1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Berlin will Musterknabe sein

Bernd Gräßler (mit dpa, rtr)13. März 2013

Der Bund soll 2014 nur wenig Schulden machen und 2015 mit dem Abbau seines riesigen Schuldenberges beginnen. Das beschloss das Kabinett in Berlin. Finanzminister Schäuble will ein Zeichen für Europa setzen.

https://p.dw.com/p/17w1J
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (foto:afp/Getty Images)
Bild: AFP/Getty Images

Eine Woche eher als vorgesehen beschloss die Bundesregierung die Eckpunkte für den Haushalt 2014 und die Finanzplanung bis 2017. Die Eckwerte belegten, "dass konsequentes und nachhaltiges Haushalten und Wachstum einander nicht ausschließen, sondern sich bedingen", erklärte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nach der Kabinettssitzung in Berlin. Damit sende Deutschland vor dem Europäischen Rat in Brüssel am Donnerstag und Freitag dieser Woche  "ein starkes Signal für Europa" aus.  

Der Beschluss des Kabinetts über die Eckpunkte von Haushalt und Finanzplanung dient als Leitplanke für die weitere Aufstellung des Budgets, in dem alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes aufgelistet werden.Verabschiedet wird es erst vom neuen Bundestag nach der Wahl im Herbst.

Trotz Wirtschaftswachstums und sprudelnder Steuereinnahmen übe sich die Bundesregierung in strikter Ausgabendisziplin, sagte Schäuble, der die Eckpunkte gemeinsam mit Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler vorstellte. So lägen die Ausgaben des Bundes seit 2010 weitgehend stabil bei 300 Milliarden Euro.

Opposition kritisiert geringe Risikovorsorge

Der Haushaltsexperte der oppositionellen Sozialdemokraten, Carsten Schneider, bemängelt dagegen, die Regierung hätte noch mehr sparen können, beispielsweise bei unsinnigen Subventionen. Zudem betreibe der Finanzminister angesichts der anhaltenden Euro-Krise zu wenig Risikovorsorge und habe für 2014 erneut einen zu hohen Bundesbank-Gewinn veranschlagt. Bereits in diesem Jahr überweist die Bundesbank statt der erhofften 1,5 Milliarden Euro nur knapp 665 Millionen Euro an den Finanzminister, weil sie die Rückstellungen für Risiken aus der Euro-Krise erhöhte . Aus diesen Bundesbankgewinnen gehen außerdem fast 600 Millionen an Griechenland, weil sie aus Zinsen und Bewertungsgewinnen stammen, die mit Hellas-Anleihen gemacht wurden. Zu dieser Rückführung hatte sich Deutschland wie andere Gläubigerstaaten verpflichtet. Letztlich bleiben dem Bund aus den Notenbankgewinnen in diesem Jahr nur 65 Millionen Euro.

Bundesbank macht weniger Gewinn

Aus der Sicht von Schneider sind die Zahlen der Bundesbank "ein klarer Beleg, dass die Finanzkrise nun auch anhaltend den Bundeshaushalt belastet".Die Haushaltsexpertin der Grünen, Priska Hinz, bemängelte, mit Schäubles Haushalt werde "die Energiewende an die Wand gefahren". Der Energie- und Klimafonds solle zwei Milliarden Euro umfassen, gedeckt seien von den Mitteln aber nur 900 Millionen Euro.

Im kommenden Jahr will der Bund 296,9 Milliarden Euro ausgeben, das sind 1,7 Prozent weniger als 2013. Davon  will sich der Bund 6,4 Milliarden Euro bei den Banken leihen. Das wäre die niedrigste Netto-Kreditaufnahme seit 40 Jahren. Davon fließen 4,25 Milliarden in die Bareinlage Deutschlands zum Euro-Rettungsschirm ESM. Ohne diese Belastung, so betonte Finanzminister Schäuble, würde man bereits im nächsten Jahr einen beinahe ausgeglichenen haushalt erreichen.

Börsenumsatzsteuer noch nicht eingeplant

Dafür, dass Schulden und Defizite schneller abgebaut werden, will Finanzminister Wolfgang Schäuble den Zuschuss des Staates für die gesetzlichen Krankenkassen um 3,5 Milliarden Euro kürzen. Er verweist auf die üppigen Beitragseinnahmen der Kassen, die aus der guten Konjunktur resultieren.  Von vornherein nicht eingeplant hat Schäuble  dagegen Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer, weil nicht sicher ist, ob und wann sich die beteiligten EU-Staaten über die konkrete Ausgestaltung einigen können. Allerdings profitiert der Finanzminister weiterhin von der Top-Bonität Deutschlands an den internationalen Finanzmärkten. Dieser Zinsvorteil macht nach den Worten Schäubles im kommenden Jahr verglichen mit 2010 aber lediglich 3 Milliarden Euro aus. Er sei also geringer als oft behauptet und außerdem etwas, wofür man sich nicht entschuldigen müsse, weil es für Vertrauen in die Solidität Deutschlands spreche. 

2015 will die Bundesregierung mit dem Abbau der exorbitanten Staatsschulden  beginnen. Nach jahrzehntelangen Haushaltsdefiziten steht der Bund mit 1,3 Billionen Euro in der Kreide, das sind 80 Prozent seiner jährlichen Wirtschaftskraft. Damit hält auch Deutschland die in der EU geltende Obergrenze der Verschuldung von 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes nicht ein.