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Kampf gegen die Werbe-Flut

Britta Kleymann16. Oktober 2003

In Brüssel treffen sich am Donnerstag (16.10.) EU-Politiker, Industrie und Verbraucherschützer zum Anti-Spam-Workshop. An guten Ideen fehlt es nicht – sie scheitern jedoch an der Realität.

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Symbol für lästige Werbung: SpamBild: AP

Sechseinhalb Minuten täglich. So lange dauert es, bis ein durchschnittlicher US-Angestellter seinen Posteingang befreit hat – von unerwünschten Werbebotschaften, besser bekannt als Spam. Weltweit ist inzwischen jede zweite E-Mail Müll – die übliche Werbung für Potenzmittel oder schnell verdientes Geld. Grund genug für Verbraucherschützer, über wirksame Richtlinien, Gesetze und Abkommen zu beraten. In Brüssel treffen sich heute EU-Vertreter zu einem "Anti-Spam-Workshop".

Neue EU-Richtlinie

Eine von vielen Initiativen ist die europäische "Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation". Der zuständige EU-Kommissar Erkki Liikanen und seine Mitarbeiter haben sie schon im Sommer 2002 vorgestellt. Seitdem hatten die einzelnen Staaten Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Am 31. Oktober 2003 läuft diese Frist ab. Danach soll in der gesamten EU das gleiche Verfahren gelten; das so genannte Opt-In.

Werbung nur mit Erlaubnis

Opt-in: Diese Lösung scheint verblüffend einfach. Wer in Zukunft eine Werbebotschaft verschicken will (egal, ob per Mail, Fax oder SMS), braucht dazu vorher die Einwilligung des Adressaten. Stimmt der Internetnutzer also nicht ausdrücklich zu (z. B., wenn er einen Newsletter oder weitere Informationen unter Angabe seiner E-Mail-Adresse anfordert), dann dürfte er eigentlich keine Werbemails mehr bekommen. Eigentlich. Denn der Nachteil dieses Verfahrens ist: es funktioniert nicht.

Absender: anonym

E-Mail
Sie haben Post - aber von wem?Bild: AP

Pro Woche überfluten 500 Millionen Spam-Mails die Computer der Bundesbürger. Nach deutschem Recht könnten Privatpersonen oder Verbraucherzentralen gegen die Absender von Spam-Mails vorgehen – wenn sie denn wüssten, wer sie sind. Das lässt sich in den meisten Fällen kaum feststellen.

Rechtsvorschriften allein helfen im Kampf gegen Spam nicht weiter. "Nur durch einen ehrgeizigen Mix aus gesetzlichen, technischen und aufklärenden Maßnahmen, vor allem aber durch eine enge internationale Kooperation können wir das Problem eindämmen", sagt Patrick von Braunmühl, Mitarbeiter im Bundesverband der deutschen Verbraucherzentralen.

Kampf gegen Spam weltweit

OEDC: Organization for Economic Cooperation and Development
Zukünftiger Partner im Kampf gegen Spam: die OECD

Die neue EU-Richtlinie hat einen entscheidenden Nachteil: sie bezieht sich nur auf solche Mails, die innerhalb der EU versendet bzw. empfangen wurden. Werbebotschaften, die von Servern in den USA oder Asien verschickt wurden, bleiben außen vor. Doch gerade sie machen einen Großteil des Daten-Mülls aus. Deshalb will die EU stärker auf internationale Zusammenarbeit setzen, zum Beispiel mit der OECD, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Auch die Vereinten Nationen werden sich mit dem Thema auseinander setzen: Vom 10.-12. Dezember 2003 findet in Genf der "Weltgipfel zur Informationsgesellschaft" statt. Bei dieser Gelegenheit wollen internationale Verbraucherinitiativen einen Aktionsplan gegen Spamming verabschieden.

Zeit, Nerven und Geld

Bis dieser Plan Realität wird, droht Spam den Internetnutzern über den Kopf zu wachsen. Unternehmen und Privatleute investieren mehr und mehr Zeit, um ihre elektronischen Briefkästen aufzuräumen. Spam-Mails kosten nicht nur Zeit und Nerven, sondern auch Geld: Der Produktivitätsverlust für Unternehmen in der EU betrug im Jahr 2002 schätzungsweise 2,5 Mrd. €.

Nur einer Gruppe bringt die Spam-Flut Vorteile: Die Produzenten von E-Mail-Kontrollprogrammen und Filtern können sich die Hände reiben. Nach einer Prognose des Branchenunternehmens International Data Corp. in Singapur werden sich die Umsätze mit Datenmüll-Filtern bis 2007 auf 1,1 Milliarden Dollar (974 Millionen Euro) mehr als vervierfachen. Für 2003 geht das Unternehmen von Verkäufen im Wert von 236 Millionen Euro aus.