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Karsai verlangt NATO-Abzug aus afghanischen Dörfern

15. März 2012

Bei einem Treffen mit US-Verteidigungsminister Panetta forderte der afghanische Präsident auch eine raschere Übernahme der Sicherheitsverantwortung. Hintergrund ist der Amoklauf eines US-Soldaten mit 16 Toten.

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Treffen des afghanischen Präsidenten Karsai mit US-Verteidigungsminister Panetta am 15.03.2012 in Kabul (Foto:
Bild: Reuters

Nach dem Amoklauf eines US-Soldaten mit 16 Toten in Afghanistan hat Präsident Hamid Karsai die NATO aufgefordert, ihre Soldaten von Außenposten in den Dörfern abzuziehen. Die ausländischen Truppen müssten in die Haupt-Stützpunkte zurückbeordert werden, erklärte Karsai nach einem Treffen mit US-Verteidigungsminister Leon Panetta in Kabul.

Karsai sagte, er habe sich mit Panetta geeinigt, auf eine Übergabe der Sicherheitsverantwortung für 2013 und damit ein Jahr früher als geplant hinzuarbeiten. Allerdings schloss der Staatschef nicht aus, eine kleine Anzahl an amerikanischen Beratern und möglicherweise auch Sondereinsatzkräften über 2014 hinaus im Land zu belassen.

USA reagieren zurückhaltend

Die USA reagierten zurückhaltend auf Karsais Forderung, die NATO-Soldaten aus den Dörfern abzuziehen. Die USA gingen davon aus, dass dies nicht sofort umgesetzt werden solle, hieß es aus dem Verteidigungsministerium. Der Amokschütze war in einem kleineren Außenposten von Sondereinsatzkräften stationiert. Solche Stützpunkte sind vor dem geplanten vollständigen Abzug 2014 ein Kernelement der NATO-Strategie im Kampf gegen Aufständische. Der Amoklauf habe das vorhandene Vertrauen der Afghanen in die ausländischen Truppen beschädigt, sagte Karsai. "Es müssen alle Anstrengungen unternommen werden, damit sich so ein Vorfall in der Zukunft nicht wiederholt."

Panetta seinerseits sagte Karsai eine vollständige Untersuchung zu. Der Verantwortliche werde von den USA zur Rechenschaft gezogen. Viele Afghanen fordern, dem Soldaten im Inland den Prozess zu machen. Einem US-Kommandeur zufolge wurde er aber bereits außer Landes in ein Militärgefängnis nach Kuwait gebracht. So könne es ein faires und angemessenes Verfahren geben.

Demonstranten in der ostafghanischen Stadt Dschalalabad skandieren ggen die USA gerichtete Parolen (Foto: dapd)
Immer wieder kommt es in Afghanistan - wie hier in Dschalalabad - zu wütenden Anti-USA-ProtestenBild: dapd

Taliban sagen Gespräche ab

Nahezu zeitgleich mit dem Treffen von Karsai und Panetta sagten die radikal-islamischen Taliban ihre Friedensgespräche mit den USA ab. Sie begründeten dies mit einer "schwankenden, unberechenbaren, verschwommenen" US-Haltung. Der Rückzieher der Taliban ist ein schwerer Rückschlag für den Versuch der NATO, den Krieg durch Verhandlungen zu beenden. Die Taliban kämpfen seit mehr als zehn Jahren gegen die internationale Truppe am Hindukusch und die Zentralregierung in Kabul. Allein die USA kostete der Waffengang bislang 510 Milliarden Dollar und das Leben von 1900 Soldaten. 2011 kamen mehr als 3000 Zivilisten ums Leben.

Die Gespräche mit den Islamisten sollten eigentlich von Donnerstag an im Golfemirat Katar stattfinden. Verhandlungen mit der afghanischen Regierung lehnen die Taliban grundsätzlich ab. Trotz der Absage kündigte die Regierung in Washington an, weiter an einer politischen Lösung arbeiten zu wollen. Die USA hatten erste Annäherungsversuche mit den Taliban Ende 2010 heimlich in Deutschland begonnen und zuletzt versucht, die Gespräche auszubauen.

sti/hp (dapd, dpa, afp, rtr)