1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kämpfe in Libyen halten unvermindert an

27. April 2011

Auch einen Monat nach Beginn der NATO-Operation in Libyen ist die Bevölkerung des Landes nicht vor Übergriffen der Gaddafi-Truppen sicher. Doch die NATO meint, es gebe Fortschritte.

https://p.dw.com/p/114R6
Menschen stehen vor Gebäude mit Einschusslöchern (Foto: ap)
Spuren des Bürgerkriegs sind in Misrata an vielen Gebäuden sichtbarBild: ap

Um die seit zwei Monaten von Truppen des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi belagerte Stadt Misrata ist am Dienstag (26.04.2011) weiter gekämpft worden. Gaddafis Soldaten nahmen den zur Versorgung der Küstenstadt dringend benötigten Hafen mit Raketen und Granaten unter Beschuss. Nach Angaben der Aufständischen wurden die Regierungstruppen kurz darauf von NATO-Flugzeugen attackiert.

Zerstörte Gebäudefassaden in Straße (Foto: ap)
Kriegsgebiet MisrataBild: AP

Auch in Orten in der Gebirgsregion zwischen der Hauptstadt Tripolis und der tunesischen Grenze gingen Regierungstruppen gegen Aufständische vor. Dort leben vor allem Angehörige des Berbervolkes. Diese ethnische Minderheit wurde von der libyschen Führung schon seit langem mit Argwohn betrachtet. Sie hatten sich im Februar dem Aufstand gegen Gaddafi angeschlossen und wurden seitdem ein Ziel von Militäraktionen. Zehntausende Berber flohen vor den Kämpfen nach Tunesien. "Unsere Stadt liegt im Dauerfeuer von Gaddafis Truppen", sagte ein Flüchtling aus Kalaa, dem Zentrum des Berbergebiets.

Aus dem Osten des Landes berichteten die Rebellen, dass die Gaddafi-Truppen ihre Kräfte in der strategisch wichtigen Ölstadt Brega verstärkt hätten. In und um Brega hätten sie 3000 Soldaten zusammengezogen, sagte ein Rebellen-Kommandeur. Ihre schweren Waffen und Raketen versteckten sie in Tunneln, damit sie nicht von NATO-Kampfflugzeugen zerstört würden.

Bilanz des NATO-Einsatzes

Die NATO zog einen Monat nach der Kommandoübernahme beim Libyen-Einsatz am Dienstag eine erste Bilanz. Nach wie vor komme es zu Übergriffen auf die Zivilbevölkerung, sagte der Kommandeur des Einsatzes, General Charles Bouchard, in Neapel. "Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht sehe, wie Gaddafis Truppen mit Gewalt gegen Männer, Frauen und Kinder vorgehen." Es gebe aber zunehmend Erfolge. "Die Zahl der zivilen Opfer wäre weitaus höher, wenn die NATO nicht in Libyen wäre", sagte Bouchard.

Nach einem Bericht der "New York Times" will die NATO die Luftangriffe auf Ziele in Libyen intensivieren. Das berichtete die Zeitung unter Berufung auf Mitarbeiter der Regierung von US-Präsident Barack Obama und NATO-Mitarbeiter in der Nacht zu Mittwoch online. Das Militärbündnis wolle verstärkt Paläste, Hauptquartiere und Kommandozentralen ins Visier nehmen, die Gaddafi benutze, um sich weiter an die Macht klammern zu können. Beamte des Weißen Hauses sagten demnach, Obama sei über die energischere Bombardierung informiert worden. Dazu habe bereits der Angriff auf den Komplex in der Hauptstadt Tripolis in der Nacht zu Montag gehört, in dem Gaddafi residierte.

Kritik der UNO

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon (Archivfoto: picture alliance)
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon: besorgniserregende humanitäre LageBild: Picture Alliance/Photoshot

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon kritisierte das Gaddafi-Regime am Dienstag scharf. Ban sagte in New York, die Gaddafi-Regierung habe ihre Legitimität und ihre Glaubwürdigkeit verloren. Sie schütze ihr Volk nicht mehr und missachte dessen Streben nach politischer Veränderung. Die humanitäre Lage nannte Ban zunehmend besorgniserregend. Das Gebot für die internationale Gemeinschaft sei weiter der Schutz der Zivilbevölkerung. Die Entscheidung des Weltsicherheitsrates für ein Eingreifen habe viele Menschenleben gerettet. Die Vereinten Nationen würden weiter mit Hochdruck am Zustandekommen einer Waffenruhe und an einer diplomatischen Lösung arbeiten.

Am Mittwoch will Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) sich in New York zu Gesprächen mit Vertretern der UNO treffen. Vorgesehen sind auch Beratungen mit dem UN-Generalsekretär. Im Mittelpunkt der Gespräche soll die Lage in Libyen stehen. Deutschland hat derzeit einen Sitz im UN-Sicherheitsrat und hatte sich bei der entscheidenden Abstimmung über den Beginn der Luftangriffe in Libyen enthalten. De Maizière reist am Abend weiter nach Washington, wo er am Donnerstag unter anderem US-Verteidigungsminister Robert Gates treffen will. Neben Libyen stehen laut Bundesverteidigungsministerium auch Gespräche über den Afghanistan-Einsatz und Entwicklungen in der NATO im Vordergrund.

Autor: Martin Schrader (afp, dpa, rtr)
Redaktion: Reinhard Kleber