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Kölner Künstlerin auf der Biennale

12. Juli 2011

Sie hat geschafft, wovon viele Nachwuchskünstler träumen: Marianna Christofides stellt auf der 54. Biennale in Venedig im zyprischen Pavillon aus. Integration, Arbeitsmigration und die Teilung der Insel sind ihre Themen.

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Marianna Christofides (Foto: Marianna Christofides)
Marianna ChristofidesBild: Marianna Christofides

In der hellen, großzügigen Wohnung am Kölner Stadtwald liegen Fotos von Landkarten und Postkarten ausgebreitet auf dem Boden. "Ich fühle mich hier sehr wohl", sagt Marianna Christofides mit leiser Stimme. "Köln hat so eine lebendige Kunstszene, das ist sehr anregend für mich". Dabei ist die Künstlerin in der ganzen Welt zuhause und findet die Ideen für ihre Projekte eigentlich überall.

Sie zeigt Abbildungen von zwei alten Glas-Dias, die sie in einem Antiquitätengeschäft in England gefunden hat. Auf beiden ist eine Straßenszene mit einer Blumenverkäuferin der zwanziger oder dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts in Gibraltar zu sehen. Eine farbige Frau, die an eine hell gekleidete Engländerin Blumen verkauft. Es ist ein und dasselbe Bild, trägt aber zwei verschiedene Bildüberschriften: "Blumenverkäufer" und "Blumenkäufer".

Diabilder: Blumenverkäufer Marianna Christofides Stereoscapes #1 2011 (Foto: Marianna Christofides)
Bild: Marianna Christofides

Ein sensationeller Karrieresprung

"Als ich die Dias sah, wurde ich neugierig", erzählt die Kölner Künstlerin. Sie reiste nach Gibraltar, besuchte dort Archive und machte sich auch auf die Suche nach der geheimnisvollen "Garibaldi-Apotheke", deren Schriftzug sie ebenfalls auf dem alten Dia zu erkennen glaubte. "Die Apotheke gibt es heute nicht mehr, aber es hat sie gegeben, und ich bin auf die Geschichte einer Frau gestoßen, deren Vater sie besaß." Die Geschichte der reichen Blumenkäuferin und der armen Blumenverkäuferin hat die Künstlerin dokumentiert - für die Ausstellung im zyprischen Pavillon der Biennale in Venedig, die in diesem Jahr von Juni bis November stattfindet.

Christofides bewarb sich auf eine Ausschreibung des zyprischen Kulturministeriums. Mit Erfolg. "Im Februar teilte mir das Ministerium dann mit, dass ich tatsächlich ausgewählt wurde", sagt die Künstlerin und klingt dabei verhalten. Sie ist schüchtern, gibt sich bescheiden. Dabei ist es für die frisch gebackene Studienabsolventin, die nun zusammen mit der Künstlerin Elizabeth Hoak-Doering im zyprischen Pavillon ausstellen darf, ein sensationeller Karrieresprung.

Arbeitsmigration als künstlerisches Thema

Marianna Christofides Bild aus dem Film "dies solis" (© 2010 Kunsthochschule für Medien Köln / Marianna Christofides)
Bild aus dem Film "dies solis"Bild: 2010 Kunsthochschule für Medien Köln / Marianna Christofides

Marianne Christofides wurde als Tochter einer deutschen Mutter und ein zyprischen Vaters in der Hauptstadt Nikosia geboren. Sie studierte zunächst Bildende Kunst an der Kunsthochschule in Athen und absolvierte 2005 ein Studium der Medienkunst an der Slade School of Fine Art in London, ehe sie im Jahr 2007 nach Deutschland kam. Hier schloss sie im vergangenen Jahr ihr Studium an der Kunsthochschule für Medien in Köln ab - mit einem Film unter dem Titel "Dies solis. Sonntage in Nikosia". Auch er wird auf der Biennale gezeigt.

Der Dokumentarfilm beschäftigt sich mit Arbeitsmigrantinnen aus Sri Lanka, Indien, Vietnam und den Philippinen. Ihren einzigen freien Tag in der Woche verbringen sie - in traditionelle farbenprächtige Gewänder gekleidet - auf Märkten und Festen an einem Ort in unmittelbarer Nähe der Grenze. Sie gilt als UN-Pufferzone, die Stadt und Insel in den griechischen Norden und türkischen Süden teilt.

Die geteilte Stadt als Kunstmotiv

"Viele Einheimische in Nikosia fahren da immer nur schnell mit dem Auto vorbei und schauen gar nicht richtig hin", erzählt Christofides. Erst vor einigen Wochen hat sie den Film in ihrer Heimatstadt gezeigt. "Die meisten Leute waren überrascht, dass es so etwas in Nikosia gibt." Viele seien so beschäftigt, dass sie die Hausangestellten überhaupt nicht wahrnähmen, sagt die Künstlerin. "Diese Frauen verschwinden von der sichtbaren Oberfläche und sind erst am Sonntag wieder zu sehen."

Kunstwerk über den Stadtplan von Nikosia "Blank Mappings" (Foto: Katja Lückert)
Kunstwerk "Blank Mappings"Bild: Marianna Christofides

Die geteilte Stadt Nikosia spielt eine große Rolle in den künstlerischen Arbeiten von Marianna Christofides. Sie zeigt einige Abbildungen von verschiedenen offiziellen Stadtplänen von Nikosia, griechische und zyprische. Auf ihnen erscheint jeweils die Hälfte der Stadt als weißer Fleck. In ihrer Kunst prangert Christofides dieses Unsichtbarmachen eines Teils der Bevölkerung an.

Ein Atelier am Ende der Grenze

"Als ich noch auf Zypern lebte, war die Teilung des Landes etwas merkwürdig Selbstverständliches, ich hatte eine sehr unbeschwerte Kindheit im griechischen Teil der Insel", erzählt Christofides. "Später hatte ich sogar ein Atelier, das an einer Straße lag, die ins Nichts führte, weil am ihrem Ende die Grenze war."

Tatsächlich habe sie erst, seit sie in Deutschland lebt, begonnen, sich richtig mit der Teilung ihres Heimatlandes zu beschäftigen. Auf die Frage, ob das wohl so sei, weil Deutschland auch einst ein geteiltes Land war, sagt sie: "Das mag sein, aber vielleicht liegt es auch daran, dass ich nach vier Jahren in Deutschland mehr Abstand zu meiner Heimat habe."

Autorin: Katja Lückert

Redaktion: Sabine Damaschke