Macovei ausging, sei damit beendet worden. „Versuchen wir, die neue Formulierung auf den Punkt zu bringen: Für diejenigen, die sich durch unlautere Mittel nach der Wende bereichert haben, ist das Gesetz gleichbedeutend mit einer Amnestie“, so Pepine.

Umstrittenes Urteil

Mit anderen Worten: In Rumänien gibt es heute weniger Mechanismen gegen die Korruption auf höchster Ebene als vor dem EU-Beitritt. Dazu trägt auch das jüngste Urteil bei, mit dem das rumänische Verfassungsgericht wohl in die Geschichte eingehen wird: Nach dem Willen der obersten Richter darf die Anti-Korruptionsbehörde nur dann gegen einen amtierenden oder früheren Minister ermitteln, der gleichzeitig auch ein Mandat als Abgeordneter oder Senator inne hat, wenn das Parlament die Strafverfolgung erlaubt.

Bisher musste der Staatschef die Strafverfolgung von Ministern und Ex-Ministern auf Antrag der Staatsanwaltschaft genehmigen. Mit der neuen Bestimmung müssen die laufenden Ermittlungen wegen Korruptionsverdacht gegen prominente Politiker wie den früheren sozialdemokratischen Premierminister Adrian Nastase oder den gegenwärtigen liberalen Arbeitsminister Paul Pacuraru neu aufgerollt werden.

Robert Schwartz