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Kampf um Macht in Nigeria

28. Januar 2010

Schwere religiöse Konflikte, eine schwächelnde Regierung, ein kranker Präsident: Die Regierungskrise in Nigeria hat sich in den letzten Wochen zugespitzt. Jetzt soll der Staatschef seine Regierungsfähigkeit nachweisen.

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Umaru Yar'Adua (Foto: dpa)
Nigerias Präsident Umaru Yar'AduaBild: picture alliance/dpa

Ein Bundesgericht in der nigerianischen Hauptstadt Abuja hatte dem kranken Präsidenten ein Ultimatum gesetzt: Umaru Yar'Adua soll bis Ende der nächsten Woche (05.02.2010) durch Gutachten mehrerer Ärzte seine Regierungsfähigkeit nachweisen. Gelinge ihm das nicht, müsse er seine Amtsgeschäfte an den Vizepräsidenten Goodluck Jonathan übergeben. Seit Ende November 2009 wird Yar'Adua wegen einer Herzbeutelentzündung in Saudi-Arabien behandelt. Bislang weigerte er sich, seinen Stellvertreter mit allen Vollmachten auszustatten.

Ende des Machtvakuums?

Regierungsviertel in Abuja (Foto: DW)
Yar'Adua blieb dem Regierungsviertel in Abuja seit Monaten fernBild: DW

Über den genauen Gesundheitszustand Yar'Aduas herrscht nach wie vor Verwirrung: Das nigerianische Kabinett teilte am Mittwoch mit, der 58-jährge Präsident sei trotz seiner derzeitigen Erkrankung fit genug, seinen Job auch weiterhin auszuüben. Kurz davor hatte der Senat den Präsidenten noch aufgefordert, seine Macht an seinen Stellvertreter abzugeben. Nun soll ein Bundesgericht eine Entscheidung darüber treffen, wer künftig an Nigerias Staatsspitze regiert.

Zunehmender Widerstand gegen Yar'Adua

Auch der ehemalige Präsident Olusegun Obasanjo hat seinem Nachfolger bereits nahegelegt, sein Amt niederzulegen. "Wenn gesundheitliche Probleme seine Arbeit behindern, sollte er einen ehrenvollen Weg gehen", so Obasanjo. Auch bei der Bevölkerung wächst der Widerstand gegen den Präsidenten. Vergangenen Donnerstag hatten landesweit Tausende Nigerianer gegen das Machtvakuum demonstriert.

Der Vizepräsident

Vizepräsident Goodluck Jonathan (Foto: AP)
Vizepräsident Goodluck JonathanBild: AP

Goodluck Jonathan selbst hat sich in der Debatte um die Macht im Staat noch nicht konkret geäußert. Nur soviel: Er geht nach eigenen Worten davon aus, dass Yar'Adua "bald" zurückkehren werde. In den nigerianischen Medien wird Jonathan häufig als schwach und unauffällig beschrieben.

Der Vizepräsident stammt aus dem Niger-Delta im Süden Nigerias. Die Bevölkerung dort hatte lange dagegen protestiert, politisch benachteiligt zu sein. Politische Beobachter vermuten, Jonathan sei auch deshalb Vizepräsident geworden, weil er von einem ungeschriebenen Gesetz profitiert habe, dass das politische Ungleichgewicht zwischen dem muslimischen Nordnigeria und dem christlich geprägten Süden ausgleichen wolle.

Militär in Jos (Foto: AP)
Nach den Unruhen in Jos hat das Militär die Kontrolle übernommenBild: AP

Religiöse Konflikte

Hinter der politischen Frage um das höchste Amt im Staat steckt demnach auch eine religiöse Dimension: Der jetzige Präsident Yar'Adua ist Muslim und stammt aus dem Norden, während Vizepräsident Goodluck Jonathan aus Südnigeria kommt und Christ ist. Innerhalb der nordnigerianischen Elite gibt es offenbar erheblichen Widerstand, das Amt nun an einen Christen aus dem Süden zu übergeben.

Der Konflikt zwischen den religiösen Gruppen in Nigeria ist vor kurzem wieder hochgekocht: Im zentralnigerianischen Jos war es zu Unruhen gekommen, nachdem Christen sich gegen den Bau einer Moschee gewandt hatten. Die Bilanz: mehr als 300 Tote.

Autorin: Katrin Ogunsade
Redaktion: Christine Harjes