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Klare Worte

Monika Dittrich, zurzeit in Hanoi22. Mai 2007

Beim ersten Staatsbesuch eines Bundespräsidenten in Vietnam nahm Horst Köhler keine übertriebene Rücksicht auf seine Gastgeber und sprach die Themen Menschenrechte und Demokratie direkt an.

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Köhler und seine Frau beim Besuch eines historischen Temels in Hanoi, Quelle: AP
Köhler und seine Frau beim Besuch eines historischen Temels in HanoiBild: AP

Vor dem Präsidentenpalast in Hanoi: Der vietnamesische Staatspräsident empfängt seinen deutschen Amtskollegen mit militärischen Ehren. Die Nachmittagssonne brennt vom Himmel und treibt den Soldaten den Schweiß in die Gesichter. Im sattgrünen Garten des Palastes kreischen die Zikaden, dazu mischen sich die Klänge der deutschen Nationalhymne.

"Überfälliger Besuch"

Es ist das erste Mal, dass ein deutscher Bundespräsident Vietnam besucht. Und das, obwohl Deutschland zu Vietnam so viele Verbindungen habe wie zu kaum einem anderen asiatischen Land, so Horst Köhler. Das habe auch mit der DDR zu tun, die immer enge Beziehungen zu Vietnam gepflegt habe. So lebten heute viele Vietnamesen gut eingebunden in der deutschen Gesellschaft, und in Vietnam treffe man viele Menschen, die Deutsch verstünden.

Köhler und Nguyen Minh Triet schreiten die Ehrengarde ab, Quelle: AP
Köhler und Nguyen Minh Triet schreiten die Ehrengarde abBild: AP

Das sei eine gute Grundlage, um die Freundschaft zwischen Deutschland und Vietnam weiter auszubauen, erklärt Köhler: "Es war überfällig, dass der Bundespräsident jetzt zum ersten Mal Vietnam besucht hat. Und ich denke auch, dass von diesem Besuch ein Impuls ausgehen kann für die Vertiefung unserer Beziehungen."

Klare Worte

Die Vertiefung der Beziehungen - darunter versteht der Bundespräsident aber nicht nur den Austausch von Freundlichkeiten. Zu einem guten Verhältnis gehöre auch, dass man sich in die Augen schauen und seine Meinung sagen könne, so Horst Köhler nach seiner Unterredung mit dem vietnamesischen Staatspräsidenten Nguyen Minh Triet. "Und deshalb habe ich dem Präsidenten auch vorgetragen, dass wir es in Europa mit einer gewissen Sorge beobachten, dass es in letzter Zeit einige Verurteilungen gab in Vietnam, die sich für uns nicht unmittelbar erschlossen haben", sagt er. "Ich habe das Thema angesprochen, der Präsident hat mir gesagt, dass es Gesetzesverstöße gab. Doch wir werden das Gespräch über den Rechtsstaatsdialog fortsetzen."

Menschenrechtsorganisationen beklagen, dass es in Vietnam immer schwieriger werde, frei seine Meinung zu äußern. Erst kürzlich waren mehrere politische Aktivisten wegen so genannter Propaganda gegen die Sozialistische Republik zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt worden. Staatspräsident Nguyen Minh Triet allerdings hat kein Verständnis für diese Kritik. Auf die Frage eines Journalisten, ob es nicht an der Zeit sei, dass sich das Land auch politisch öffne, antwortet er: "Wir setzen auf politische Stabilität." Bei den Verhaftungen gehe es nicht um Meinungsfreiheit - eine unterschiedliche Meinung zu haben, sei in Vietnam normal. "Doch bei diesen Fällen ging es um Gesetze, die gebrochen wurden."

Menschenrechtsgruppen allerdings kritisieren, es handele sich um Gummiparagrafen, die willkürlich gegen politische Aktivisten angewandt würden. Am Familientisch sei die freie Meinungsäußerung in Vietnam vielleicht noch möglich, nicht aber in der Öffentlichkeit.