1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikThailand

Kann Thailand die Luftverschmutzung in den Griff bekommen?

Tommy Walker
22. Januar 2024

Bangkok und Chiang Mai zählen zu den Großstädten mit der schlechtesten Luftqualität in der Welt. Aber auch die Landwirtschaft trägt zu den Problemen bei. Neue Umwelt-Gesetze sollen Abhilfe schaffen.

https://p.dw.com/p/4bSv7
Smog in Chiang Mai
Bangkok und Chiang Mai zählen zu den Städten mit der weltweit höchsten Luftverschmutzung. Bild: LILLIAN SUWANRUMPHA/AFP/Getty Images

Thailand hat der Luftverschmutzung den Kampf angesagt. Anfang des Monats hat das Kabinett des Landes einen entsprechenden Gesetzentwurf gebilligt und zur Beratung an das Parlament weitergereicht. 

Seit Jahren drängen Umweltgruppen auf neue Gesetze, um die drastische Luftverschmutzung in Thailand in den Griff zu bekommen. Tatsächlich zählten die Hauptstadt Bangkok und die nördliche Stadt Chiang Mai im vergangenen Jahr an mehreren Tagen zu den am stärksten verschmutzten Metropolen der Welt.

In der Regel verschlechtert sich die Luftqualität in Thailand zwischen Januar und März eines jeden Jahres, wenn die Landwirte Stoppeln auf den Feldern verbrennen, um diese für die nächste Erntesaison vorzubereiten.

Dieser Rauch enthält den so genannten PM 2,5-Staub, der aufgrund seiner hohen Konzentration von Feinstaub als eine der gefährlichsten Form der Luftverschmutzung gilt.

Premier räumt Gesetz hohe Priorität ein

Ist das Gesetz einmal verabschiedet, muss es noch den Weg durch mehrere Institutionen nehmen. Erst dann tritt es in Kraft. 

Allerdings sei es nicht sicher, dass das neue Gesetz umfassend Abhilfe schaffe, sagt der Journalist und Analyst Pravit Rojanaphruk. "Die Luftverschmutzung, insbesondere die durch PM 2,5-Mikrostaubpartikel, ist in den letzten Jahren zu einer großen Herausforderung für die thailändische Bevölkerung geworden. Es wäre verfrüht, anzunehmen, dass der Entwurf des Luftreinhaltegesetzes nach seiner Verabschiedung das Problem schnell lösen würde", so Pravit im DW-Gespräch.

Nach Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation sollte die durchschnittliche Jahreskonzentration der Feinstaubbelastung fünf Mikrogramm pro Kubikmeter Luft nicht überschreiten. Ein Mikrogramm ist tausendmal weniger als ein Milligramm.

Nach Angaben des thailändischen Gesundheitsministeriums mussten im Jahr 2023 aufgrund der Luftverschmutzung rund zwei Millionen Menschen ärztlich behandelt werden.

Die thailändische Bevölkerung leide unter der schlechten Luftqualität, räumte Premierminister Srettha Thavisin ein. Darum verlieh er dem Gesetz zur Luftreinhaltung höchste Priorität.

Ein Passant im Smog von Chiang Mai
Zwei Millionen Thailänder mussten im vergangenen Jahr wegen Atemwegsproblemen ärztlich behandelt werdenBild: Pongmanat Tasiri/Zuma/IMAGO

Eine der höchsten Verschmutzungsraten weltweit

Nach Angaben von IQAir, einem Unternehmen für Luftqualität mit Sitz in der Schweiz, zählen die thailändischen Städte zu den meistverschmutzten weltweit. Auf der Liste der am stärksten verschmutzten Städte nahm Bangkok Rang 5 ein. Zurückzuführen ist diese Belastung überwiegend auf die hohe Verkehrsdichte, Bauarbeiten, Emissionen von Fabriken sowie die Müllverbrennung.

Auch wenn Elektrofahrzeuge immer beliebter würden, nehme die Zahl der benzinbetriebenen Fahrzeuge weiter zu, sagt Pravit. Damit steige auch die Menge der Abgase, die von diesen ausstoßen werden. "Trotzdem gibt es keine einzige Nichtregierungsorganisation oder Bürgergruppe, die sich ausschließlich mit diesem Thema beschäftigt", beklagt Pravit.

Upcycling in Thailand: Uniformen und Schutzkleidung aus Stoffresten

"Das liegt zum Teil daran, dass das Problem nur saisonal auftritt, meist nur in der Trockenzeit von November bis April. Sobald es zu regnen beginnt, ist die Luftverschmutzung kein Thema mehr. Gelegentlich wird gesagt, das Problem sei zu komplex, als dass es sich wirklich lösen ließe", so Pravit gegenüber der DW.

Lösungen gesucht

Thailand brauche einen dezentralen Ansatz, sagt auch die Juristin Kornkanok Wathanabhoom. Sie ist bei der NGO EarthRights International für die Mekong-Region zuständig.

Eine der größten Herausforderungen bestehe darin, dass die Zentralregierung das Land von Bangkok aus ordnen wolle. Dabei berücksichtige sie zu wenig die regionalen Unterschiede des Landes. "Man sollte die Entscheidungsbefugnisse dezentralisieren und den lokalen Behörden oder Gouverneuren mehr Befugnisse geben, um die Feuer einzuhegen und zu reduzieren", so Kornkanok.

Notwendig seien neue Technologien, so Kornkanok weiter. So sei es womöglich nicht notwendig, Stoppelfelder abzubrennen. Das setze aber voraus, dass die Verbraucher bereit seien, mehr für die Endprodukte zu bezahlen.

"So heißt es zum Beispiel, für die Landwirte sei es billig, das Zuckerrohr zu verbrennen. Schneiden sie es stattdessen aber, ist es teurer für sie." Diese Kosten müssten auch die Konsumenten ausgleichen, schlägt Kornkanok vor. "Wenn jeder versteht, dass wir für den Schutz unserer Gesundheit zahlen müssen, bräuchte niemand Luftreiniger oder Gesichtsmasken zu kaufen".

Umweltgruppen drängen darauf, dass Thailand das Schadstoffemissionsregister (Pollutant Release and Transfer Register, PRTR) einführt. Kornkanok begrüßt diesen Vorschlag. "Es wäre gut, wenn das Register zur Geltung käme, denn dann hätten die Menschen Zugang zu entsprechenden Informationen. Sie könnten Präventionsmaßnahmen des Ministeriums für öffentliche Gesundheit berücksichtigen, die speziell auf die betroffenen Regionen und deren Bürger zugeschnitten sind."

Umweltbelastung auch durch Nachbarländer

Doch selbst wenn Thailand das Gesetz zur Luftreinhaltung in Kraft setzte, wäre es immer noch schwierig, diejenigen Personen oder Unternehmen zur Rechenschaft zu ziehen, die gegen die entsprechenden Gesetze verstoßen.

Thailand grenzt zudem an mehrere Länder, die ebenfalls umweltschädlichen Ausstoß produzieren.

"Die Verbrennung von landwirtschaftlichen Abfällen trägt nicht nur in Thailand, sondern auch in Nachbarländern wie Kambodscha, Myanmar, Laos und Vietnam zur Luftverschmutzung bei", sagt Rojanaphruk. "Es wäre schwierig, diese Länder zum Handeln zu bewegen, wenn sie dazu nicht bereit sind." 

Tatsächlich sei es ein Problem, die Verordnung durchzusetzen, sagt auch Kornkanok. "Eine weitere Herausforderung ist zudem der grenzüberschreitende Dunst aus dem Maisanbau. Denn im Norden Thailands sind wir von den Folgen des Maisanbaus als Futtermittel für Tiere und von den Zuckerplantagen in Laos und Myanmar betroffen", so Kornkanok gegenüber der DW.

"Es dürfte problematisch sein, Personen außerhalb Thailands zu verklagen. Darum bleibt das Grundproblem bestehen. Man kann zwar ein Gesetz erlassen. Aber wenn man es nicht durchsetzen kann, existiert es nur auf dem Papier."

Aus dem Englischen adaptiert von Kersten Knipp

Thailand geht das Wasser für den Reisanbau aus