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Kampf gegen die Cholera in Malawi

12. Oktober 2010

Immer wieder kommt es in Malawi zu Ausbrüchen von Cholera. Dabei ließe sich die Krankheit eigentlich vermeiden, wenn die Bewohner besseren Zugang zu Trinkwasser hätten.

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Frauen waschen und Spülen am Lilongwe-Fluss (Foto: DW/Mathias Bölinger)
Waschen am Fluss - weil Leitungswasser zu teuer istBild: DW

Die Böschung fällt sandig zum Fluss hin ab. Catherine Marias steht bis zu den Waden im trüben Wasser und schrubbt einen Topf mit Sand aus dem Fluss ab, bis unter dem Ruß das glänzende Metall zu sehen ist. Sie wasche und spüle hier am Fluss. Und sie benutze das Wasser auch zum Kochen. Nur zum Trinken kaufe sie Leitungswasser. "Ein Eimer Leitungswasser kostet 15 oder 20 Kwacha", rechnet sie vor. "Ich habe keine Arbeit, gehe nur manchmal jobben. Da kann ich es mir nicht leisten für alles Leitungswasser zu kaufen." 20 Kwacha, das sind gerade mal zehn Euro-Cent.

Das Leitungswasser kauft Catherine Marias bei Nachbarn. Eigentlich ist das Dorf Nchenche an das Wassernetz der Hauptstadt Lilongwe angeschlossen, doch die meisten Bewohner haben keinen eigenen Wasseranschluss. 16.000 Kwacha würde es kosten, ihr Haus an das Wassernetz anzuschließen, achtzig Euro, mehr als Catherine jemals in der Hand hatte. Also geht sie weiter an den Lilongwe-Fluss, der jetzt, in der Trockenzeit alles andere als ein reißender Strom ist. Mehr ein Bach, den man problemlos durchwaten könnte. Doch das ändert sich in der Regenzeit, die von Dezember bis März dauert. "In der Regenzeit wird Schlamm von überall in den Fluss gespült und auch ziemlich viel Müll. Dann ist das Wasser oft so richtig schmutzig und trüb", sagt sie.

Regelmäßige Cholerafälle im Dorf

Ein Plakat weist darauf hin, dass regelmäßiges Händewaschen vor dem Essen oder nach der Toilette, das Cholera-Risiko mindert (Foto: DW/Mathias Bölinger)
Ein Plakat weist darauf hin, dass regelmäßiges Händewaschen das Cholera-Risiko mindertBild: DW

Ihre Nachbarin gesellt sich dazu. Viola Florian trägt ein kleines Kind auf dem Rücken und einen Korb Wäsche unter dem Arm. Manchmal trieben in der Regenzeit sogar die Leichen von Ertrunkenen im Fluss, erzählt sie. "Wir wissen natürlich, dass das Wasser dann nicht sauber ist, aber wir benutzen es weiter. Wir wissen ja nicht, was wir sonst machen sollen." Sie könne sich auch oft kein Trinkwasser leisten, erklärt Viola, dann trinke sie eben die Brühe aus dem Fluss, auch wenn sie wisse, dass das gefährlich ist. Immer wieder habe es in den letzten Jahren Cholerafälle im Dorf gegeben, sagt sie.

Immer wieder ist es in Malawi in den vergangenen Jahren zu Cholera-Ausbrüchen gekommen. Malawi ist eines der ärmsten Länder der Welt, die Lebenserwartung liegt gerade einmal bei 50 Jahren, neben einer hohen HIV-Rate liegt das auch an relativ leicht zu vermeidenden Krankheiten wie Cholera.

Nchenche liegt am Stadtrand der Hauptstadt Lilongwe. Nur ein paar Minuten sind es von hier ins nächste Krankenhaus, das auch eine Cholera-Station hat. Es ist zwar ein Privatkrankenhaus, aber wenn es in der Gegend zu Seuchenausbrüchen wie etwa einer Cholera-Epidemie kommt, dann übernimmt der Staat die Behandlungskosten. Die Bewohner von Nchenche kämen dann alle zu ihr, sagt Betha Mbichila, die Leiterin der Cholera-Station. In der vorletzten Regenzeit von 2008 auf 2009 hätten sie mehr als 2.000 Cholera-Fälle behandelt, die meisten aus den Dörfern am Fluss. Stolz fügt sie aber auch hinzu: "In der letzten Regenzeit hatten wir keinen einzigen Fall mehr."

Auf dem Gelände des Likuni-Krankenhauses in Lilongwe (Foto: DW/Mathias Bölinger)
Auf dem Gelände des Likuni-Krankenhauses in LilongweBild: DW

Das Likuni-Krankenhaus hat gemeinsam mit einer Hilfsorganisation ein Programm eingerichtet, das den Ausbruch von solchen Krankheiten eindämmen soll, die durch schmutziges Trinkwasser ausgelöst werden. Gemeinsam schicken sie Aufklärungsteams in die Dörfer. Auch in Nchenche ist so ein Team gewesen, erzählt die Dorfvorsteherin, deren Haus oben am Hang steht. "Sie haben uns gesagt, dass wir Trinkwasser kaufen sollten, aber die Leute haben kein Geld, um Wasser zu kaufen", erklärt sie. Und dann hätten die Helfer noch Chlortabletten verteilt, um das Wasser zu desinfizieren.

"Nicht erlaubt, das Wasser zu benutzen"

Einen Anschluss an die Trinkwasserversorgung, das haben auch diese Helfer dem Dorf nicht beschert können. Niemand weiß so genau, ob das Gebiet noch zur Stadt gehört oder schon unter die Verwaltung der Region Zentral-Malawi fällt. In der Gegend wird gerade eine Gebietsreform durchgeführt. Die Wasserwerke der Hauptstadt halten sich nicht für zuständig, im Büro des Wasserversorgers der Zentralregion ist man sich nicht so sicher. Bei der Stadtverwaltung hält man sich ebenfalls für nicht zuständig. Nchenche liege bereits außerhalb der Stadtgrenze, erklärt Martin Kazembe, der in der Stadtverwaltung von Lilongwe für Umweltfragen zuständig ist. Er gibt aber zu, dass auch innerhalb der Stadt Menschen das Wasser aus dem Fluss nutzen. "Es ist nicht erlaubt, das Wasser aus dem Fluss zu benutzen", sagt er hilflos. "Wir haben die Leute darauf hingewiesen, dass es nicht erlaubt ist, und wir schicken auch manchmal Patrouillen los. Aber wir haben Probleme, das Verbot durchzusetzen."

Frauen waschen und Spülen am Lilongwe-Fluss (Foto: DW/Mathias Bölinger)
Wenn der Zugang zu Trinkwasser fehlt, ist der Fluss die einzige AlternativeBild: DW

In Nchenche hat Viola Florian ihre Wäsche fast beendet. Sie jedenfalls weiß von keinem Verbot. Und wenn sie es wüsste, dann würde ihr das auch noch kein Geld für Leitungswasser in die Tasche spülen. Auch bei ihr waren im vergangenen Jahr die Helfer und haben ihr erzählt, dass sie das Wasser nicht trinken soll, oder zumindest abkochen. Viola zuckt mit den Schultern. "Manchmal haben wir kein Feuerholz, um das Wasser abzukochen. Und außerdem, wenn man das Wasser abkocht, dann ist es heiß, und man muss erst warten, bis es kalt ist. Wenn kein Wasser im Haus ist, dauert das viel zu lange."

Autor: Mathias Bölinger
Redaktion: Carolin Hebig