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Karikaturenstreit: Dänen sollen Indonesien sofort verlassen

12. Februar 2006

Dänemark hat alle dänischen Staatsbürger und seine Botschaftsmitarbeiter in Indonesien aufgefordert, das Land zu verlassen. Der Grund: Es gebe konkrete Hinweise auf geplante Übergriffe durch Extremisten.

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Proteste gegen Dänemark in IndonesienBild: picture-alliance/dpa

Wie am Sonntag (12.2.2006) in Kopenhagen verlautete, gebe es im Gefolge der Proteste gegen die dänischen Mohammed-Karikaturen "konkrete Informationen, die darauf hindeuten, dass eine extremistische Gruppe aktiv Dänen aufsuchen will". Alle Botschaftsangehörigen wurden außer Landes gebracht.

Schließung weiterer Botschaften

Auch die Botschaften in Syrien und im Iran seien geschlossen worden. Die konsularischen Aktivitäten Dänemarks in Syrien werden dem Ministerium zufolge fürs erste von der deutschen Botschaft in Damaskus übernommen, teilte das dänische Außenministerium mit. In den vergangenen Tagen waren dänische Botschaften in mehreren Ländern Ziel von Attacken aufgebrachter Muslime, die gegen die Veröffentlichung von Karikaturen des islamischen Propheten Mohammed protestierten.

Schutz durch indonesische Regierung

Der indonesische Außenminister Wirajuda bedauerte die Flucht der dänischen Diplomaten. "Wir haben für ihren Schutz gesorgt", sagte er auf einer Religionskonferenz in Jakarta. 200 Polizisten hätten das Botschaftsgebäude bewacht. Die Entscheidung sei "ein wenig zu hastig" gefallen, sagte der Außenminister. Präsident Susilo Bambang Yudhoyono forderte Zeitungen weltweit auf, die Karikaturen nicht mehr abzudrucken. Der Nachdruck verstärke nur die gewaltsamen Proteste in der islamischen Welt, schrieb der Präsident des bevölkerungsreichsten islamischen Landes in einem Gastbeitrag für die Zeitung "International Herald Tribune".

Malaysia als Vermittler

Dänemark hat unterdessen Malaysia um Vermittlung im Karikaturen-Streit gebeten. Die dänische Regierung hoffe auf die Hilfe seines Landes, um zu verhindern, dass die Proteste gegen die umstrittenen Mohammed-Karikaturen weiter außer Kontrolle gerieten, sagte der malaysische Außenminister Syed Hamid Albar am Sonntag der Zeitung "The Star". In einem Telefonat am Freitag habe ihn der dänische Außenminister Per Stig Moeller gebeten, die Situation zu erklären. Moeller habe ihm versichert, dass sein Land den Islam respektiere und niemals beabsichtigt habe, die religösen Gefühle der Moslems zu verletzen. Die malaysische Regierung führt zurzeit den Vorsitz der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC); sie gilt als gemäßigt.

Verletzung der Würde nicht akzeptabel

Der norwegische Botschafter in Saudi-Arabien entschuldigte sich am Wochenende für die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen in einer Zeitung seines Landes. Der Diplomat Jan Bugge-Mahrt sagte nach einem Treffen mit dem Vorsitzenden des Schura-Rats am Samstag, die norwegische Regierung und die Bürger verurteilten die beleidigenden Zeichnungen. Meinungsfreiheit dürfe nicht zur Verletzung des Glaubens und der Würde anderer führen. Eine kleine Zeitung in Norwegen hatte am 10. Januar als erste die Mohammed-Karikaturen aus der dänischen "Jyllands-Posten" nachgedruckt.

Lizenzentzug im Jemen

Im Jemen müssen sich drei Redakteure wegen Angriffen gegen den Islam vor Gericht verantworten, nachdem sie die Karikaturen nachgedruckt hatten. Außerdem würden die Zeitungen "Jemen Observer", "Al Ra'i el Am" und "Al Hurija" ihre Lizenzen verlieren, teilte das Informationsministerium mit. Die drei Wochenzeitungen hatten die Karikaturen vergangene Woche gezeigt. Die Vernehmung der verantwortlichen Redakteure habe am Samstag begonnen, sagte ein Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft. Die Zeitungen sprachen von einer politisch motivierten Aktion, da sie kritisch über die Regierung berichtet hätten.

Demonstrationen halten an

Karikaturenstreit, Proteste vor der dänischen Botschaft in Berlin
Proteste vor der dänischen Botschaft in BerlinBild: AP

Muslime demonstrierten unterdessen auch am Wochenende wieder in zahlreichen Ländern gegen die Karikaturen, darunter in Deutschland, der Schweiz und erstmals auch in Kanada. Demonstrationen in Berlin, Düsseldorf und Bonn verliefen ebenso friedlich wie Kundgebungen in London, Paris, Amsterdam, Bern, der spanischen Exklave Melilla und Montreal. Erneut wurde auch in Jakarta und in Ankara demonstriert.

Unnötige Unruhe

Der ersten Aufforderung zum Verlassen Indonesiens nach Demonstrationen in der Hauptstadt Jakarta vor einer Woche waren weniger als die Hälfte aller etwa 200 hier lebenden Dänen gefolgt. Eine als Urlauberin auf der Insel Bali betroffene Reporterin der Zeitung "Politiken" warf dem Außenministerium in Kopenhagen vor, "völlig unnötig viele Menschen in Unruhe versetzt zu haben". Urlauber seien von dort nicht wegen der Sicherheitslage sondern aus Rücksicht auf ihre verängstigten Angehörigen in Dänemark vorzeitig heimgekehrt. (chr)