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Kapitän Neuer: "Es hat geknallt"

Thomas Klein aus Watutinki
19. Juni 2018

Am Tag der Abreise nach Sotschi berichtet ein genervter Manuel Neuer über Unstimmigkeiten innerhalb der Mannschaft. Problemlöser sind nun gefordert, denn sonst droht dem Weltmeister gegen Schweden bereits das WM-Aus.

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Fußball WM 2018 Gruppe F Deutschland - Mexiko
Bild: Reuters/A. Schmidt

Die Sonne strahlte, zahlreiche Fans unterschiedlichster Nationen schlenderten bei rund 25 Grad durch die Moskauer Innenstadt. Die Stimmung war positiv. Die WM-Euphorie, in den ersten Tagen nur schwer zu finden, war nun endlich auch in der russischen Hauptstadt angekommen. In "Old Arbat", einem alten Teil der Stadt, bildete sich eine kleine Menschentraube, Fotos wurden geschossen und viele Frage gestellt. DFB-Präsident Reinhard Grindel, der den Tag nach der 0:1-Pleite gegen Mexiko für einen Spaziergang nutzte, blieb nicht lange unerkannt.

Er sei zuversichtlich, dass die Mannschaft gegen Schweden am Samstag ein anderes Gesicht zeigen würde, sagte Grindel im Fan-Pulk. Weiße Turnschuhe, Hemd, keine Krawatte - der Chef des Deutschen Fußballverbandes gab sich volksnah. Für die Anhänger der Nationalmannschaft ein seltenes Vergnügen, denn der Weltmeister ist für Fans bei diesem Turnier nur schwer zu greifen.

WM 2018 - Pressekonferenz Deutschland - Manuel Neuer
Gereizt, genervt, verspätet - Manuel Neuer und dem DFB-Team ist die Auftakt-Niederlage gegen Mexiko offenbar an die Nieren gegangenBild: picture-alliance/dpa/I. Fassbender

Abgeschottet von der Öffentlichkeit bereitet sich das DFB-Team auf das schwierige zweite WM-Spiel vor. Zuschauer nicht erwünscht. Auch die Pressevertreter mussten einen Tag nach der Mexiko-Niederlage draußen bleiben. "Keine Medientermine", hieß es in einer kurzen Pressemitteilung des DFB. 

Neuer: "Ich sehe alle in der Verantwortung"

Einen Tag vor dem Abflug nach Sotschi, wo sich die Elf von Bundestrainer Joachim Löw auf das nächste Spiel vorbereiten wird, wurde dann aber doch gesprochen. Manuel Neuer erschien mit einer fast einstündigen Verspätung zur Pressekonferenz. Nach einer kurzen Entschuldigung berichtete der 32-Jährige von einer längeren Krisensitzung mit allen Verantwortlichen. "Wir sind selbst unsere schärfsten Kritiker, sind enttäuscht und sauer über unsere Leistung gegen Mexiko."

Der sonst eher entspannte Nationaltorwart konnte seinen Ärger an diesem Tag nicht verbergen. Er wirkte genervt, die Niederlage gegen Mexiko hatte tiefere Spuren hinterlassen als erwartet. "Ich sehe alle in der Verantwortung. Wir haben viele erfahrene Spieler, die Verantwortung übernehmen wollen. Da zieht sich keiner heraus." Man habe sich ehrlich die Meinung gesagt, erklärte der mehrmalige Welttorhüter und bestätigte: "Ja, es hat geknallt." Aber die Gespräche seien ein "befreiendes Gefühl gewesen", so der Kapitän.

Spaltung im DFB-Team?

Die Mischung aus etablierten Weltmeistern wie Mats Hummels, Jerome Boateng, Toni Kroos oder auch Neuer sowie den Confed-Cup-Siegern wie Leon Goretzka, Timo Werner oder auch Joshua Kimmich scheint noch nicht perfekt zu sein. Gerüchte, es gäbe Unstimmigkeiten zwischen diesen beiden Lagern, wollte Neuer aber nicht bestätigen. "Wir sind ein Team, es gibt keine Spaltung", sagte er. "Wir tauschen uns mit den jüngeren Spielern aus, die noch nicht so viel Erfahrung haben. Die Spieler des Confed Cups sind ein wichtiger Bestandteil."

Unstimmigkeiten sind unübersehbar

Am frühen Dienstagabend ist die Mannschaft nach einem zweistündigen Flug in Sotschi angekommen. Palmen, Strand und eine hübsche Umgebung - vielleicht ein Tapetenwechsel zur richtigen Zeit, denn bei einer Niederlage gegen Schweden am Samstag wäre das DFB-Team bereits ausgeschieden. "Wichtig ist, dass wir an einem Strang ziehen und die Philosophie des Bundestrainers zu 100 Prozent umsetzen. Ich bin überzeugt davon, dass wir ein anderes Gesicht zeigen können", so Neuer. Es werde aber nicht leicht, den Hebel umzulegen.

Gegen Mexiko fehlte es an Mut, an Selbstverständnis und auch an Selbstvertrauen. Laut Neuer sei man sich dieser Missstände wohl bewusst. Trotzdem: Zwischen den Zeilen war deutlich zu erkennen, dass der Weltmeister momentan nicht nur ein Einstellungsproblem hat. Die enge Gemeinschaft, die das Team vor vier Jahren in Brasilien so stark gemacht hat - davon ist die Löw-Elf derzeit noch weit entfernt.